Die deutsche Wegzugsteuer wackelt!
Es ist ein Urteil, das Steuerberater und Mandanten aufhorchen lässt: Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Wegzugsbesteuerung bei einem Wegzug in die Schweiz – obwohl im Gesetz so nicht vorgesehen – dauerhaft und zinslos zu stunden ist (mehr in unseren News...).
Das könnte als Präzedenzfall auch Auswirkungen auf die gesamte EU haben, erläutert der Steuerexperte Prof. Dr. Christoph Juhn (Juhn Partner), der mit seinen Youtube-Videos zum Thema Steuerrecht deutschlandweit bekannt ist. Im Talk mit Willi Plattes (CEO der PlattesGroup) und Jörg Jung geht es außerdem um die berühmt-berüchtigte 183-Tage-Regel in Spanien.
Jörg Jung
Und ja, es wird wieder richtig schönes Wetter auf Mallorca und da ist man gerne auf der Lieblingsinsel. Vier Wochen, acht Wochen, vielleicht drei Monate. Und irgendwann ist sie da, die magische 183. Wir reden darüber. Und zwar mit zwei absoluten Steuerexperten hier bei uns im Studio in Palma. Zum einen Professor Dr. Christoph Juhn, Steuerberater in Deutschland für nationales und internationales Steuerrecht. Darum geht es ja. Herr Juhn, schön, dass Sie da sind bei uns hier.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Vielen Dank für die Einladung.
Jörg Jung
Kommen wir gleich noch darauf zu sprechen, warum Sie überhaupt hier in Palma sind. Willi Plattes begrüßen wir aber vorerst auch, den CEO der PlattesGroup. Hallo Willi.
Willi Plattes
Hallo Jörg.
Jörg Jung
Da haben wir tatsächlich zwei absolute Steuerexperten zu genau diesem Thema, denn Prof. Dr. Christoph Juhn hat einen unfassbar tollen YouTube-Kanal. Ich habe mich da die Tage auch mal durchgeschaut und muss sagen, ich bin schwer begeistert. Selbst ich lerne als Laie sehr, sehr viel über genau dieses Thema. Wir verlinken diesen YouTube-Kanal natürlich auch in dem berühmten Shownotes. Und in einem der Videos - wir haben ja auch jetzt eins zusammen aufgenommen mit Willi Plattes hier in Palma, deswegen dürfen wir uns hier jetzt auch über diese Podcastfolge freuen - da geht es um diese ominöse 183, die am Ende sehr, sehr teuer werden kann, denn es geht unter anderem um die Wegzugbesteuerung. Und ja, Herr Juhn, Sie sind gerne eingeladen, uns erst mal zu erklären, was hat es mit dieser ominösen 183 denn jetzt am Hut? Warum kann die so teuer werden?
Prof. Dr. Christoph Juhn
Ja, letztendlich, wenn man über 183 Tage hier bei euch in Spanien vor Ort ist, dann ist man hier in Spanien ansässig. Das kann natürlich sein, dass ich weiterhin in Deutschland auch noch unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig bin, weil ich doch meinen gewünschten Aufenthalt dort auf der Couch zu Hause habe oder weil ich noch einen Schlüssel für eine Wohnung in Deutschland habe. Aber das Doppelbesteuerungsrecht, das steht über allem. Und wenn das Doppelbesteuerungsrecht sagt, dass der Schwerpunkt meines Lebensmittelpunktes hier in Spanien ist, dann hat das am Ende des Tages die sogenannte Wegzugsbesteuerung ausgelöst. Und das ist eine ganz große Katastrophe für viele deutsche Unternehmer. Wenn das passiert.
Jörg Jung
Kommt es denn eher schleichend? Also gibt es auch sehr viele Fälle aus dem Daily Business, wo man Kunden hatte, und Mandanten, die gesagt haben, das war einfach schleichend. Sorry, ich habe jetzt das Problem, aber ich habe es gar nicht gemerkt.
