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Arbeitnehmerentsendung von Deutschland nach Spanien

Neben weltweit agierenden Konzernen setzen sich seit einigen Jahren auch vermehrt kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit dem Thema des internationalen Mitarbeitereinsatzes auseinander. Jeder „Schritt über die Grenze“ eines Arbeitnehmers bedarf mit Blick auf diverse rechtliche und steuerliche Aspekte der vorausschauenden Prüfung und Planung.

Arbeitnehmerentsendung nach Spanien, was ist zu beachten

Im Folgenden werden wesentliche steuerliche Aspekte für ins Ausland entsandte Arbeitnehmer, sog. Expats, auf Basis der deutschen Vorschriften dargestellt. Derartige Fälle können aus deutscher Sicht als Inbound-Entsendung, also aus Spanien nach Deutschland, oder als Outbound-Fall aus Deutschland heraus gestaltet werden.

Neben vielfältigen steuerlichen Themen sind grundlegend auch diverse rechtliche Aspekte zu beachten. So ist in jedem Fall zu prüfen, welche Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmer hat, denn die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt nur für EU-Staatsangehörige. Je nach den persönlichen Gegebenheiten sind daher ggf. vorab Visum und Arbeitserlaubnis zu beantragen. In jedem Fall sind die nationalen Meldevorschriften und Anzeigepflichten zu beachten. Eine Missachtung dieser Vorgaben kann zu auch monetären Sanktionen führen.

Steht ein Auslandseinsatz an, ist zunächst die arbeitsvertragliche Grundlage zu schaffen. In vielen Fällen bietet sich hier der Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung an. Neben Ort und Dauer des Auslandseinsatzes wird insbesondere auch die Gewährung von zusätzlichen Vergütungsbestandteilen geregelt. Ergänzend zu den deutschen Vorschriften sind die nationalen Regelungen Spaniens zu beachten. Grundsätzlich können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Rechtsform frei wählen, d.h. entweder das Recht des Heimatstaates oder das des aufnehmenden Staates. Allerdings gilt bei Entsendungen das so genannte Meistbegünstigungsprinzip. Demnach können zwingende Arbeitnehmerschutzregelungen im Tätigkeitsstaat nicht durch arbeitsvertragliche Absprachen abgegolten werden.

Gemäß dem für das Sozialversicherungsrecht gültigen Tätigkeitsortprinzip haben Arbeitnehmer grundsätzlich in dem Land, in dem sie tatsächlich tätig sind, entsprechend Beiträge zum Sozialversicherungssystem zu zahlen. Hieraus können sich für den Arbeitnehmer u.U. negative Effekte ergeben: In vielen Ländern sind für den Bezug von Leistungen - z.B. aus der Rentenversicherung - Mindestversicherungszeiten zu erfüllen.

Diese werden von Expats häufig nicht erreicht, da Entsendungen in vielen Fällen nur einen Zeitraum von 1 bis 3 Jahre umfassen. Gleichzeitig werden im Heimatland während der Entsendung keine weiteren Beiträge geleistet und die späteren Altersbezüge fallen somit geringer aus. Zudem könnten sich für im Heimatland verbleibende Familienmitglieder nachteilige Folgen ergeben.

Um gerade bei kurzfristigen Auslandseinsätzen eine Kontinuität im Versicherungsverlauf zu erreichen und Doppelversicherungen zu vermeiden, ist zu prüfen, ob ein Verbleib im Sozialversicherungssystem des Heimatstaates möglich ist. Bei Arbeitnehmerentsendungen zwischen Deutschland und Spanien, also innerhalb der EU-/EWR-Staaten, gelten die Vorschriften zur Entsendung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Hierfür ist grundlegend erforderlich, dass der Arbeitgeber eine nennenswerte Geschäftstätigkeit von mindestens 25% des Umsatzes im Entsendestaat ausübt.
Des Weiteren muss die arbeitsrechtliche Bindung, konkret Weisungsbefugnis und Entgeltanspruch, zu dem entsendenden Unternehmen auch während der Auslandstätigkeit bestehen bleiben. Um in den Genuss dieser Regelung zu kommen, muss der Arbeitnehmer vor der Entsendung mindestens für einen Monat dem Sozialversicherungsrecht des Entsendestaates unterlegen haben. Schließlich muss es sich um eine zeitlich befristete Tätigkeit von maximal 24 Monaten handeln. Als Folge bleibt der Arbeitnehmer in seinem Heimatstaat beitragspflichtig und anspruchsberechtigt. 

Hinsichtlich der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge ist jeweils zu prüfen, ob den Arbeitgeber eine Einbehaltungs- und Abführungspflicht in Deutschland bzw. Spanien trifft.

