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Fredi Bobic: "Kinder brauchen Sport und Werte"

Zu Gast beim Wirtschaftsforum NEU DENKEN: Der Ex-Fußballprofi über sein Engagement bei der Laureus-Stiftung.

Als Teil des magischen Dreiecks des VfB Stuttgart schoss sich Fredi Bobic in die deutsche Nationalmannschaft. Nach der aktiven Karriere triumphierte er als Sportdirektor. Der „Kicker“ kürte den damaligen Manager von Eintracht Frankfurt 2018 zum Mann des Jahres. Nach seiner Entlassung Anfang 2023 bei Hertha BSC plant Bobic ein Comeback im Sommer. Bei Laureus ist er u.a. Schirmherr für das Projekt „KICKFORMORE“, das Kindern neben Kicker-Qualitäten auch Werte vermittelt.

Beim 7. Wirtschaftsforum NEU DENKEN war Bobic zu Gast und sprach über seine Tätigkeit für die Laureus-Stiftung.

Jörg Jung 
Zu Gast bei uns in diesem wundervollen NEU DENKEN Podcast-Studio im Castillo Hotel Son Vida: Fredi Bobic, eine ganz besondere Ehre und wir haben ihn schon gleich am heutigen Donnerstag abgegriffen, weil er ist nur einen Tag da. Der Mann ist richtig beschäftigt. Jetzt wollen wir erst mal wissen von wo gekommen, wo geht es dann wieder hin? Da ist ja richtig Tourplan beim Fredi Bobic.

Fredi Bobic 
Ich komme direkt aus Boston, also habe ein bisschen Jetlag eigentlich sogar noch. Ja, ich muss aber morgen dann wieder weiter nach Berlin wieder. Da wo ich auch lebe seit 20 Jahren. Pokalfinale steht vor der Tür und es sind viele vom Fußball da. Und dementsprechend werde ich auch viele treffen und werde einiges zu tun haben noch, dann auch morgen und übermorgen. Und das macht mir auch eine große Freude, weil jetzt auch ein bisschen alles entspannter gerade ist.

Jörg Jung 
Pokalfinale steht jetzt an, ich bin ja eher tatsächlich ein Kaiserslautern-Fan. Wo siehst du dann eher die Chancen? Also noch haben wir ja jetzt die Möglichkeiten zu wetten. Ich habe ja schon spaßeshalber gesagt: Oh, der deutsche Meister spielt gegen Leverkusen, ist jetzt aber auch mal Deutscher Meister geworden. Also siehst du für Kaiserslautern Chancen?

Fredi Bobic 
Ja der Sportdirektor und technische Direktor dort, Enis Hejri, den habe ich in den Fußball gebracht. Im Endeffekt schon als Spieler, dann aber auch in in die neue Position, war mit mir in Frankfurt und bei der Hertha in Berlin, ist jetzt in Kaiserslautern, macht eigentlich einen richtig guten Job. Die haben ein schwere Saison zwar gehabt, weil einen großen Umbruch hatten, sie haben eine sehr talentierte Mannschaft. Sie haben es gerade im DFB Pokal auch gezeigt und gegen Topmannschaften, wie gut sie spielen können. Leider ist natürlich der Gegner Bayer Leverkusen, die eine überragende Saison spielen, die leider jetzt das Europa League Finale verloren haben. Was nicht so schlimm ist. Nach 51 ungeschlagenen Spielen, da ist es halt jetzt gerade an dem Spieltag passiert oder in dem Finale passiert.

Und es wird sehr, sehr schwer für Kaiserslautern, weil es muss schon vieles zusammenkommen, es muss sehr, sehr vieles zusammenkommen, dass die Mannschaft wirklich eine Chance hat gegen Bayer 04, weil die einfach wirklich, egal wer da spielt, wer da auf der Bank ist. Gefühlt könnte der Simon Rolfes noch spielen als sportlich Verantwortlicher. Sie haben eine tolle Mannschaft, sie haben eine tolle Mannschaft, sie haben überragenden Trainer und ich bin mir sicher, dass sie jetzt, vor allem nach der Niederlage gegen Atalanta Bergamo, richtig heiß darauf sind, wenigstens das Double sich zu sichern. Nicht das Triple, aber wenigstens das Double. Und dann ist es immer noch eine Weltklasse Saison von Bayer 04. Ich sehe ein bisschen schwarz für die Lauterer. Aber trotzdem, es ist ein Spiel. Es sind die verrücktesten Dinge schon im Fußball passiert, gerade im DFB Pokal im Finale.

