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Bestandsschutz: Ein Begriff, der häufig falsch interpretiert wird

Alles zur baurechtlichen Prüfung vor dem Hauskauf auf Mallorca.

Podcast-Cover von MEERWERT mit Immobilienexpertin, thematisiert Immobilien auf Mallorca und Ibiza, dargestellt mit Infografik und Küstenlandschaft.

Vor dem Erwerb einer Immobilie ist es entscheidend, dass der Käufer den aktuellen Zustand des künftigen Eigenheims genau kennt. Ein unverzichtbarer Schritt ist dabei die Einsicht ins Grundbuch. Dieses Dokument offenbart den Fachleuten, welche Baumaßnahmen legal, illegal oder nur teilweise legal sind. Diese Informationen sind von großer Bedeutung für spätere Umbau- oder Verkaufspläne.

In der neuen Folge von MEERWERT erläutern Yvonne Plattes, Geschäftsführerin der PlattesGroup, und Willipedia Podcast-Producer Jörg Jung zusammen mit dem Architekten und Gutachter Curd Manthey die wesentlichen Aspekte dieses Themas. Manthey erklärt dabei unter anderem, warum der Begriff "Bestandsschutz" in vielen Fällen überbewertet ist.

Jörg Jung
Immer wieder sonntags ist es so weit – auch heute wieder MEERWERT – Immobilien Mallorca & Ibiza, Episode 17. Man mag es kaum glauben! Und natürlich haben wir wieder einen Gast im Studio – neben Yvonne Plattes, der Geschäftsführerin der PlattesGroup, die ja jeden Sonntag mit dabei ist. Hallo und schönen guten Tag!

Yvonne Plattes
Guten Morgen, Jörg!

Jörg Jung
Und heute bei uns: Curd Manthey – Architekt, Gutachter, Sachverständiger hier auf Mallorca. Einen wunderschönen guten Tag!

Curd Manthey
Hallo Jörg, hallo Yvonne – Ladies first eigentlich, aber gut.

Jörg Jung
So machen wir das. In der letzten Episode ging es um die bautechnische Prüfung – heute geht es um die baurechtliche Prüfung. Das hatten wir vergangenen Sonntag schon angekündigt. Die Frage ist: Warum ist gerade diese Prüfung für euch und eure Mandanten so wichtig?

Yvonne Plattes
Ich glaube, den meisten Mandanten ist gar nicht bewusst, was sie wirklich brauchen. In der Beratung erklären wir ihnen dann, was sinnvoll ist – abhängig davon, wofür sie sich interessieren. Dann empfehlen wir zum Beispiel eine bautechnische Prüfung mit definiertem Umfang – und ebenso eine baurechtliche Prüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen. In diesem Fall haben wir Curd eingeladen. Er kann uns erklären, was bei dieser Prüfung geschieht – und ob sie notwendig ist oder nicht, entscheidet am Ende natürlich der Mandant. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir in dieser Runde einmal klären, was genau bei einer baurechtlichen Prüfung passiert.

Jörg Jung
Dann die Frage an den Profi: Curd, was genau versteht man unter einer baurechtlichen Prüfung?

Curd Manthey
Vielleicht fangen wir mit dem „Warum?“ an. Warum macht man so eine Prüfung? Wer auf einer Urlaubsinsel wie Mallorca eine Immobilie kauft, kauft auch ein Stück Lebensart – oft in Urlaubsstimmung. Dabei vergisst man leicht, dass man mit einer Immobilie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten übernimmt – mit möglichen Konsequenzen.
Ein erster Ansatzpunkt ist der Grundbuchauszug – da steht drin, was man kauft. Allerdings erleben wir immer wieder, dass das, was dort steht, nicht dem entspricht, was ursprünglich mit Baugenehmigung errichtet wurde.
Indizien für Unstimmigkeiten ergeben sich oft aus dem Vergleich von Grundbuch und Kataster.

Jörg Jung
Kurze Zwischenfrage: Was ist wichtiger – Grundbuch oder Kataster?