Willi Plattes
Wir haben ja einfach hier aufgrund der Mandantschaft eine Menge Erfahrung damit. Das ist ein schleichender Prozess. Eine Ferienimmobilie wird hier gekauft, dann kommen die Kinder, dann kommen die Großeltern, Mama, Papa kommt. Und dann entwickelt sich hier das Leben. Man findet das alles toll. Medizinische Versorgung ist gut, schulische Ausbildung ist gut. Und dann kommt dieser schleichende Prozess. Und auf einmal hat man die 183 Tage gerissen und das hat Konsequenzen. Weil wir in Spanien beurteilen die Ansässigkeit ganz anders anders als in Deutschland. Wir sagen schlicht 183 Tage, wobei da auch Vorsicht gegeben ist. Machen wir ein Beispiel: Wir haben 360 Tage im Jahr, dann bin ich drei Monate in Dubai in Ferien, dann bin ich drei Monate in der Schweiz in Ferien, dann bleiben 180 Tage. Und jetzt muss ich drauf achten aus spanischer Sicht, dass ich 91 Tage in Deutschland bin und 89 Tage in Spanien. Und dann bin ich nicht in Spanien ansässig. So ist die Regelung. Und meine Damen und Herren, bitte auf Folgendes achten: Wir haben alle irgendwo eine elektronische Fußfessel und das ist das Handy. Wir haben an dem prominenten Fall Shakira erlebt, wie teuer so etwas werden kann.
Jörg Jung
So, jetzt sind wir aber in der Situation, dass wir auch sagen können, schön, dass wir Experten hier haben. Wie kommt man aus der Nummer denn wieder raus? Also wir müssen darauf aufpassen, dass es nicht schleichend ist. Das ist jetzt unser eigene Verantwortung. Aber wenn ich es doch bewusst tun will und sage, natürlich will ich mehr als 183 Tage hier auf Mallorca zum Beispiel sein, weil es mir gefällt. Die Kinder wollen zur Schule, die, wie du es schon gesagt, die Oma will auch noch mit am Ende. Was kann ich überhaupt tun, um genau diese Wegzugsbesteuerung nicht auslösen zu müssen? Weil der Lindner ist streng.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Ja, es gibt eine Menge Gestaltungen, die aus deutscher Sicht funktionieren. Und es gibt eine neue Gestaltung, nämlich ein neues Urteil vom Bundesfinanzhof, was im Januar dieses Jahres veröffentlicht wurde. Fangen wir mit den Modellen an, die es bereits länger gibt. Ich kann eine GmbH und Co. KG zwischen mich und meine GmbH schalten. Dann findet die klassische Werkzeugsbesteuerung nicht mehr Anwendung. Ich muss aber andere Voraussetzungen erfüllen. Das ist einer der Klassiker. Eine zweite Möglichkeit ist, was häufig gemacht wird bei kleineren GmbH-Anteilen, sie werden übertragen auf andere Familienmitglieder, die in Deutschland verbleiben und dann kann ich auswandern. Nachteil: Ich habe natürlich kein Unternehmen mehr und damit auch keine Dividenden mehr, die ich beanspruchen kann.
Jörg Jung
Und Nachteil natürlich dann aber für die, die es in Deutschland haben, die dürfen auch nie hierher kommen. Also die sind dann gebunden an die Heimat.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Das ist wohl wahr und die dürfen es auch nicht vererben an mich, weil ich bin da dann steuerlich ansässig im Ausland. Es gibt weitere Möglichkeiten, zum Beispiel Übertragung auf eine deutsche Stiftung und dann ist der Anteilseigner der GmbH eben nicht mehr ich, sondern die Stiftung. Dann bin ich komplett frei in dem, was ich tue. Davon gibt es jede Menge weitere Möglichkeiten. Und was jetzt einfach relativ neu ist, ist die Urteilung vom BFH, weil, es gibt in Europa das europäische AEUV und dort in Artikel 49 steht, letztendlich drin: Wenn ich von Köln nach München umziehe, löst das keine Wegzugsteuer aus. Dann darf aber auch der Wegzug von Köln nach Madrid, Palma oder Ibiza ebenfalls keine Wegzugsteuer auslösen, weil ich darf mich ja in jedem EU-Land frei niederlassen, wohin auch immer ich möchte. Und blöderweise haben wir aber eine Wegzugsteuer. Und jetzt kollidiert dieses Europarecht, diese Grundfreiheiten im Europarecht mit der deutschen Wegzugsteuer. Und es war lange, lange, lange, lange unumstritten, dass wir Deutschen hingegangen sind und gesagt haben, na ja, dann kann man auswandern, zum Beispiel nach Spanien, bekommt das aber unbefristet gestundet diese Wegzugsteuer. Und erst wenn ich dann weiter verziehe in ein Drittland oder wenn ich dann tatsächlich verkaufe oder die GmbH zu mache, dann muss ich diese Steuern nachträglich bezahlen. Und zum 1. Januar 2022 wurde diese Regelung verschärft und jetzt gibt es eben keine unbefristete Stundung mehr. Übrigens ohne Zinsen, ohne Sicherheitsleistung. Also sehr nett eigentlich gesetzlich. Und jetzt seitdem muss ich die Steuer immer bezahlen und ich kann dann nur noch Strecken auf 7-Jahres-Raten und das ist extrem teuer für ganz viele, die auswandern wollen.