Jörg Jung 
Ich wollte gerade sagen, Leverkusen kann ja froh sein, dass sie nicht gegen Saarbrücken gekommen sind.

Fredi Bobic 
Absolut. Die dümmsten Sachen können passieren. Rote Karte, Formschwäche, zehn Mal die Latte treffen, wie auch immer und so. Deswegen, da steckt ja die Chance auch drin. Aber wenn man jetzt ganz sachlich und rein fachlich da rangeht, dann siehst du eigentlich sehr wenig Chancen. Aber trotzdem hoffe ich, dass wir ein enges Spiel haben und dass wir ein schönes Spiele haben. Und ich werde im Stadion sein und würde mich auch freuen, wenn wir einen tollen Pokalfight sehen.

Jörg Jung 
Jetzt gehen wir mal kurz nach Mallorca, weil jetzt sind wir ja nun mal hier für diesen einen Abend. Und dieser Abend steht ja auch immer bei NEU DENKEN für den Sport in dem Moment natürlich auch Laureus. Wie kommt Fredi Bobic überhaupt dahin zu sagen, ich bin im Vorstand von Laureus, engagiere mich dort. Wie ist das passiert nach der Profikarriere?

Fredi Bobic 
Erst mal wirst du ja Botschafter und da bin ich 2011 gefragt worden, ob ich gerne da teilnehmen möchte oder Botschafter werden will bei Laureus. Da war ich damals Sportvorstand in Stuttgart beim VfB, und ich habe mir das Projekt angehört. Und als ich das Projekt "Kick for More" gehört habe, wo es um Fußball geht, habe ich so ein bisschen meine Geschichte gesehen. Also sehr viele Kids mit Migrationshintergrund, die in Schulen abzuholen, die Fußball spielen zu lassen, sie aber auch ihre eigenen Turniere, ihre eigenen Wettbewerbe selbst planen zu lassen, organisieren zu lassen, ihnen die Werte des Fußballs mitzugeben. Also das Mannschaftssport vor allem auch, die dann heißen Disziplin, Teamfähigkeit. Also Fußball baut die geilsten Brücken, die es gibt zwischen den Kulturen. Da ist es egal, wer in der anderen Klasse ist.

Ich meine, ich kenne es vom Bolzplatz her. Ich habe einfach diese Geschichte mitgemacht und habe so viele Freunde unterschiedlicher Prägungen, auch egal wo sie herkommen, sind wir heute noch befreundet. Ganz interessant mit einigen, wo ich auf Kindesbeinen auf dem Bolzplatz gekickt habe. Das gibt es heute in der Form vielleicht nicht mehr so in den Städten in Deutschland und deswegen müssen wir versuchen, die Kinder dazu zu motivieren. Und wir machen es in den Schulen und die Lehrer sind richtig happy darüber, richtig happy darüber, dass wir das anbieten, weil es auch sehr viel am Ende des Tages auch das Selbstvertrauen gibt und auch für die Bildung auch ganz gut ist.

Jörg Jung 
Ich habe mich vor zwei Wochen mit Charly Steeb unterhalten und Charly Steeb, nun mal Tennis, der hat wirklich ganz kritisch gesagt: In Deutschland fehlt so ein bisschen das, was früher mal war, dass die Jungen in die Tennisvereine gehen. Gut, das mag an Boris Becker gelegen haben und Steffi Graf. Aber dass die Jugend motiviert ist, dass die Vorbilder haben, dass die im Sport was werden wollen. Dann kam ja noch die Diskussion dazu mit "Sportabzeichen braucht auch kein Mensch mehr". Ist dieser Trend auch irgendwie im Fußball, den ich den Charly beim Tennis beschrieben hat? Also dass es schwerer wird, die jungen Menschen auf den Bolzplatz, auf den Sportplatz, in die Sportvereine, in die Fußballvereine zu kriegen? Ist es schwerer geworden? Also ich kenne es von meiner Jugend.

Fredi Bobic 
Ja, es ist schwerer geworden, weil es ja einfach ist, eigentlich auch zu erklären. Wir müssen ja immer schauen auf unsere eigenen Kinder, vielleicht auch unter die Generation, wie die jetzt aufwachsen, die wachsen ja ganz anders auf, die haben viel mehr Möglichkeiten. Das Digitale darf man nicht vergessen. Also du kannst Fußball auch an der Konsole spielen, egal wie du aussiehst, du kannst dich in deinem Zimmer einschließen und 24 Stunden gefühlt kannst du Fußball spielen, da mit jemandem egal wo auf der Welt, kannst dich vernetzen. Also ist die Motivation vielleicht auch gar nicht so da oder die Möglichkeiten sind da zu sagen, ich mache das alles zu Hause und ich mache was anderes oder mache einen anderen Sport oder mach irgendwas.