Curd Manthey
Rechtlich relevant ist das Grundbuch, aber der Eintrag dort ist nicht verpflichtend. Der Katastereintrag hingegen ist gesetzlich vorgeschrieben – er dient der öffentlichen Hand zur steuerlichen Bewertung.
Beide Institutionen – Grundbuchamt und Kataster – arbeiten unabhängig voneinander. Anders als in Deutschland, wo alles über das Amtsgericht läuft, werden die spanischen Grundbücher von autorisierten Grundbuchführern verwaltet – vergleichbar mit Notaren.
Um herauszufinden, was legal errichtet wurde, holen wir die Unterlagen aus dem Bauarchiv der Gemeinde. So sehen wir, was ursprünglich genehmigt wurde – und was seitdem verändert wurde.

Jörg Jung
Was ist, wenn ich ein Haus kaufe, bei dem drei Viertel illegal angebaut wurde? Welche Nachteile habe ich als Käufer?

Curd Manthey
Es kommt darauf an. Grundsätzlich gibt es drei Situationen:

  1. Die Immobilie ist vollständig bauordnungskonform.
  2. Die Immobilie entspricht alten Bauordnungen, wäre heute aber so nicht mehr genehmigungsfähig – ist aber weiterhin legal.
  3. Die Immobilie oder Teile davon wurden ohne Genehmigung errichtet – also illegal.
    Wichtig ist: In Momenten, in denen Sie baulich etwas verändern möchten – etwa umbauen oder erweitern – kann die Genehmigung verweigert werden, solange nicht alles legalisiert wurde.

Jörg Jung
Gilt das auch für Nutzungsänderungen?

Curd Manthey
Ja – und die verjähren in Spanien nicht. Ein Beispiel: In Costa de la Calma gibt es viele Häuser mit mehreren Wohneinheiten in Zonen, in denen nur Einfamilienhäuser erlaubt sind. Auch nach 20 Jahren bleibt das ein Verstoß – außer, man kann nachweisen, dass man das Gebäude seit mindestens acht Jahren nicht mehr als Mehrfamilienhaus nutzt. Und das ist schwer.

Yvonne Plattes
Wenn ich aber etwas umbauen will – sagen wir im legalen Teil des Hauses – und es gibt daneben einen illegalen Anbau: Wird mein Bauantrag dann abgelehnt?

Curd Manthey
Nicht unbedingt. Für einfache Umbauten reicht oft eine Bauanzeige, keine Genehmigung. Nur wenn Sie tragende Elemente verändern oder ein Gerüst stellen müssen, braucht es mehr – etwa ein Sicherheitsprojekt durch einen Techniker.
Aber wenn der Umbau nur den legalen Bereich betrifft, ist das grundsätzlich möglich.

Yvonne Plattes
Und wie sieht’s mit Neubauten aus? Viele sagen: „Da ist ja alles genehmigt – da braucht man keine Prüfung.“

Curd Manthey
Man sollte meinen, dass alles in Ordnung ist – aber das ist leider nicht immer der Fall. Es gibt immer wieder Fälle, in denen z. B. Untergeschosse überbaut oder als Wohnraum umfunktioniert wurden – sogenannte „Bonusflächen“. Das kann bedeuten, dass das Grundstück über die zulässige Fläche hinaus ausgenutzt wurde – eine spätere Legalisierung wäre dann nicht möglich.

Yvonne Plattes
Zum Beispiel, wenn der Technikraum plötzlich ein Schlafzimmer ist...

Curd Manthey
Genau. Und in manchen Gemeinden ist Wohnen im Untergeschoss sogar grundsätzlich verboten.

Yvonne Plattes
Uns ist wichtig, dem Käufer die Ist-Situation transparent zu machen. Und dann soll er entscheiden, ob er das akzeptiert. Die Gemeinde steht nicht sofort vor der Tür – aber man befindet sich eben in einer Grauzone.

Curd Manthey
Jeder Käufer muss seine eigene Schmerzgrenze finden. Viele Verkäufer weisen fairerweise auf nicht genehmigte Flächen hin. Aber diese Informationen sollte man unbedingt prüfen – vor dem Kauf.

Jörg Jung
Besteht da eine Offenlegungspflicht des Verkäufers?

Yvonne Plattes
Nein – der Käufer muss prüfen. Der Makler ist Vermittler und kein Gutachter. Wenn der Verkäufer ehrlich ist, weist er darauf hin. Aber verlassen sollte man sich nicht darauf – deshalb unsere Empfehlung zur Prüfung.

