Änderungen des Transparenzregisters: vom wirtschaftlich Berechtigten zum wirtschaftlichen Eigentümer
Das Transparenzregister ist seit seiner Einführung im Jahr 2017 ein zentrales Instrument im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Gesellschaften und Stiftungen sind verpflichtet, die hinter ihnen stehenden natürlichen Personen offenzulegen und als sogenannte wirtschaftlich Berechtigte einzutragen. Mit der bereits verabschiedeten EU-Geldwäscheverordnung sowie der 6. EU-Geldwäscherichtlinie erfährt dieses System nun jedoch eine grundlegende Neuausrichtung. Künftig wird der Begriff „wirtschaftlich Berechtigter“ durch den „wirtschaftlichen Eigentümer“ ersetzt. Gleichzeitig wird das Transparenzregister als europaweit harmonisiertes Zentralregister geführt, dessen Vorgaben spätestens ab dem 10. Juli 2027 verbindlich einzuhalten sind. Diese Änderungen sind weitreichend und betreffen insbesondere Familiengesellschaften und Familienstiftungen, die bereits heute einer Vielzahl von Publizitäts- und Dokumentationspflichten unterliegen.
Die Anforderungen werden komplexer
Die neuen Vorgaben ergeben sich nicht mehr aus nationalen Gesetzen wie dem deutschen Geldwäschegesetz, sondern unmittelbar aus europäischem Recht. Neben der EU-Geldwäscheverordnung und der 6. EU-Geldwäscherichtlinie wird es auch begleitende nationale Umsetzungsgesetze sowie Leitlinien der EU-Kommission geben. Bereits an dieser Mehrschichtigkeit lässt sich ablesen, dass die Komplexität der Anforderungen erheblich steigen wird. Im Kern geht es um eine Verschärfung der Definition des wirtschaftlichen Eigentümers, detailliertere Ermittlungs- und Dokumentationspflichten, neue Berechnungsmethoden für Konzern- und Stiftungsketten sowie um eine deutlich erweiterte Einsichtnahme in Registerinformationen.
Für Gesellschaften bedeutet dies, dass wirtschaftliches Eigentum entweder durch Beteiligung oder durch Kontrolle festgestellt werden kann. Neu ist, dass eine Beteiligungsquote von genau 25 Prozent künftig genügt, während bislang mehr als 25 Prozent erforderlich waren. Darüber hinaus reicht es nicht mehr aus, nur Stimmrechte zu betrachten, vielmehr werden auch Nießbraucher oder andere Gewinnbezugsberechtigte erfasst, selbst wenn ihnen keine Stimmrechte zustehen. Die EU-Verordnung verpflichtet zudem zur gesonderten Prüfung, ob eine Kontrolle auf andere Weise ausgeübt wird, beispielsweise durch Vetorechte, Vertragsbindungen oder faktischen Einfluss. Eine Spezialregelung sieht vor, dass bei gleichzeitiger Beteiligung und Kontrolle beide Kriterien nebeneinander gelten, was die Zahl der einzutragenden wirtschaftlichen Eigentümer in vielen Fällen deutlich erhöhen wird. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob sich die neuen Vorgaben wie bisher nur auf Kapitalgesellschaften und eingetragene Personengesellschaften beziehen oder ob künftig auch nicht eingetragene Personengesellschaften wie die GbR erfasst sein werden.
Besondere Regeln für Stiftungen
Für Stiftungen gelten eigenständige Regelungen, die die Transparenzpflichten erheblich verschärfen. Der Stifter gilt künftig stets als wirtschaftlicher Eigentümer. Hinzu kommen Begünstigte, die auch dann zu berücksichtigen sind, wenn sie noch nicht konkret bestimmt sind. Besonders praxisrelevant sind die neuen Vorschriften für Stiftungen, die an Gesellschaften beteiligt sind. In diesen Fällen gilt eine umfassende Durchschau: Alle wirtschaftlichen Eigentümer der Stiftung sind zugleich als Eigentümer der von ihr gehaltenen oder kontrollierten Gesellschaften einzutragen. Für viele Strukturen bedeutet dies eine vollständige Neubewertung und Dokumentation.
Die Pflichten gehen dabei weit über eine einmalige Registrierung hinaus. Gesellschaften und Stiftungen müssen künftig detaillierte Angaben zu ihren wirtschaftlichen Eigentümern einholen, vorhalten und regelmäßig aktualisieren. Neben Angaben zur Person und zum wirtschaftlichen Interesse sind künftig auch Dokumente wie Personalausweis- oder Reisepassnummern erforderlich. Diese Informationen müssen stets aktuell gehalten werden; Änderungen sind innerhalb von 28 Kalendertagen zu melden, und darüber hinaus sind jährliche Routineprüfungen zwingend vorgeschrieben. Bereits unmittelbar nach der Gründung oder Errichtung sind die Eigentümerdaten an das Zentralregister zu übermitteln. Lässt sich kein wirtschaftlicher Eigentümer ermitteln oder bestehen erhebliche Zweifel, so ist stattdessen die Geschäftsführung mit entsprechender Erklärung einzutragen. Verstöße gegen diese Pflichten werden mit Geldbußen sanktioniert, hinzu kommt wie bisher ein sogenanntes „naming and shaming“, also die öffentliche Bekanntgabe von Verstößen.
