Workation auf Mallorca
Viele Mitarbeiter und Unternehmen haben während der Pandemie gute Erfahrungen mit mobilem Arbeiten gemacht, sodass hybride Arbeitsplätze dauerhaft Einzug in unsere Arbeitswelt gehalten haben. Gerade um insbesondere für junge Talente attraktiv zu sein, bieten dies viele Unternehmen an. Für die Unternehmen selbst hat dies ebenfalls einige Vorteile und spart beispielsweise durch Desk-Sharing Kosten für Arbeitsplätze und Büroraum. Unternehmen lassen deshalb vermehrt ihre Mitarbeiter tageweise oder gänzlich selbst entscheiden, wann sie von zu Hause, von unterwegs oder im Büro arbeiten.
Innerhalb Deutschlands ist dies einfach umsetzbar, allerdings fragen Mitarbeiter ebenso wie Bewerber seit geraumer Zeit nach der Möglichkeit von Workations, also mobilem Arbeiten an einem beliebigen Urlaubsort im Ausland, sodass Urlaub und Arbeit miteinander verschmelzen. Damit könnte der Mitarbeiter seinen Aufenthalt nach dem Urlaub auf Mallorca verlängern und der Arbeitsalltag wandelt sich nach Feierabend in Urlaub am Strand. Dies ist für viele Mitarbeiter sicher nicht nur wegen der derzeit steigenden Heizkosten gerade in den Wintermonaten eine verlockende Aussicht. Auch eine eigene Ferienimmobilie auf Mallorca kann sich unter diesem Aspekt deutlich mehr lohnen.
Eine Workation kann sicher auch dem Unternehmen zugutekommen, da inspirierende Umgebungen die Motivation, die Arbeitsqualität und die Gesundheit der Mitarbeiter positiv beeinflussen können. Da kann der Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden fernab von Strand und Meer in der Regel nicht mithalten.
Einige Unternehmen werben deshalb bereits im Rahmen ihres Employer Brandings mit der Möglichkeit von Workations im europäischen oder weltweiten Ausland. Doch was ist bei der Ausgestaltung zu beachten? Niemanden wird es überraschen, dass das Arbeitsrecht und insbesondere das Sozialversicherungs- und Steuerrecht hier erneut hinter der tatsächlichen Entwicklung im Hinblick auf die Flexibilisierung der Arbeitswelt hinterherhinken und dieser Grenzen setzen.
Zunächst einmal bedarf die Workation ebenso wie das sonstige hybride Arbeiten einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, wenn dies nicht in den internen Richtlinien zum Mobile Working oder einer Betriebsvereinbarung abgedeckt ist. Unabhängig davon, ob nur tageweise mobiles Arbeiten ermöglicht wird oder im Unternehmen das sogenannte Full-Flex-Office und damit die gänzliche freie Entscheidung des Arbeitnehmers über seinen Arbeitsort gilt, sind für das mobile Arbeiten im Ausland arbeitgeberseitig unbedingt Sonderregelungen einzuführen, um die damit für beide Seiten verbundenen rechtlichen Risiken zu managen.
Vor diesem Hintergrund ist vor allem zu beachten, dass bei mobilem Arbeiten auf Mallorca beziehungsweise in Spanien zeitliche Grenzen erforderlich sind, um u.a. folgende sozialversicherungs- und steuerrechtliche Probleme zu vermeiden:
- Arbeitet ein Mitarbeiter mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit auf Mallorca, kann er trotz eines deutschen Arbeitsvertrages gemäß Art. 8 der „Rom-I“ Verordnung von günstigeren Regelungen im spanischen Arbeitsrecht profitieren. Beispielsweise könnte der Arbeitnehmer im Fall einer Arbeitgeberkündigung einen gesetzlichen Abfindungsanspruch geltend machen, den das deutsche Arbeitsrecht so nicht kennt.
