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China und der Westen – Lektionen einer globalen Zeitenwende

Wir können vom beispiellosen chinesischen Entwicklungsmodell lernen.

Illustration Gegensatz China & Europa

Deutschland blickt auf eine stolze außenpolitische Tradition: Heinrich von Brentano, Willy Brandt und Hans-Dietrich Genscher standen für eine Außenpolitik, die zugleich werteorientiert und strategisch klug war. Heute, im Zeitalter geopolitischer Umbrüche, scheint diese Balance verloren gegangen zu sein.

Der Ton gegenüber China ist rau geworden. Während frühere Generationen deutscher Politiker und Unternehmer den Dialog suchten, erleben wir derzeit eine neue Moralisierung in der Außenpolitik – ein Denken in Freund und Feind, das mehr spaltet als verbindet. Anstelle von Neugier und Analyse treten Belehrung und Abgrenzung. Dabei ist China längst keine Randgröße mehr, sondern der strategische Faktor unserer Zeit – wirtschaftlich, technologisch und zunehmend auch kulturell.

Vom Partner zum Rivalen

China war einst Partner des Westens, heute gilt es als Rivale. Was früher Bewunderung für den wirtschaftlichen Aufstieg war, ist nun Furcht vor globaler Dominanz. Früher sah man in chinesischen Produkten den komparativen Kostenvorteil, heute die Abhängigkeit. Während man einst helfen wollte, dass sich dort ein Absatzmarkt für deutsche Produkte entwickelt, bemüht man sich nun, Chinas Aufstieg zu bremsen.

Doch wer China lediglich als Bedrohung begreift, unterschätzt seine Lernfähigkeit – und unsere eigene Möglichkeit, von diesem beispiellosen Entwicklungsmodell zu lernen.

Lektionen aus dem chinesischen Modell

E-Mobilität – Geschwindigkeit als Systemprinzip

China hat die Transformation zur Elektromobilität mit einer Entschlossenheit vollzogen, die ihresgleichen sucht. Während in Deutschland 2025 nur rund 18 % aller Neuwagen elektrisch betrieben werden, liegt die Quote in China bereits bei über 50 %. Statt ideologischer Grundsatzdebatten: Pragmatismus, Tempo, Umsetzung.

Marktwirtschaft ohne Dogma

Nach Jahrzehnten ideologischer Erstarrung unter Mao Zedong leitete Deng Xiaoping eine marktwirtschaftliche Öffnung ein – ohne sich von der politischen Kontrolle zu verabschieden. Sein berühmtes Diktum

„Egal, ob die Katze schwarz oder weiß ist, Hauptsache, sie fängt Mäuse“

wurde zur programmatischen Absage an ideologische Dogmen. Das Ergebnis: ein wirtschaftlicher Aufstieg, der innerhalb weniger Jahrzehnte hunderte Millionen Menschen aus der Armut führte.

Industriepolitik mit Zukunftsblick

China verlässt sich nicht allein auf den Markt. Das Land verbindet privatwirtschaftliche Dynamik mit gezielter staatlicher Steuerung. Es subventioniert nicht die Vergangenheit, sondern investiert in Zukunftsbranchen – von Künstlicher Intelligenz bis Quantentechnologie. Staatspräsident Xi Jinping hat die Formel dafür geliefert: 

„Talent ist die wichtigste Ressource, Innovation der wichtigste Antrieb für Wachstum.“

Rohstoffstrategie – Kontrolle als Machtinstrument

Kaum ein Land kontrolliert so viele strategische Ressourcen wie China. Rund 69 Prozent der weltweiten Produktion Seltener Erden stammen aus dem Reich der Mitte. Diese Dominanz nutzt Peking gezielt als geopolitisches Instrument – wie Trumps gescheiterter Zollkrieg gezeigt hat.

Die Lektion für den Westen: Versorgungssicherheit ist keine Frage des freien Marktes, sondern eine Frage strategischer Weitsicht.

Handelspolitik – die stille Waffe

Trotz westlicher Sanktionen bleibt China Exportweltmeister. Plattformen wie Shein und Temu überschwemmen die Märkte, weil Konsumenten den günstigen Preis dem moralischen Appell vorziehen. „Made in China“ ist längst kein Makel mehr, sondern Markenrealität – unterstützt durch eine Exportbilanz von nahezu einer Billion Dollar jährlich.

Vom Belehren zum Verstehen

Der Westen täte gut daran, sich weniger feindselig und mehr neugierig zu zeigen. China ist kein Monolith, sondern ein Labor, in dem Pragmatismus, Kontrolle und Innovation in einzigartiger Weise kombiniert werden. Harvard lehrt inzwischen, was westliche Regierungen vergessen haben:

„What can developing and emerging economies learn from China?“

Vielleicht sollte auch Europa diese Frage wieder stellen – nicht aus Bewunderung, sondern aus Respekt vor einer Realität, die sich nicht mehr ignorieren lässt.

Veranstaltungshinweis: Bei unserem Event “Familienvermögen in Krisenzeiten” am 30. und 31. Januar 2026 können Sie mit Spezialisten zum Thema internationaler Mobilität sprechen. Vor Ort wird auch China-Experte Frank Sieren sein.

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