„Schnupper-Wegzug“ von Deutschland nach Mallorca
24. Januar 2023Express-Versionen
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Umzug von Deutschland nach Spanien wird steuerlich attraktiver
Eine Reform der Sonderregelung für entsandte Arbeitnehmer flexibilisiert die Voraussetzungen und senkt die Steuerlast. Nicht jeder kann Umstände wie David Beckham geltend machen, wenn er für einen Job nach Spanien zieht. Dem ehemaligen Profi-Fußballer war es ein Leichtes nachzuweisen, dass seine Anwesenheit im Land – sein Vertrag bei Real Madrid lief zwischen 2003 und 2007 – wirtschaftlich notwendig war. Und so profitierte der Brite als einer der ersten von einem spanischen Gesetz, das im Volksmund nach ihm benannt wurde „Lex Beckham“.
Jetzt kann jeder Beckham sein – zumindest steuerlich. Denn die Sonderregelung für Arbeitnehmer, die für einen längeren, Zeitraum nach Spanien ziehen, wurde reformiert. Diese wichtige steuerliche Neuerung ist Teil des spanischen „Start-up“-Gesetzes vom 13. Dezember. Die Änderungen betreffen sowohl die Voraussetzung bei der Anwendung als auch die konkrete Besteuerung. Spanien bietet somit für eine Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes günstigere Bedingungen als bislang.
Verringerung der Steuerbelastung
Konkret heißt das zum Beispiel, dass nicht das weltweite Vermögen mit der spanischen Vermögensteuer belastet wird, sondern nur das spanische – so wie das auch bei „Nichtresidenten“ der Fall ist. Nicht besteuert werden zudem Einkünfte, die nicht aus spanischer Quelle stammen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden bis zu einem Betrag von 600.000 Euro mit einem festen Steuersatz von 24 Prozent belegt, ein darüber hinausgehender Betrag mit 47 Prozent.
Anders gesagt: Ein Resident, der „Lex Beckham“ anwendet, kann viel Vermögensteuer sparen. Im Rahmen der Sonderregelung fallen in Spanien zudem auch keine Steuern auf Dividenden oder Veräußerungsgewinne an, die keinen direkten Bezug zum spanischen Vermögen haben.
Mehr Flexibilität
Aber vor allem bei der flexibleren Anwendung der Sonderregelung ergeben sich interessante Neuerungen. Bislang musste für den Umzug des Arbeitnehmers nach Spanien ein wirtschaftlicher Grund vorliegen – es musste nachgewiesen werden, dass die Anwesenheit in Spanien notwendig ist, beispielsweise infolge der Expansion des Unternehmens.
Nun kann als Grund für den Umzug schon der Verweis auf „Fernarbeit von Spanien aus“ reichen, – und zwar dann, wenn es sich um eine hochqualifizierte Fachkraft handelt, die Dienstleistungen für aufstrebende Unternehmen (Start-ups) erbringt, oder wenn der Arbeitnehmer im Bereich Ausbildung, Forschung, Entwicklung oder Innovation tätig ist und die Vergütung mehr als 40 Prozent des Einkommens aus Arbeit und wirtschaftlicher Tätigkeit ausmacht. Was unter „hochqualifizierter Fachkraft“ zu verstehen ist, wird freilich die künftige Verwaltungsanweisung definieren müssen.
Neuerungen gibt es auch im Management-Bereich, das heißt für Personen, die nach Spanien umziehen, um dort die Funktion des Geschäftsführers einer spanischen Gesellschaft zu übernehmen. Zudem entfällt die Höchstgrenze für eine Beteiligung von maximal 25 Prozent an dieser Gesellschaft, wenn diese eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.
Darüber hinaus kann die Regelung in den meisten Fällen auch auf Ehegatten und Kinder unter 25 Jahren angewendet werden, die mit nach Spanien umziehen.
Kurzum: Unter bestimmten Voraussetzungen wird es steuerlich attraktiver als bislang sein, den Wohnsitz nach Spanien zu verlegen. Daher war „Lex Beckham“ auch bei unserem Webinar „Auswandern nach Mallorca“ ein wichtiges Thema.
Auswirkungen in Deutschland
Durch die Ausübung der Option nach Art. 93 LIRPF (Lex Beckham) wird der nach Spanien wegziehende Steuerpflichtige dort für das erste Jahr der Ansässigkeit und die kommenden 5 Jahre wie ein beschränkt Steuerpflichtiger (in Spanien als Nichtansässiger bezeichnet) behandelt. Zugleich entfällt hierdurch die Abkommensberechtigung als in Spanien ansässige Person. Aus deutscher Sicht kommt es folglich zu keiner Beschränkung des deutschen Steuersubstrats, sofern der Steuerpflichtige im Inland seinen Wohnsitz beibehält und damit in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig bleibt. Ist der Wegziehende etwa Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, kommt es daher uE zu keiner Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG. Bei richtiger Planung wird zudem die Verlagerung des Ortes der Geschäftsleitung und die Aufdeckung der auf Gesellschaftsebene gebundenen stillen Reserven vermieden.
