Erbschaftsteuerliche Begünstigung von Wohnungsunternehmen auf der Kippe
Erstveröffentlichung: 12. Oktober 2025
Seit vielen Jahren begleite ich Unternehmerfamilien bei der steuerlich optimierten Übertragung von Immobilienvermögen. Gerade im Bereich der Wohnungsunternehmen galt bislang eine klare Linie: Wer mindestens 300 Wohnungen vermietet und eine gewisse Organisationsstruktur nachweisen kann, durfte beim deutschen Finanzamt auf die erbschaftsteuerliche Begünstigung als „begünstigtes Betriebsvermögen“ vertrauen.
Doch das, was lange galt, steht nun aus mehreren Gründen ernsthaft infrage . Das Bundesverfassungsgericht könnte die Koalition möglicherweise schon bald zu einer Reform der Erbschaftsteuer zwingen. Ins Laufen gebracht hat das derzeitige Verfahren ein Erbe, der sich bei der Versteuerung von Wertpapieren und nicht betrieblichen Immobilien gegenüber der umfassenden Begünstigung für Betriebsvermögen benachteiligt sieht. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Finanzierungsengpässe im Staatshaushalt ist inzwischen eine parteien- und regionenübergreifende Reformdebatte am Laufen.
Vermietung allein zählt nicht mehr als unternehmerische Tätigkeit
Zumal die Kriterien für steuervergünstigtes Erben ohnehin strenger geworden sind. So hat das Finanzgericht Münster im Oktober 2024 eine Entscheidung getroffen, die in ihrer Tragweite kaum zu unterschätzen ist. Das Gericht folgt der restriktiven Linie des Bundesfinanzhofs und stellt klar: Die Vermietung einer großen Zahl von Wohnungen allein genügt nicht mehr, um als unternehmerisch tätig zu gelten. Entscheidend sei, ob tatsächlich eine betriebliche Organisation mit zusätzlichen Dienstleistungen besteht – etwa Hausmeisterdienste, Reinigungsservice, Medienversorgung oder eine hohe Mieterfluktuation, die ein professionelles Management erfordert.
Was auf den ersten Blick nach juristischer Feinjustierung klingt, hat weitreichende Konsequenzen. Viele Wohnungsunternehmen, die bisher unter den Schutz der steuerlichen Begünstigung fielen, könnten künftig als reine Vermögensverwaltung gelten. Damit entfällt der bisherige Erbschaftsteuer-Vorteil und Nachfolgeplanungen, die auf diese Begünstigung aufbauen, geraten ins Wanken.
Jetzt handeln!
Für Familienunternehmen und Vermögensstrukturen mit Immobilienbestand bedeutet das: Jetzt ist Handlungsbedarf. Wer Übertragungen innerhalb der Familie plant, sollte nicht auf alte Verwaltungsauffassungen vertrauen, sondern prüfen, ob die eigene Struktur noch als „unternehmerisch“ durchgeht. In vielen Fällen kann eine rechtzeitige Anpassung – etwa durch organisatorische Erweiterungen oder den Antrag auf eine verbindliche Auskunft – steuerlich entscheidend sein.
Mich beschäftigt an dieser Entwicklung vor allem eines: Statt Rechtssicherheit zu schaffen, verlagert sich die Diskussion erneut in die Einzelfallprüfung. Darüber hinaus erscheint die jetzige Debatte im Zuge des juristischen Verfahrens und der haushaltspolitischen Bedürfnisse naheliegend, trägt aber in keiner Weise zur Planungssicherheit bei. Genau diese aber brauchen Unternehmerinnen und Unternehmer, die Verantwortung übernehmen und langfristig denken.
Mein Fazit:
Das Urteil des FG Münster und die jetzige Debatte sind ein Weckruf. Wer Wohnungsbestände in der Familie erhalten und steuerlich vorausschauend übertragen möchte, sollte jetzt handeln – nicht erst, wenn der Gesetzgeber nachzieht.