Jörg Jung
Jetzt haben wir natürlich ein Gerichtsurteil. Das heißt also, ist es denn absehbar, dass sich dann auch in kürzerer Zeit mal irgendwann was ändert?
Prof. Dr. Christoph Juhn
So einfach ist es nicht. Das Urteil ist nicht zu einem Wegzug nach Spanien oder zu einem Wegzug in der EU gefallen, sondern das Urteil ist zu einem Wegzug in die Schweiz gefallen. Jetzt sagt man natürlich, okay, Schweiz ist nicht EU ist auch nicht EWR-Staat. Was hat das mit der EU zu tun? Ja, wir hatten ein Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz und uns eigentlich mit der Schweiz committed und haben gesagt, das wird genauso behandelt wie die EU. Und früher musste ich in 5-Jahres-Raten zahlen beim Wegzug in die Schweiz und der EuGH und der BFH haben beide ganz klar genau in diesem Fall gesagt, nein, bei Wegzügen in die Schweiz sind 5-Jahres-Raten nicht konform. Man muss das unbefristet stunden bei einem Wegzug in die Schweiz, weil wir haben ja ein Freizügigkeitsabkommen. Haken dran. Jeder gute Berater guckt natürlich jetzt in Deutschland sich dieses Urteil an, dieses Abkommen an mit der Schweiz, und stellt fest, das Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz ist fast eins zu eins identisch mit dem Artikel 49 AEUV, der für die EU gilt, also für Spanien. Was bedeutet, wenn ich bei Wegzug in die Schweiz eine unbefristete Stundung bekomme, muss ich auch für Wegzüge nach Spanien, also in andere EU Länder eine unbefristete Stundung bekommen. Genauso wie die alte Rechtslage ist. Das ist der aktuelle Stand.
Jörg Jung
Das heißt EuGH gibt uns Hoffnung.
Willi Plattes
Nicht nur EuGH, sondern auch BFH gibt uns Hoffnung, weil der BFH hat die Begründung in diesem Urteil so ausführlich gemacht. Das hat wirklich, ich sage mal Wellen geschlagen, wie der BFH sich da ausgedrückt hat. Und das ist glaube ich eine ganz klare Zielrichtung an die Verwaltung, da aktiv zu werden. Und wir waren vor drei Wochen in Hamburg bei einem Treffen auf ganz hoher Ebene mit der Finanzverwaltung. Und die Finanzverwaltung sagt, ja, dieses Urteil kennen wir, aber wir werden uns verklagen lassen. Wir werden an der augenblicklichen Gesetzeslage nichts ändern. Und das fordert natürlich uns als Berater noch mehr hinaus.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Ja, da freut mich das erste Verfahren, was wir führen dürfen in dem Fall. Das Vorgehen an dieser Stelle ist relativ einfach. Man braucht erst mal jemanden, der auswandert, der die Wegzugsteuer auslöst. Das ist nicht die Riesenkatastrophe, weil man kann ja die 7-Jahres-Raten zahlen und innerhalb von sieben Jahren sogar zurückkommen nach Deutschland und bekommt die gezahlten Jahresraten erstattet. Also das Risiko ist überschaubar.
Willi Plattes
Ja, oder wir können sogar über AdV gehen aufgrund des Urteils.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Und parallel kann man hingehen, Einspruch einlegen gegen den Steuerbescheid und der Einspruch wird abgelehnt, weil das hat das Finanzamt ja schon gesagt, wir lassen uns verklagen, das heißt, wir werden nicht dem Anspruch stattgeben, sondern wir werden verklagen lassen. Dann kommt diese magische Einspruch-Entscheidung mit drinsteht, nee, sorry, dem folgen wir nicht. Ja und dann muss man gegen diese Einspruchsentscheidung innerhalb von einem Monat Klage beim Finanzgericht einreichen und sagen, na ja, es gibt das EuGH Urteil, es gibt das BFH-Urteil. Daraus ergibt sich das. Und dann ist meine Prognose, dass dieses Verfahren sehr, ich will nicht sagen sehr einfach, aber mit einer hohen Wahrscheinlichkeit sehr gut ausgehen wird.
Willi Plattes
Korrekt. Also das ist eine Möglichkeit. Jetzt muss natürlich der Steuerpflichtige diesem Risiko, was ja im Augenblick auch gegeben ist, sich dessen bewusst sein und darüber muss diskutiert werden.
Jörg Jung
Und dann gibt es ja bis dahin, bis wir irgendwann eine Entscheidung haben, wenn man so will, ja auch Auswandern auf Raten. Es gibt ja auch hier entsprechend in Spanien ganz tolle Gesetze, die die Wegzugsteuer schon ein bisschen aushebeln können. Willi Plattes ist gefragt.