Aus Sicht des Arbeitgebers kann sich durch eine Entsendung ein ggf. ungewollter steuerlicher Effekt ergeben: Entsandte Arbeitnehmer können durch die Tätigkeit in Spanien bzw. umgekehrt in Deutschland eine Betriebsstätte des Arbeitgebers begründen. In der Folge muss der Arbeitgeber im anderen Land Steuerpflichten erfüllen und den Gesamtgewinn zwischen Stammhaus und Betriebsstätte aufteilen.

Eine Besonderheit des deutschen Rechts ist bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten von Geschäftsführern/Vorständen zu beachten: In Deutschland knüpft die unbeschränkte Steuerpflicht von Kapitalgesellschaften an den Sitz ODER den Ort der Geschäftsleitung an. Wird ein Geschäftsführer einer spanischen Kapitalgesellschaft mit gewisser Regelmäßigkeit und Dauer in Deutschland tätig, ist genau zu prüfen, welche Tätigkeiten in welchem Land ausgeübt werden.
Auch eine Kapitalgesellschaft kann aus deutscher Sicht in mehreren Ländern steuerpflichtig sein (so genannte doppelt ansässige Kapitalgesellschaft). In diesen Fällen sind neben Erklärungspflichten und Gewinnaufteilungserfordernissen auch weitergehende steuerliche Effekte zu beachten wie die Anwendung aller deutschen steuerlichen Vorschriften,  z.B. des Außensteuergesetzes.

Wird ein Expat im Interesse des aufnehmenden Unternehmens tätig, ist häufig eine Weiterbelastung von Kosten erforderlich. Das hier maßgebliche Stichwort lautet „Verrechnungspreise“. Auch bei Expats ist der Fremdvergleich zu beachten. Unterlässt ein deutsches Unternehmen eine notwendige Weiterbelastung, kann bei einer späteren Prüfung insoweit der Betriebsausgabenabzug versagt und eine Korrektur mittels verdeckter Gewinnausschüttung bzw. über § 1 Außensteuergesetz erfolgen. Da in Spanien nicht automatisch eine entgegengesetzte Anpassung erfolgt, kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Ein weiterer Aspekt, der bei internationalen Mitarbeitereinsätzen beachtet werden sollte, ist die Frage, ob durch den jeweiligen Mitarbeiter Wissen o.Ä. nach Spanien gebracht und somit nach deutschem Recht eine Funktionsverlagerung ausgelöst wird.

 Je nach Zuordnung des Besteuerungsrechts hinsichtlich der Arbeitnehmereinkünfte können einen Arbeitnehmer Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtungen in Spanien und in Deutschland treffen. Für den „richtigen“ Lohnsteuereinbehalt ist ggf. eine Aufteilung zwischen den beiden Staaten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach erforderlich. Zudem ist in vielen Fällen entweder ein Antrag auf Freistellung des Arbeitslohns für unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer von der Besteuerung oder ein Antrag auf Erteilung der Steuerklasse I für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer erforderlich.

Nicht offensichtlich ist sicherlich, dass sich bei einer Entsendung auch umsatzsteuerliche Fragestellungen ergeben können. Hierbei sind z.B. die grenzüberschreitende Nutzung von Firmenwagen und die umsatzsteuerliche Behandlung von Weiterbelastungen zu nennen.

Arbeitnehmer mit einem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland sind in jedem Fall unbeschränkt steuerpflichtig. Sollten diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein, kann sich über eine inländische Tätigkeit zumindest eine beschränkte Steuerpflicht ergeben.

Gleichzeitig ist zu prüfen, ob in Spanien gleichzeitig eine (un-)beschränkte Steuerpflicht entsteht. In diesen Fällen kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen. Zur Vermeidung von derartigen Fällen haben Deutschland und Spanien ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen. 

Auf Basis der DBA-Vorschriften wird zunächst der Ansässigkeitsstaat im Verhältnis der beiden Staaten Deutschland und Spanien bestimmt. Dieser richtet sich nach dem Vorhandensein eines Wohnsitzes bzw. dem Mittelpunkt der Lebensinteressen. Kann dieser nicht bestimmt werden, ist auf die Staatsangehörigkeit abzustellen bzw. als letzter Schritt eine Abstimmung zwischen Deutschland und Spanien erforderlich.

Im Verhältnis zwischen Deutschland und Spanien ist eine Besonderheit zu beachten: Nach den Regelungen im Protokoll zum DBA gelten viele Artikel nicht für spanische Steuerpflichtige, die sich für die Besteuerung nach dem Steuerrecht für Nichtansässige gemäß Artikel 93 des spanischen Einkommensteuergesetzes für natürliche Personen (Ley 35/2006, del 28 de noviembre) entschieden haben und somit nur einer beschränkten Besteuerung unterliegen. Je nach den persönlichen Umständen des Einzelfalls kann es neben der vorteilhaften Besteuerung in Spanien zu einer zusätzlichen Besteuerung in Deutschland kommen.