Jörg Jung
Was ist, wenn ich erst nach dem Kauf erfahre, dass 70 % der Immobilie illegal sind?

Curd Manthey
Dann wird es schwierig. Man kann versuchen, Ansprüche geltend zu machen – wenn nachweislich etwas verschwiegen wurde. Aber besser ist es, solche Dinge im Vorfeld zu erkennen. Dann kann man den Kaufpreis verhandeln oder vom Kauf Abstand nehmen.

Yvonne Plattes
Und manchmal stellt sich bei der Prüfung auch heraus, dass eine nachträgliche Legalisierung möglich ist – je nach Gesetzeslage.

Jörg Jung
Was ist überhaupt legalisierbar?

Curd Manthey
Grundsätzlich kann nur das legalisiert werden, was auch heute genehmigungsfähig wäre. Das heißt: Wenn ich heute einen Bauantrag für das Objekt stellen würde – bekäme ich dann die Genehmigung? Wenn ja, ist auch eine Legalisierung möglich.
Aber das hängt von vielen Faktoren ab – jede der 53 Gemeinden auf Mallorca hat ihre eigene Bauordnung. Und die Gesetzeslage ändert sich häufig.

Jörg Jung
Stichwort Bestandsschutz?

Curd Manthey
Ein irreführender Begriff. Bestandsschutz gibt es im eigentlichen Sinne kaum – außer bei Denkmalschutz. Was oft als „Bestandsschutz“ bezeichnet wird, ist rechtlich gesehen nur eine Duldung wegen Verjährung.
Und selbst das ist im ländlichen Bereich seit 2014 nicht mehr möglich – dort verjähren Verstöße nicht mehr.

Jörg Jung
Welche Gebiete sind davon betroffen?

Curd Manthey
Vor allem Naturschutzgebiete und geschützte Außenbereiche. Seit 2018 verjähren auch Bauten im normalen ländlichen Bereich nicht mehr. Deshalb ist die Prüfung des Zeitpunkts der Errichtung entscheidend.

Jörg Jung
Wie lange dauert so eine baurechtliche Prüfung?

Curd Manthey
Das hängt vor allem von den Gemeinden ab. Teilweise dauert es drei bis vier Wochen, bis man Einsicht ins Archiv erhält. Man braucht eine Vollmacht des Eigentümers, manchmal sind Unterlagen digitalisiert, manchmal nicht.
Die Immobilie muss auch vor Ort besichtigt werden – das hängt davon ab, wann der Zugang möglich ist. Pauschal lässt sich das nicht sagen: Es kann zwei bis drei Wochen dauern – manchmal aber auch zwei bis drei Monate.

Yvonne Plattes
Es gibt ja ein neues Gesetz zur Legalisierung im ländlichen Bereich. Wird damit jetzt alles einfacher?

Curd Manthey
Nein. Legalisierung ist nur möglich, wenn der Bauverstoß verjährt ist – im geschützten Außenbereich heißt das: vor 1991.
Das neue Gesetz erinnert stark an die Regelung von 2014 – auch damals haben viele Eigentümer sich wegen der hohen Kosten gegen eine Legalisierung entschieden.
Heute sind die Kosten zwar etwas niedriger, aber die Voraussetzungen sind ähnlich streng. Und wenn die Verjährung nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, sollte man vorsichtig sein – sonst „weckt man schlafende Hunde“.

Jörg Jung
Die baurechtliche Prüfung scheint – im Vergleich zur bautechnischen – fast noch brisanter. Da steckt eine Menge drin.

Yvonne Plattes
Deshalb: Nur mit kompetenter Begleitung durch Fachleute wie Curd Manthey. Wir helfen dabei, den Überblick zu behalten.

Jörg Jung
Blind kaufen – das geht auf Mallorca definitiv nicht. Vielen Dank, Curd Manthey, für deinen Besuch!

Curd Manthey
War mir ein Vergnügen!

Jörg Jung
Yvonne Plattes – wir hören uns nächsten Sonntag wieder.

Yvonne Plattes
Sehr gerne!

Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp

 

16. Juni 2024

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