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Überraschungsgast: Jürgen Klopp bei NEU DENKEN

Der Kulttrainer nutzt Mallorca als Rückzugsort im Süden. Beim Wirtschaftsforum stand er auf der Bühne!

Es war die Überraschung des Eröffnungsabends zum 7. Wirtschaftsforum NEU DENKEN: Jürgen Klopp! Nach seinem Rückzug aus der englischen Premier-League nimmt sich der Kulttrainer erstmal eine Auszeit auf Mallorca und genoss sichtlich den milden Donnerstagabend (23. Mai) im Castillo Hotel Son Vida. Im Talk mit Jörg Jung erzählt er unter anderem, was Mallorca für ihn bedeutet ...

Jörg Jung: 
Bei NEU DENKEN in der Tat, überraschenderweise muss man sogar fast sagen, Jürgen Klopp! Schönen guten Abend.

Jürgen Klopp: 
Guten Abend.

Jörg Jung: 
Na gut, es wäre natürlich ein Wochenende gewesen, ich glaube, das mit Mallorca wäre kritisch gewesen, wenn das in England mit dem Fußball besser geklappt hätte. Da ist das schon so, ne?

Jürgen Klopp: 
Ja, wir hatten eigentlich vor, gestern das Europa League Finale zu spielen. Das hat nicht hingehauen und wir wollten eigentlich auch am Wochenende das FA Cup Finale spielen. Das hat auch nicht hingehauen. Waren lange dabei, aber nicht lange genug. Aber man kann sagen zumindest, wir haben in der Europa League gegen den Europa League Gewinner verloren im Viertelfinale.

Jörg Jung: 
Aber im Prinzip von den Pokalen her eigentlich genauso gut wie Bayern München, muss man sagen. In dem Jahr. Also insofern.

Jürgen Klopp: 
Wir haben den Liga-Pokal gewonnen.

Jörg Jung: 
Dann doch noch was gerissen?

Jürgen Klopp: 
Ja, ja, ja, da haben wir schon gewonnen. Das kriegt man in Deutschland noch nicht mit. Aber den haben wir gewonnen. Ja.

Jörg Jung: 
Darf ich Fragen über England stellen?

Jürgen Klopp: 
Ja, ja, ja, gerne. Also als Land oder?

Jörg Jung: 
Auch. Also, warum der Weggang? Also warum jetzt? Warum jetzt die Entscheidung? Also, am Bier kann es gelegen haben. Ja. Wie kam das jetzt zu sagen "Ich bin jetzt raus aus der Nummer"?

Jürgen Klopp: 
Das ist schon ein Prozess gewesen, aber das ist schon ein paar Monate her. Um ehrlich zu sein, der Verein hat es ja im Januar verkündet. Ich habe es dem Verein bereits im November gesagt. Der Gedanke ist einfach aufgekommen. Ich wusste, ich bin da schon sehr lange, macht den Beruf schon sehr lange, bin nie rausgeworfen worden. Das heißt, ich habe alle Verträge sozusagen nahezu bis zum Ende erfüllt. In Dortmund hatte ich noch ein bisschen Vertrag, aber bin auch auf eigenen Wunsch gegangen, weil ich einfach das, was ich mache, mit allem machen, was ich habe. Und in dem Moment, wo ich das Gefühl habe, ich kann das, was notwendig ist, nicht mehr leisten, sage ich das dann und das habe ich diesmal auch getan und die unsere Chefs haben das akzeptiert. Sich nicht drüber gefreut, habe es akzeptiert und ja und ich dachte einfach, es ist wichtig, dass der Verein das frühzeitig erfährt, dass sie planen kann, weil es ist ja, wenn ich jetzt nach, also praktisch vor zwei Tagen gesagt hätte, drei Tage nach dem letzten Spiel, das war es für mich, dann hätte der Verein echt doof dagestanden mit runtergelassenen Hosen. Und das will ich nicht. Dazu respektiere ich alle Leute zu sehr. Aber es liegt an mir. Ich mache über den Beruf auf eine bestimmte Art und Weise aus. Und das, hatte ich das Gefühl, kann ich so nicht mehr tun. Und dann muss ich das sagen.

Jörg Jung: 
Wir haben uns ja im Vorfeld des Gesprächs darauf geeinigt, dass du wegen des Events NEU DENKEN auch hier bist, extra angereist. Darauf haben wir uns verständigt. Das bleibt jetzt auch so, Mallorca ist ja auch so ein Rückzugsort jetzt auch für Jürgen Klopp.