Es gibt so viele Möglichkeiten, die die Kids heute und die Generation heute haben, die es bei uns in der Form nicht gegeben hat. Ich bin aufgewachsen, da gab es drei Fernsehprogramme, also konnte nicht lange vor der Glotze hocken, weil so viel Auswahl gab es nicht. Es gab keinen Sportsender oder sowas. Und wir? Wir sind automatisch nach draußen getrieben worden und haben geschaut, was wir machen können. Gehen wir klettern, gehen wir BMX, auch ganz bekannt gewesen in den 80ern. Und ich weiß schon was er meint damit. Wir brauchen auch keine Auszeichnungen, die wir machen müssen, sondern wir müssen sie einfach nur motivieren und ihnen zeigen, was ihnen der Sport bringen kann. Ja, welche Träume sich erfüllen können. Ich kann nur sagen, über meinen Sport, über den Fußball habe ich alle meine Wünsche mir erfüllen können.

Jörg Jung 
Früher war das aber immer so, man ist wegen der Vorbilder zum Sport gegangen. Beim Tennis war das, wie schon erwähnt, der Becker und so weiter und so fort. Beim Fußball brauchen wir nicht drüber zu reden. Bobic, Klinsmann. Und so weiter und so fort. Fehlt es heutzutage ein bisschen?

Fredi Bobic 
Ja, es gibt diese Verehrung für ganz besondere, große Fußballer, ja a la Messi, Ronaldo und Co. Ja, Mappe vielleicht noch und so, aber so ein bisschen das Regionale geht runter. Ja, also normalerweise hat ja jede Stadt seinen eigenen Verein und irgendwo sind ja immer deine Idole gewesen. So war es bei mir. Ich bin in Stuttgart aufgewachsen. Ja, mein Idol war Hansi Müller, der ein oder andere wird ihn noch kennen.

Jörg Jung 
Eike Immel!

Fredi Bobic 
Aber genau! Jeder hat so seine Idole gehabt. Hat es halt gerne geschaut. Aber noch mal, es war nicht so viel Verwirrung da und nicht so viele Möglichkeiten da irgendwas anders zu denken. Als Boris Becker Wimbledon gewonnen hat, da sind wir raus und haben gesagt, Oh scheiße, der Tennisclub ist aber verdammt teuer. Das war damals noch richtig teuer. Das war ein elitärer Sport, richtig elitärer Sport. Und dann haben wir uns irgendwo eine Art Bolzplatz gesucht. Das war ein Parkplatz. Ja, und haben uns die Linien abgekreidet und haben zwischen zwei Fahrrädern ein Seil rübergezogen und haben Tennis gespielt und haben einen Tennisschläger, ich vergesse es nie für zehn Mark gekauft. Ja, ja, damals, das war im Endeffekt gefühlt eine Bratpfanne. Aber wir haben Spaß gehabt. Wir haben gesagt: "Och, das haben wir im Fernsehen gesehen und Boris Becker, das ist ein Held. Und genau so wollen wir jetzt auch". Und dann haben wir angefangen zu spielen, weil wir uns den Klub nicht leisten konnten. Also wir waren selber kreativ.

Das ist vielleicht das, was der Generation heute ein bisschen abgeht. Es wird vieles schon vorgegeben, es ist bereits da. Sie müssen gar nicht so kreativ manchmal auch sein und das müssen wir ihnen einfach auch geben. Also deswegen sage ich auch, dieses Projekt, wo ich der Botschafter auch bin "Kick for more" ist ein Projekt, wo die Kinder dann und nachher Teenager bis zum Abschluss selbst gestalten am Ende. Sie legen auch die Regeln fest. Sie müssen miteinander reden, also kommunizieren und dann auch noch fair sein und die Regeln stellen sie selber auf und sie werten das Spiel nachher auch aus und so und sie organisieren alles selbst. Jeder hat ja irgendwo seine Stärken, dann auch. Es bedeutet nicht, dass jeder Fußballprofi wird, sondern dass jeder seine Stärken einsetzen kann. Dass der Sport für jeden was bringen kann.

Jörg Jung 
Gehen wir mal weg von den Kids, die du wieder auf die Sportplätze kriegst. Letztendlich ist ja auch ganz viel Trainer sein im Jugendbereich ein Ehrenamt. Bröckelt das auch so ein bisschen?