- Hinzukommt, dass der Mitarbeiter für jede Tätigkeit im EU-Ausland eine A1-Bescheinigung mit sich führen muss, welche den Tätigkeitszeitraum im Ausland abdeckt. Dies gilt unabhängig von der Dauer der Tätigkeit und dient der Vermeidung doppelter Sozialversicherungskosten. Die Kostentragungspflicht hierfür sollte mit dem Unternehmen geregelt werden, wobei bei geplant wiederholtem Arbeiten auf Mallorca auch eine Jahresbescheinigung beantragt werden kann.
- Um eine Sozialversicherungs- und Einkommenssteuerpflicht des Mitarbeiters durch die Tätigkeit auf Mallorca zu vermeiden, muss insbesondere die 183-Tage-Grenze beachtet werden. Hierbei ist vor allem zu berücksichtigen, dass es sich dabei um Kalendertage und nicht um Arbeitstage handelt, sodass auch im Ausland verbrachte Wochenenden, Urlaubs- und Krankheitstage zu berücksichtigen sind.
- Besonders wichtig sind allerdings die steuerrechtlichen Aspekte. Das Unternehmen sollte beispielsweise eine Betriebsstätten-Analyse durchführen, um sicherzustellen, dass der Mitarbeiter durch seine Tätigkeit im Ausland keine Betriebsstätte für das Unternehmen begründet. Hier ist eine genaue Prüfung vorzunehmen, da beispielsweise geschäftsführende Mitarbeiter sowie Vertriebsmitarbeiter im Ausland verhältnismäßig schnell eine Betriebsstätte begründen können. Es kann daher sinnvoll sein, die Art der Tätigkeiten, die von Mallorca aus ausgeübt werden dürfen, zu begrenzen und beispielsweise die dortige Unterzeichnung von Verträgen zu untersagen.
Alternativ dazu können Firmen das Thema offensiv angehen und eine Betriebsstätte offiziell begründen, indem sie ein hochklassiges Büro-Umfeld schaffen, in dem abwechselnd verschiedene Mitarbeiter oder ganze Teams über Wochen oder Monate an Projekten arbeiten. Dieses Arrangement verschafft der Firma einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um talentierte Arbeitskräfte, stellt jedoch eine erhöhte Herausforderung für die Steuerberatung in beiden Ländern dar, d.h. hierbei muss man mit Kanzleien arbeiten, die Erfahrung in der internationalen Steuerberatung haben.
Mitarbeiter sollten im Hinblick auf ihre eigene Steuerpflicht Vorsicht walten lassen, um eine steuerrechtliche Ansässigkeit auf Mallorca zu vermeiden. Eine solche würde dazu führen, dass sie in Spanien u.a. beim Erhalt einer Erbschaft oder Schenkung steuerpflichtig werden und natürlich auch für ihr weltweites Einkommen und Vermögen.
Vor dem Hintergrund der zu beachtenden rechtlichen Themen ist es sinnvoll, Workation und mobiles Arbeiten im Ausland räumlich auf Spanien oder das EU-Ausland zu begrenzen und die Anzahl der dortigen Arbeitstage im Hinblick auf die sozial- und steuerrechtlichen Implikationen zu begrenzen. In der Praxis üblich sind derzeit Begrenzungen auf 20 bis 30 Arbeitstage pro Kalenderjahr. Allerdings kann hier natürlich eine individuelle maximale Anzahl von Arbeitstagen unter Berücksichtigung der 183-Tage-Grenze mit dem Unternehmen vereinbart werden. Dies ist auch sinnvoll, wenn Workations in unterschiedlichen Ländern verbracht werden.
Die Verlängerung des Urlaubs auf Mallorca ist im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber also kein Problem und bietet viele Chancen! Um die Workations auf Mallorca uneingeschränkt genießen zu können, sollten nur die rechtlichen Themen und Steueraspekte vorab geprüft und entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. So können unangenehme Überraschungen auf beiden Seiten vermieden werden.
Dieser Beitrag wurde federführend verfasst von der Fachanwältin Claudine Gemeiner. Sie ist Partnerin bei der Kanzlei Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH (Berlin, München), mit der die PlattesGroup eng zusammenarbeitet.
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