Möglichkeiten der Einsicht werden erweitert
Besonders sensibel ist die Frage des Zugangs zum Zentralregister. Behörden und Verpflichtete im Sinne des Geldwäscherechts – wie Banken, Notare, Anwälte oder Steuerberater – erhalten uneingeschränkten Zugriff. Daneben können auch andere Personen Einsicht nehmen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Verhinderung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung nachweisen. Sie erhalten dann Angaben zu Namen, Geburtsmonat und -jahr, Staatsangehörigkeit sowie zur Art und zum Umfang des wirtschaftlichen Interesses. Teilweise können sogar historische Daten einsehbar sein, ohne dass die Betroffenen darüber informiert werden. Zwar ist der Kreis der Berechtigten formal beschränkt, doch zeigt die Erfahrung, dass der Begriff des berechtigten Interesses weit ausgelegt werden kann. Einschränkungen sind zwar möglich – etwa im Falle von Minderjährigen oder wenn ein unverhältnismäßig hohes Risiko bestimmter Straftaten droht –, sie werden jedoch nur in Ausnahmefällen anerkannt. Gerade für sehr vermögende Privatpersonen kann dies zu erheblichen Fragen der Datensicherheit und Privatsphäre führen.
Für Familiengesellschaften und Familienstiftungen haben diese Neuregelungen weitreichende Folgen. Die Zahl der einzutragenden Eigentümer wird steigen, die Ermittlungs- und Dokumentationspflichten werden komplexer und die Transparenzwirkung deutlich größer. Es geht nicht allein um die Einhaltung formaler Vorgaben, sondern auch um die strategische Handhabung sensibler Informationen, die weit über den Kreis der unmittelbaren Beteiligten hinaus sichtbar werden.
Jetzt handeln!
Daher sollten Betroffene bereits jetzt handeln. Eine frühzeitige Bestandsaufnahme der Strukturen, die rechtliche Überprüfung bestehender Gesellschafts- und Stiftungsgeflechte sowie die Einrichtung interner Prozesse zur Datenerhebung und -aktualisierung sind dringend geboten. Ebenso sollte die Möglichkeit von Einschränkungsanträgen geprüft werden, um besonders gefährdete Personen zu schützen. Wer diese Vorbereitungen versäumt, riskiert nicht nur Bußgelder und Imageschäden, sondern auch die unfreiwillige Offenlegung sensibler familiärer und wirtschaftlicher Strukturen in einem europaweiten Kontext.
Die Neuregelungen markieren einen Paradigmenwechsel im europäischen Gesellschafts- und Stiftungsrecht. Das Ziel, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern, ist nachvollziehbar. Zugleich steigt für Unternehmen und Privatpersonen die Komplexität erheblich. Je früher man sich mit den anstehenden Pflichten auseinandersetzt, desto besser lassen sich Risiken vermeiden und Compliance sicherstellen. Für Familiengesellschaften und Stiftungen ist dies nicht nur eine rechtliche Notwendigkeit, sondern ein strategisches Gebot.
Mein Fazit
Besonders kritisch sehe ich in diesem Zusammenhang, dass der gesetzlich vorgesehene Zugang zum Zentralregister nicht allein den Behörden und Verpflichteten im Rahmen geldwäscherechtlicher Prüfungen offensteht. Auch Vertreter der Presse oder andere Personen, die ein „berechtigtes Interesse“ geltend machen, können Einsicht in die wirtschaftlichen Daten der eingetragenen Personen nehmen. Damit wird ein Bereich sensibler Informationen geöffnet, der bislang ausschließlich staatlicher Kontrolle vorbehalten war.
Diese Erweiterung des Zugangs birgt erhebliche Risiken. Es ist nicht auszuschließen, dass die gewonnenen Daten – auch wenn sie formal im Rahmen der rechtlichen Vorgaben abgerufen werden – für Zwecke genutzt werden, die mit der eigentlichen Intention der Geldwäschebekämpfung nichts zu tun haben. Die Gefahr von gezielten Diffamierungen oder der Auslösung von sogenannten „Shitstorms“ in den sozialen Medien ist real und trifft insbesondere Familienunternehmer oder Stifter, die ein legitimes Interesse daran haben, ihre privaten und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der breiten Öffentlichkeit diskutiert zu sehen.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es wünschenswert, dass die im europäischen Recht vorgesehenen Schranken des Zugangs restriktiv gehandhabt werden und die Abwägung zwischen Transparenzinteresse und Schutz der Privatsphäre mit größtmöglicher Sensibilität erfolgt. Nur so kann verhindert werden, dass ein Instrument zur Bekämpfung von Finanzkriminalität in Einzelfällen zu einem Mittel gesellschaftlicher oder medialer Stigmatisierung wird.