Fredi Bobic 
Ja, es ist ein Problem auch ein bisschen. Ehrenamt ist was ganz, ganz Besonderes. Wir alle, die auch Profis sind oder Profis geworden sind, Nationalspieler geworden sind, haben durch das Ehrenamt profitiert. Wir haben Eltern gehabt oder Väter gehabt, die halt mal dann Trainer gemacht haben. Ja, wie gut und wie schlecht, ist es doch egal. Sie haben es auf jeden Fall gemacht und sie haben es auch für die Kids gemacht. Und das ist das, was du auch in den kleinen Vereinen vor allem auch brauchst. Und ich glaube, da ist auch etwas, wo man insgesamt als Verband, als Deutscher Fußballbund auch ansetzen muss, dass wir umsonst Fortbildungen vielleicht auch anbieten für solche Menschen, die das aus dem Ehrenamt machen und dann kostenlos auch anbieten, sie vielleicht auch noch in gewisser Weise zu schulen und zu verbessern. Ja, das ist eine große Aufgabe vom DFB, aber dann der Landesverbände am Ende des Tages auch. Und auch da wird aus meiner Sicht viel zu wenig gemacht, eigentlich gar nichts groß gemacht. Ja, und da musst du reingehen, brauchst keine Fußballplätze bauen, sondern du musst einfach das Know how ein bisschen schärfen und erhöhen dann im Endeffekt auch bei Menschen, die das gerne machen und vielleicht auch bei sich vielleicht auch eine Chance sehen, vielleicht auch selbst zu wachsen. Auch Eltern können ja wachsen und sagen auch, dass der Trainerjob, ja, der macht mir Spaß und mit dem kann ich vielleicht auch sogar meine Zukunft bestreiten.

Jörg Jung 
Noch mal ganz kurz Mallorca, NEU DENKEN und Laureus, das ist ja schon seit Jahren so eine Kombination. Was macht es so spannend?

Fredi Bobic 
Es macht spannend, dass einfach Menschen hier sind, die natürlich sehr einflussreich sind. Natürlich auch sehr gut im Business auch sind. Netzwerken ist, glaube ich, immer wichtig, darauf aufmerksam zu machen, egal wie erfolgreich ihr Firmenunternehmer auch seid, denkt daran, auch vielleicht das ein oder andere Gute zu tun. Ja, das machen ja viele auch. Aber vielleicht auch mal den Blick darauf lenken. Auch gerade über den Sport. Was wir mit Laureus im Endeffekt in Deutschland, Österreich auch machen. Welche Projekte wir haben und da können sie uns ausquetschen ohne Ende von oben bis unten und da können wir ihnen alles erzählen. Also es gibt unfassbar viele Projekte, die ich auch schon selbst besucht habe, Sabine Christiansen die besucht hat. Es ist einfach faszinierend zu sehen und mit wie wenig Geld man Kids und im Endeffekt unsere Zukunft auch begeistern kann. Ja, und da geht es nicht nur um Fußball, Tennis oder wie auch immer, sondern ich war letztens in München bei "Ich will da rauf" heißt das. Also klettern.

Ja, und das sind auch Kinder mit Inklusion, die da hochklettern. Und wenn ich sehe, was die Trainerinnen, die da sind, was die für ein Ehrenamt machen und wie die sich einsetzen und wie wenig Geld die eigentlich dafür brauchen. Ja, ja, sie nehmen ja eigentlich gar nichts, sondern es ist eigentlich für die Kids und für die Hallenmiete und diese Wände da zu besteigen miteinander, sie zu schulen, das Selbstvertrauen zu geben und so. Ich finde das faszinierend einfach auch und sie müssen jedes Jahr darum kämpfen, Subventionen zu bekommen oder einfach auch Förderungen zu bekommen, Geld zu bekommen, Spenden zu bekommen. Und das vergessen viele. Also mit einem Mal ist nichts getan, sondern such dir vielleicht ein Projekt aus. Und Laureus hat unheimlich viele Projekte und schöne Projekte in allen Bereichen und da ist für jeden was dabei, der dann sagen kann, das unterstütze ich jetzt mal die nächsten Jahre.

Jörg Jung 
Starke Aussage, starke Philosophie, vielen Dank. Jetzt hoffen wir, dass Deutschland noch Europameister wird.

Fredi Bobic 
Da würden wir uns alle drüber freuen.

Jörg Jung 
Dann wird es auch was mit dem Nachwuchs. Da wollen sie alle wieder Fußball spielen und am besten in die großen Vereine und Fußballstars werden. Hoffen wir das auch noch. Ich bedanke mich. Fredi Bobic, Danke schön.

Fredi Bobic 
War schön, hier zu sein.

Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp

24. Mai 2024

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