Jürgen Klopp: 
Ich kann das ganz einfach erklären warum Mallorca. Ja, also erstmal bin ich kein Träumer, aber ich habe mein Leben lang davon geträumt ein Haus irgendwo im Süden. Das ist groß. Große Fläche. Der Süden ist groß, glücklicherweise. Und da sehe ich es auch so, dass es ein bisschen damit zusammenhängt, dass wir älter werden und hier einfach die medizinische Versorgung großartig ist. Es gibt hier viele deutsche Ärzte und ich habe kein Problem. Ich war neun Jahre in England, das sind fantastische Ärzte. Aber ich hätte gerne, dass in dem Moment, wo die Probleme größer werden, möchte ich gerne, dass jedes Wort, das ich sage, verstanden wird, wie ich mich fühle usw. Das hängt alles mit zusammen. Ich wollte nicht auswandern, ich will nicht auswandern. Wir machen hier Urlaub ab und zu. Aber wenn ich hier bin, möchte ich, dass es alles so ist, wie ich es kenne. Das ist total langweilig. Aber es geht darum, dass ich einfach ein anderes Leben auch mal kennenlernen möchte und dabei aber nicht irgendwo im Dschungel oder auf dem Berg oder wo ich niemanden treffe dann leben möchte, sondern irgendwo, wo andere Leute mit ähnlichen Problemen auch da sind.

Jörg Jung: 
Ich finde das aber super interessant, weil ich vor 15, 16 Jahren nach Mallorca gekommen bin und da war es wirklich noch so, dass man so dachte ja, Mallorca ist halt Mallorca, Spanien ist Spanien, das ist alles so ein bisschen Dritte Welt und Deutschland ist dann doch schon stabiler. Das hat sich doch irgendwie alles ein bisschen geändert?!

Jürgen Klopp: 
Ich habe ja immer nur Urlaub gemacht und so wird es ja auch weiterhin sein. Nur die Urlaube werden länger sein, logischerweise. Das ist, weil ich mehr Zeit habe, ganz einfach. Aber ich das Klima, Ich mag die Leute. Es gibt einfach ganz viele Dinge, die ich hier mag. Und es gibt auch einige Leute, die ich schon kenne, die hier auch häufiger sind und das macht es auch irgendwie leichter. Also ich bin 56, werde jetzt demnächst 57, ist ja nicht so, dass ich jetzt auf der Suche nach neuen Freunden bin, ich habe die Freunde fürs Leben bereits und wenn da einige davon auch hier sind, ist das ja auch cool und das ist alles das. Und dann wird man sehen, was daraus entsteht. Normal, fast 57, dass ich gar nicht mehr arbeite, ist ausgeschlossen. Aber dass ich genauso in dem gleichen Rhythmus weitermache, in dem ich es bisher gemacht habe, das sehe ich im Moment auch nicht.

Jörg Jung: 
Welchen beruflichen Bezug hättest du zukünftig zu Deutschland?

Jürgen Klopp: 
Das weiß ich nicht... Das ist auch.... Ahhh ja ja

Jörg Jung: 
Ich versuch's.

Jürgen Klopp: 
Ja ist schon ein bisschen später. Das habe ich jetzt. Nee, das können wir so nicht beantworten. Darum geht es gar nicht. Es geht darum, Trainer ist Trainer. Und das machst du mit allem, was du hast. Oder gar nicht. So verstehe ich das. Und deshalb muss man einfach sehen. Ich habe, wie gesagt, jetzt 23 Jahre - das macht ja jeder - durchgearbeitet. Muss ja jeder machen, logischerweise in einem sehr intensiven Bereich. Und jetzt nehme ich mal meine Auszeit, das ist alles. Nichts mehr ist passiert. Und wie soll ich jetzt wissen, wie ich mich während oder nach der Auszeit fühle und was ich dann machen möchte? Keine Ahnung. So warten wir es mal ab.

Jörg Jung: 
Jetzt kommst du auch aus einer Fußballerzeit, wo es. Wir sitzen hier schon hier im Studio, als wäre es eine Pressekonferenz bei Mainz 05, nur mit der anderen Farbe vor dieser Wand hier. Du kommst auch aus einer Fußballerzeit, wo man als Kind in die Fußballvereine gestürmt ist, wo man seine seine Vorbilder hatte. Ob das jetzt bei Mainz 05 war, ob das beim BVB war ...