Willi Plattes
Ja, das ist das Thema Lex Beckham, wo wir unter Umständen Möglichkeiten haben, dass über diese neue Regelung Beckham Law eine befristete Ansässigkeit, also fünf Jahre plus Antrags-Jahr, dass man wegziehen kann. Diese Möglichkeit ist auch gegeben.
Jörg Jung
Hat aber spezielle Bedingungen, an die es geknüpft ist. Ich kann nicht einfach sagen, ich bin jetzt fünf Jahre weg und mache jetzt in Spanien Lex Beckham. Also da müssen schon spezielle Voraussetzungen gegeben sein.
Willi Plattes
Ja, und das muss genau überprüft werden, denn wir müssen ja folgendes sehen: Werden dann die Voraussetzungen, die bei Lex Beckham alle gegeben sein müssen, wie zum Beispiel, das Einkommen in Spanien muss höher sein als das Einkommen in Deutschland oder im Ausland. Dann muss weitergegeben werden: es darf im Ausland keine selbständige Tätigkeit vorliegen, also keine gewerblichen Einkünfte. Das sind nur zwei Themen. Das muss genau überprüft werden. Denn wenn wir dann Lex Beckham nehmen und das wird im Nachhinein aberkannt, dann haben wir, wie ich das immer zu sagen pflege, ein steuerliches Großschadensereignis, weil dann automatisch die Wegzugsteuer anfällt. Und was hinzukommt, wir sind dann mit dem Weltvermögen vermögensteuerpflichtig. Also deswegen, die Voraussetzungen müssen genau überprüft werden, ob Lex Beckham anwendbar ist oder nicht.
Jörg Jung
Am Ende ist die - das betont ihr auch beide auch in den Videos - Zusammenarbeit zwischen spanischem Steuerberater und deutschem Steuerberater so wichtig. Denn und da möchten wir auch zwar keine Teufel an die Wand malen, aber vorsichtig sein. Denn es geht sogar, dass ich selber gar nicht aus Deutschland wegziehe, aber ich dann trotzdem was mit der Wegzugsteuer zu tun habe?
Willi Plattes
Im Erbfall zum Beispiel. Christoph, vielleicht erläuterst du das mal?
Prof. Dr. Christoph Juhn
Ja, also Deutschland hat ja Wegzugsbesteuerung eingeführt. Ich sage das mal vorsichtig - völlig zurecht. Denn wenn ich auswandere nach Spanien zum Beispiel, dann habe ich eine GmbH für 25.000 € gegründet, die 10 Millionen € wert ist. Deutschland freut sich auf die Steuer aus 9.079.000 €. Und wenn man dann auswandert, liegt das Besteuerungsrecht im Ausland und Deutschland sieht nie wieder was von der Steuer. Deswegen erheben die juristisch in letzten Sekunde die Wegzugsteuer. Also vom Grundsatz her ist die Wegzugsteuer nachvollziehbar. Aber ich muss nicht auswandern, weil wenn ich als Deutscher den Unternehmensanteil nicht mit meiner Auswanderung ins Ausland übertrage, sondern durch eine Schenkung oder durch einen Erbfall an meinen Erben oder Beschenkten übertrage, der hier in Spanien lebt, wird im Falle der Schenkung oder des Erbfalls genauso die Wegzugsteuer ausgelöst, auch wenn sie so nicht heißt wie bei Wegzug. Aber bei Erbfall und Schenkung trifft sie genauso zu.
Willi Plattes
Das ist nicht stundbar, das wird direkt fällig.
Jörg Jung
Das heißt, ich habe am Ende Erbschaftsteuer und Wegzugsteuer, korrekt?
Willi Plattes
Und das kann dann schon mal - wenn ich keine Vergünstigungsregelung beim Vermögen, beim Unternehmensvermögen habe - wenn ich jetzt mal knapp die Wegzugsteuer mit 26, 27 % sehe und dann noch 30 % Erbschaftsteuer darauf. Also ich glaube kaum, dass es ein Unternehmen gibt oder eine Familie gibt, die diese hohen Beträge in der Kasse haben. Das ist meistens nicht finanzierbar, wodurch dann das gesamte Lebenswerk zerstört werden kann.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Das musst du aus netto versteuertem Einkommen zahlen. Das ist unglaublich viel.
Willi Plattes
Ja, ja, wenn du bezahlen willst, machst du unter Umständen eine Ausschüttung aus der Firma, hast noch mal Ausschüttungsbelastung und dann bist du auf einer Steuerbelastung von über 75 % und das kann kein Unternehmen leisten.
