Globale Mobilität von Gesellschaftern – Herausforderung für Familienunternehmen
Die zunehmende internationale Mobilität innerhalb von Unternehmerfamilien stellt die Beratungspraxis vor neue, komplexe Herausforderungen. Während frühere Generationen oft an einen Ort gebunden waren, ist der heutige Gesellschafterkreis mobiler denn je: Kinder studieren im Ausland, aktive Gesellschafter arbeiten zeitweise remote aus anderen Ländern, und viele planen ihren Ruhestand in sonnigeren Gefilden. Diese Entwicklungen betreffen nicht nur das Steuerrecht, sondern haben auch erhebliche Auswirkungen auf erbrechtliche und gesellschaftsrechtliche Strukturen von Familienunternehmen.
Wegzugsbesteuerung: Steuerfalle bei Verlagerung des Wohnsitzes
Ein zentrales Thema ist die sogenannte Wegzugsbesteuerung, ein klassisches Problemfeld in der Beratung. Dieser Mechanismus greift, wenn ein Gesellschafter Deutschland verlässt und damit das Besteuerungsrecht an inländischen Kapitalgesellschaftsanteilen entfällt. Die Besteuerung erfolgt fiktiv auf bislang nicht realisierte Wertsteigerungen – also ohne tatsächlichen Liquiditätszufluss. Besonders brisant: Selbst ein plötzlicher Todesfall kann zur Anwendung der Wegzugsbesteuerung führen, wenn die Erben im Ausland leben.
Bei Personengesellschaften entstehen zusätzliche Risiken: Ist die Gesellschaft nicht originär gewerblich tätig, sondern nur gewerblich geprägt oder vermögensverwaltend strukturiert, kann eine sogenannte „Entstrickung“ erfolgen – auch hier drohen erhebliche Steuerfolgen. Zudem kann die Gesellschaft durch eine Gewerbesteuerpflicht betroffen sein, was regelmäßig in den Gesellschaftsverträgen abgesichert wird, indem der wegziehende Gesellschafter zum Ausgleich verpflichtet wird. Doch viele Verträge berücksichtigen solche Szenarien bislang nicht ausreichend.
Zur Risikominimierung lassen sich zwei Ansätze verfolgen. Zum einen können Gesellschafter ihre Lebensverhältnisse so gestalten, dass der Lebensmittelpunkt weiterhin in Deutschland bleibt – ein Modell, das jedoch mit erheblichem administrativem Aufwand verbunden ist. Zum anderen kann durch die Errichtung einer geschäftsleitenden Holding in Deutschland ein Steuerzugriff auf Anteile auch nach Wegzug gewahrt bleiben. Diese Holding muss unternehmerisch tätig sein und die Beteiligungen zentral verwalten, um als Betriebsstätte anerkannt zu werden.
Erbschaftsteuer bei Wegzug: Fünf- bis Zehnjahresregel und Doppelbesteuerungsrisiken
Neben einkommensteuerlichen Aspekten rückt auch das Erbschaftsteuerrecht in den Fokus. Hier gilt: Hat entweder der Erblasser oder der Erwerber innerhalb der letzten fünf Jahre seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, unterliegt der gesamte Erwerb der deutschen Erbschaftsteuer – unabhängig davon, wo sich das Vermögen befindet. Bei einem Wegzug in bestimmte Staaten, wie etwa die USA, verlängert sich dieser Zeitraum sogar auf zehn Jahre. Die Gefahr einer doppelten Besteuerung ist real, da nur wenige Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Erbschaftsteuer existieren.
Zusätzlich zur steuerlichen Planung müssen auch rechtliche Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Eheverträge sollten den Schutz des Unternehmensvermögens vor Zugewinnausgleich und Pflichtteilsansprüchen sicherstellen – dies gilt besonders bei binationalen Ehen. Internationale Zuständigkeiten, insbesondere bei Aufenthalten im angelsächsischen Raum, machen die Rechtswahl und den Gerichtsstand im Ehevertrag unerlässlich. In Ländern wie England werden deutsche Eheverträge mitunter nicht anerkannt, was zu erheblichen Abweichungen bei der Vermögensverteilung führen kann.
Auch im Erbrecht lauern Fallstricke. In Ländern wie dem Vereinigten Königreich unterliegt der dort belegene Nachlass zwingend dem nationalen Recht – mit formellen Verfahren wie dem „Probate“. Die Errichtung eines zusätzlichen Testaments nach ausländischem Recht kann in solchen Fällen praktikabel sein. Gleichwohl bleibt deutsches Recht anwendbar, wenn eine ausländische Regelung den deutschen ordre public verletzt – etwa durch den Ausschluss des Pflichtteilsrechts.
Maßgeschneiderte Lösungen sind nötig
Die zunehmende Mobilität verlangt also nach maßgeschneiderten Lösungen, die sowohl die steuerliche als auch die rechtliche Perspektive berücksichtigen. Dabei ist es entscheidend, nicht nur die aktuellen Bedürfnisse der Unternehmergeneration zu analysieren, sondern auch die Vorstellungen der nachfolgenden Generation zu integrieren. Es empfiehlt sich, Mobilität als strategische Herausforderung frühzeitig in den Fokus zu rücken – selbst dann, wenn ein Wegzug aktuell nicht konkret geplant ist. Nur so lassen sich Risiken vermeiden und die langfristige Vermögens- und Unternehmensnachfolge sicher gestalten.