Kehrseite der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland ist, dass der Wegziehende mit seinem Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig bleibt. Dies umschließt auch die in Spanien erzielten Einkünfte zB aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Freistellung für diese in Spanien erzielten Einkünfte nach Maßgabe des DBA/Spanien soll aufgrund der Inanspruchnahme des „Lex Beckham“ nicht zu gewähren sein. Vielmehr ist das DBA/Spanien während der Ausübung der Option nach Art. 93 LIRPF suspendiert. Hieraus folgt uE, dass die spanischen Einkünfte im Inland so behandelt werden, als ob sie in einem Nicht-DBA-Staat erzielt werden, also im Inland nicht von der Besteuerung freigestellt sind, allerdings die in Spanien festgesetzte und geleistete Einkommensteuer auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet wird (sog. Anrechnungsmethode).
Nach Ablauf von 5 Jahren gelten die allgemeinen abkommensrechtlichen Grundsätze und damit insbesondere Art. 4 iVm Art. 13 Abs. 6 DBA/Spanien. Verbleibt der Steuerpflichtige nach Ablauf des 5-Jahreszeitraums in Spanien, kommt es zu einer Beeinträchtigung des deutschen Steuersubstrats, da ab diesem Zeitpunkt nach dem dann wieder auflebenden DBA/Spanien Spanien als Ansässigkeitsstaat das Recht zur Besteuerung eines Gewinns aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung erlangt. Ab diesem Zeitpunkt greift dann die deutsche Wegzugssteuer des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AStG ein, selbst wenn der Steuerpflichtige in Deutschland seinen Wohnsitz behält und damit im Inland unbeschränkt steuerpflichtig bleibt.
Besteht nach Ablauf des spanischen Optionszeitraums von 5 Jahren trotz des Verbleibs in Spanien die Absicht, innerhalb von 7 Jahren nach Deutschland zurückzukehren, gewährt § 6 AStG auf Antrag die Möglichkeit, die deutsche Wegzugssteuer zu stunden. Der 7-jährige Stundungszeitraum kann einmalig um 5 Jahre auf 12 Jahre verlängert werden. Um die deutsche Wegzugsteuer zu vermeiden, muss der Steuerpflichtige tatsächlich innerhalb des og. 12 Jahreszeitraums mit den „wesensgleichen Anteilen“ nach Deutschland zurückkehren. Die Stundung erfolgt idR nur gegen Sicherheitsleistung und bei tatsächlicher Rückkehr zinslos.
Unter Inanspruchnahme von „Lex Beckham“ kann damit ein Wegzug nach Spanien für 17 Jahre ermöglicht werden, ohne dass tatsächlich in Deutschland eine Wegzugssteuer zu leisten ist. Das deutsche „7+5-Stundungsregime“ kann selbstverständlich auch ohne vorgeschalteter Option nach spanischem Steuerrecht in Anspruch genommen werden. Der Vorteil ist, dass in diesem Fall im Inland kein Wohnsitz beibehalten werden muss. Der Nachteil ist, dass die deutsche Wegzugssteuer tatsächlich zunächst entsteht und „lediglich“ unter den Voraussetzungen des § 6 AStG gestundet wird.
Fazit
So gesehen bietet sich das spanische Sonderregime „Lex Beckham“ als Möglichkeit an, einen „Schnupper-Wegzug“ bzw. einen „Wegzug-light“ vorzunehmen, ohne dass dieser in Deutschland zu nachteiligen ertragsteuerrechtlichen Konsequenzen führt.
Wettstreit um Talente
Das der Wettstreit um Talente ein zentrales Thema für uns alle sein wird, steht außer Frage. Ein Lösungsbeitrag könnte (Home-) Office auf Mallorca sein. Durch das beschriebene neue Gesetz ergeben sich attraktive Möglichkeiten für die Mitarbeitenden und die Unternehmen. Wir empfehlen und diskutieren Folgendes: Die Unternehmen bieten den High-Potentials einen zwei bis viermonatigen Aufenthalt auf Mallorca an. Die Arbeit findet in einem attraktiven Co-Working-Ökosystem statt. So können z.B. Projektarbeiten unter Einbindung von Experten aus verschiedenen Ländern oder Regionen zusammenfinden. In mediterranem Umfeld kann durch ein Mix von Austausch, Partizipation, Kreativität und Kommunikation ein ideales Ergebnis entstehen. So kann ein neuartiger „Point of Inspiration“ entstehen.
Den vielen positiven Aspekten dieser Flexibilisierung stehen länderübergreifende Compliance-Anforderungen gegenüber. Dafür bieten wir Lösungen.
Unser Lex-Beckham-Team steht für eine Erstberatung zur Verfügung (ca. 1 Stunde, 350 Euro zzgl. USt.).
Autoren:
Dr. Ralf Demuth, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater – Partner bei c·k·s·s.
Thomas Fitzner, Assistent der Geschäftsführung – PlattesGroup
Dipl. Kfm. Willi Plattes, Asesor-Fiscal (Steuerberater) CEO der PlattesGroup