Jörg Jung
So, jetzt ist es ja meistens so, sterben versaut dir nicht nur den ganzen Tag, sondern kommt auch manchmal unerwartet. Aber es kommt. Und für alle, die jetzt zuhören und sagen, oh, jetzt tatsächlich, ich sitze gerade in Bottrop und meine Tochter ist in London. Wenn jetzt was passiert, welche Strukturen bieten sich denn dann an? Was kann unser Hörer aus Bottrop jetzt gerade in dem Moment oder morgen tun? Beim Prof. Dr. Juhn oder bei Willi Plattes am besten anrufen und sagen, was muss ich jetzt tun?
Prof. Dr. Christoph Juhn
Also der könnte eine Stiftung als Begünstigten einsetzen. Relativ einfache, relativ schnelle Variante. Er könnte komplizierter eine GmbH und Co. KG zwischenschalten. Es gibt viele Möglichkeiten am Ende des Tages, die machbar sind. Mit Veränderungen ist es letztendlich verbunden.
Willi Plattes
Ja, es bedarf aber einer Strukturierung. Und diese Strukturierung, die muss wohl überlegt werden. Das ist dann meistens auch noch mit Erbfällen verbunden, dass man unter Umständen Unternehmensanteile vererbt, heute schon, um die Unternehmensprivilegierung zu übernehmen und das unter Nießbrauchsvorbehalt macht usw.. Also da gibt es eine riesen Menge von Möglichkeiten, aber wir bewegen uns da, ich drücke das mal so aus, am Hochreck des Steuerrechts.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Wir haben ja in der Summe drei Kategorien von Unternehmern, die eine, die wir eben angesprochen haben, die schleichend auswandern. Dann sind wir zur zweiten Kategorie gekommen, das sind diejenigen, die es bewusst strukturieren, sei es für Schenkung, Erbfall oder bewusst für den Wegzug. Und wir haben noch die dritte Kategorie, die gar nicht auswandern wollen aus Deutschland, die aber jederzeit einen Plan B in der Schublade haben wollen. Davon haben ja sehr viele Anfragen bei unserer Kanzlei in Deutschland. Die sagen, Herr Juhn, wenn ich irgendwann innerhalb von ein paar Monaten, wenn es ein neues Steuergesetz gibt sozusagen auswandern möchte, noch kurz vorm Jahreswechsel, wie kann ich diesen Plan B in die Schublade legen? Und die wollen die Struktur auch schon vorbereitet haben.
Willi Plattes
Na ja, Mobilität ist heutzutage ein Riesenthema und das ist - da kann ich Christoph nur zustimmen - das Thema schlechthin. Denn lass uns doch über folgendes klar sein: Die Unternehmerfamilien, die erziehen doch ihre Kinder heute nicht nur als Deutsche oder als Spanier, sondern als Weltbürger. Die gehen irgendwo auf der Welt studieren. Ich sage mal, meine Tochter hat zum Beispiel in Shanghai studiert. So, und was passiert dann? Das ist Mobilitätsanforderung, die verlieben sich da, die bleiben da und schon habe ich dieses latente Risiko, das wir eben beschrieben haben. Und da muss Vorsorge betrieben werden.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Und du darfst ja dein Kind zum 18. Geburtstag gar nicht an deinem Unternehmen beteiligen, weil in dem Moment, wo du mehr als 1 % an der GmbH auf dein Kind überträgst oder ab einem Prozent hast du das in Deutschland gefangen wegen der Wegzugsteuer und da verbietest du das Studium im Ausland zumindest für länger als sieben Jahre.
Willi Plattes
Genau das ist es und das ist wirklich eine Komplexität. Und wir wollen einfach, glaube ich, heute in diesem Podcast darauf hinweisen, dass da Handlungsbedarf besteht. Denn wenn dieses eben geschilderte steuerliche Großschadensereignis eintritt und das ungeplant und meistens ist der Tod ungeplant, dann haben wir ein Desaster und das gesamte Lebenswerk ist dahin oder kann hin sein.
Jörg Jung
Und deswegen schauen Sie gerne nach diesem Podcast die YouTube-Videos von Prof. Dr. Christoph Juhn. Sie werden stundenlang beschäftigt sein und gerne in den Shownotes die Links abholen mit den Kontaktdaten, natürlich mit allem drum und dran. Ich bedanke mich, Herr Professor Dr. Christoph Juhn.
Prof. Dr. Christoph Juhn
Sehr gerne.
Willi Plattes
Vielen Dank, Christoph, für dieses Gespräch.
Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp
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