Jürgen Klopp: 
VfB Stuttgart.

Jörg Jung: 
VfB Stuttgart zum Beispiel. Wer bei VfB Stuttgart?

Jürgen Klopp: 
Hansi Müller, Didier Six. Asgeir Sigurvinsson und mein persönlicher Held war Karlheinz Förster.

Jörg Jung: 
Auf jeden Fall.

Jürgen Klopp: 
Karlheinz Förster war mein persönlicher Held, weil ich wusste früh, dass ich das Spiel sehr liebe und das besser spielen kann als viele Kinder in meiner näheren Umgebung. Aber auch relativ klar war, dass es viele gibt, die noch viel besser sind. Und das war bei Karlheinz Förster das Gleiche. Aber er hat das Beste daraus gemacht. Das hab ich geliebt.

Jörg Jung: 
Wir sind doch alle irgendwie in die Fußballvereine reingestürmt. Und irgendwie hört man jetzt aus Deutschland die ganze Zeit, es fehlt am Nachwuchs, es fehlt schon am Ehrenamt. Die Trainer gehen weg in der E-Jugend, D-Jugend. Kriegst du da was mit?

Jürgen Klopp: 
Nein, ich war neun Jahre nicht da. Das kann ich jetzt nicht behaupten, dass ich das mitbekommen habe, ich nicht gehört. Nachwuchs ist generell ein Problem. Es ist einfach eine andere Zeit. Es werden andere Dinge auch gemacht. Ist ja nun mal so, als ich ein Kind war, gab es Social Media nicht. Gab es Videospiele ja, aber auf dem Niveau, länger als 20 Minuten spielen war auch schwierig, hat es ja auch keinen Spaß mehr gemacht. Also das sind einfach andere Zeiten. Wir müssen einfach dafür sorgen, wenn man es so sehen will, dass die Kinder Lust haben auf das Spiel, was großartig ist, nicht nur auf das Spiel, auf Sport generell, was aber großartig ist, weil es fantastisch ist. Weil dich zum einen schult, was Disziplin beibringt und lehrt und weil es dir auch Zeit nimmt, um anderen Blödsinn zu machen. Das kannst du dann in der Zeit nicht machen.

Wenn du drei, vier Stunden Sport am Tag machst, kannst du keinen anderen Blödsinn machen. So, aber das war auch damals schon anders oder noch anders und dementsprechend wirklich kann man es nicht vergleichen. Wenn es die Probleme gibt, dann gibt es sie auf der ganzen Welt, das ist nicht Deutschland, dann haben wir das nicht exklusiv, weil es überall das Gleiche ist. Aber ich habe das Gefühl, wenn man sich Nachwuchsmannschaften anguckt, deutsche Nachwuchsmannschaften, dass da noch immer ganz, ganz viele, ganz, ganz tolle Spieler rauskommen, was das Ehrenamt angeht, ohne Ehrenamt hätte es die Sportvereine, in denen ich gespielt habe, nie gegeben, das waren alles Ehrenamtler, alle haben trotzdem Spaß daran gehabt. Also geht es darum, dass man auch da die Leute weiterhin für begeistern muss und auch für gewinnen muss. Ich glaube, auf dem Land geht das immer noch, wie das in der Stadt abläuft - nochmal, ich war neun Jahre nicht da. Ich würde nicht behaupten, ich bin Experte.

Jörg Jung: 
Jürgen Klopp. Ich vermeide jetzt sämtliche Fragen nach "Wie geht die EM aus?", "Wird Deutschland Europameister?" Das wissen wir ja einfach einfach nicht. Also insofern lassen wir es einfach. Auf jeden Fall wieder Welcome back aus England. Wieder zumindest mal auf Mallorca. Was in Deutschland passiert?... Wie gesagt, die bessere Bierwahl hast du wieder getroffen.

Jürgen Klopp: 
In drei Tagen gehts nach Deutschland, vier Tage noch.

Jörg Jung: 
Wohin?

Jürgen Klopp: 
Nach Hause.

Jörg Jung: 
Nach Hause. Na, sehr schön. Ich bedanke mich für dieses wunderbare, kurze, aber tolle Interview.

Jürgen Klopp: 
Danke dir. Gerne.

Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp

26. Mai 2024

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