Ist das DBA anwendbar, wird für jede einzelne Einkunftsart geprüft, ob Deutschland und / oder Spanien das Besteuerungsrecht zusteht. Für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gilt ein mehrstufiges Verfahren: Im ersten Schritt darf der Wohnsitzstaat die Arbeitnehmereinkünfte versteuern. Eine Ausnahme gilt, wenn die Tätigkeit im anderen Staat ausgeübt wird. Allerdings fällt das Besteuerungsrecht wieder an den Wohnsitzstaat zurück, wenn kumulativ die Vorgaben der so genannten 183-Tage Regelung erfüllt sind: 

  • Der Arbeitnehmer hält sich im Tätigkeitsstaat insgesamt an nicht mehr als 183 Tagen innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums auf.
  • Die Vergütung für diese Tätigkeit wird wirtschaftlich von einem Arbeitgeber getragen, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist.
  • Schließlich wird das Entgelt auch nicht von einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat getragen.

Wird Spanien das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zugewiesen, werden diese Einkünfte bei einem in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich von der Besteuerung ausgenommen. Allerdings sind diese trotzdem in der deutschen Einkommensteuererklärung anzugeben, da ausländische Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts steuersatzerhöhende Wirkung haben.

Bei Einreichung der Steuererklärung hat der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer nachzuweisen, dass die Arbeitnehmereinkünfte in Spanien tatsächlich besteuert wurden bzw. Spanien explizit auf das Besteuerungsrecht verzichtet hat. Können hierzu nicht entsprechende Nachweise wie z.B. Steuererklärung und Zahlungsbelege beigebracht werden, lebt in Deutschland mittels eines nationalen Treaty Override das Recht zur Besteuerung wieder auf. „Weiße Einkünfte“, d.h. nicht besteuerte Einkünfte, sollen damit vermieden werden.

Zu beachten: Auch bei der Aufgabe des deutschen Wohnsitzes bei einer Entsendung nach Spanien kann in Deutschland eine beschränkte Steuerpflicht entstehen. Trägt der deutsche Arbeitgeber sachgerecht auch während der Entsendung die Gehaltskosten, so sind die auf deutsche Arbeitstage entfallenden Einkünfte auch in Deutschland zu versteuern.

Die auf Arbeitgeberebene zu treffenden Entscheidungen über die Zuordnung von Arbeitnehmern und die Weiterbelastung von Kosten haben somit einen direkten Einfluss auf die Zuordnung des Besteuerungsrechts  für die Arbeitnehmereinkünfte. Aus deutscher Sicht gilt hierbei ein so genannter wirtschaftlicher Arbeitgeberbegriff. Es ist also nicht nur zu prüfen, welche Gestaltung tatsächlich umgesetzt wurde, sondern auch, welche Entscheidungen ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer im jeweiligen Fall getroffen hätte. 

Praxishinweis: Vor Aufgabe des deutschen Wohnsitzes sollte die persönliche Vermögenssituation geprüft werden. Ist ein in Deutschland Steuerpflichtiger zu mindestens 1% an einer Kapitalgesellschaft beteiligt und gibt seinen inländischen Wohnsitz auf, treffen ihn die Folgen der so genannten Wegzugsbesteuerung: Auch ohne tatsächlichen Verkauf der Kapitalgesellschaftsanteile ist ein fiktiver Veräußerungserlös zu ermitteln und ein sich nach Abzug der historischen Anschaffungskosten ergebender Gewinn grundsätzlich in Deutschland zu versteuern. Bei Wegzug von Staatsangehörigen der EU-/EWR-Staaten nach Spanien wird die festgesetzte Einkommensteuer bis zu einer tatsächlichen Veräußerung bzw. anderer Ersatztatbestände gestundet.

Eine Arbeitnehmerentsendung bedarf in jedem Fall einer frühzeitigen Prüfung und Planung, um alle (steuer-)rechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Erfahrungsgemäß empfiehlt sich ein Vorlauf von drei bis sechs Monaten. Unerlässlich ist dabei die frühzeitige Abstimmung zwischen den deutschen und den spanischen Beratern.

Die weiteren Schritte bedingen zum Teil einander und auf der anderen Seite können sich zum Teil sogar gegenläufige Anforderungen ergeben.Eine enge Abstimmung zwischen den verschiedenen Rechtsgebieten ist daher bei jeder Entsendung unerlässlich. Nur so kann für den Einzelfall die beste Gesamtlösung gefunden werden.

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