Was muss weg, was bleibt stehen: Illegalität und Bestandsschutz

Sehr viele Immobilien auf Mallorca und Ibiza sind nicht wirklich zu 100% legal. Sei es der Pool, der zu groß gebaut wurde, sei es die Garage, die jetzt als Gästezimmer dient, selbst der großzügig ausgebaute BBQ-Bereich steht eventuell so nicht in den Amtsakten. Vor dem Immobilienkauf ist es wichtig, alles mal von einem Gutachter prüfen zu lassen. Yvonne Plattes, die Geschäftsführerin der PlattesGroup klärt auf.
Hören Sie dazu auch gerne: Folge 1, Folge 2, Folge 3, Folge 4 unserer beliebten Sonntagsreihe MEERWERT.
Jörg Jung
Und schon wieder ist es "immer wieder sonntags". MEERWERT – Immobilien, Mallorca und Ibiza. Und wieder treffen wir uns mit Yvonne Plattes, der Geschäftsführerin der PlattesGroup, zu einem Thema, das für viele besonders wichtig ist: Alles rund um Ihre Immobilie – auch die zukünftige – auf Mallorca und Ibiza. Dieses Thema hatten wir bereits einmal gestreift. Hallo Yvonne!
Yvonne Plattes
Hallo Jörg.
Jörg Jung
Wir haben ja bereits über legal und illegal gesprochen. Was sich da aktuell auf Mallorca regierungstechnisch tut, lassen wir heute mal außen vor. Die Regierung hat sich ja vorgenommen, Ordnung in das Thema zu bringen.
Yvonne Plattes
Genau. Wir hatten in einer früheren Folge schon darüber gesprochen, dass die derzeitige Regierung an die Amnestie aus dem Jahr 2014 anknüpfen möchte. Damals war es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, illegale Bauteile zu legalisieren. Diese Amnestie lief etwa anderthalb Jahre. Jetzt plant die Regierung etwas Ähnliches, um Klarheit zu schaffen. Ob das wirklich kommt, bleibt abzuwarten.
Jörg Jung
Im Moment ist noch vieles unklar. In Palma ist man sich nicht einig, wie es politisch weitergehen soll.
Yvonne Plattes
Wir müssen uns an die aktuelle Gesetzeslage halten.
Jörg Jung
Wie definiert sich denn eine illegale Immobilie?
Yvonne Plattes
Viele Menschen begegnen dem Begriff "Illegalität" oft zusammen mit "Bestandsschutz". Wer länger auf Mallorca lebt, sieht das oft entspannter. Aber wenn Sie aus Deutschland kommen und eine Immobilie kaufen möchten, und Makler, Verkäufer oder Anwalt sagen: "Das ist zwar illegal, hat aber Bestandsschutz", reagieren viele mit Unverständnis.
Ich behaupte: Rund 80 % aller Immobilien haben eine Form von Illegalität. Und das betrifft nicht nur Altbestände, sondern zunehmend auch Neubauten. Da wird zum Beispiel nach der Bauabnahme eine Wand entfernt, und plötzlich ist da ein neues Gästezimmer. Jeder weiß Bescheid – aber offiziell ist es nicht genehmigt.
Ein illegales Bauteil kann ein BBQ-Platz sein, der nachträglich errichtet wurde. Oder eine umgebaute Garage, ein angebauter Raum, eine veränderte Terrasse. Alles, was nicht offiziell von der Gemeinde genehmigt wurde, gilt per Definition als illegal.
Jörg Jung
Ich habe dazu recherchiert: 2006 gab es einen großen Korruptionsskandal rund um den damaligen Bürgermeister von Andratx. Damals wurden Genehmigungen zwischen Firmen und Behörden hin- und hergeschoben, und es entstanden Häuser, wo nie hätten gebaut werden dürfen. Viele fielen darauf rein und mussten die teuer gekauften Immobilien auf eigene Kosten abreißen. Daher: Vor dem Immobilienkauf ist eine sorgfältige Prüfung Pflicht!
Yvonne Plattes
Absolut. Man muss zuerst wissen, wo sich die Immobilie befindet: im Küstenschutzgebiet, im Naturschutz, auf öffentlichem Grund, im ländlichen (rústico) oder städtischen (urbano) Bereich. Die Vorschriften unterscheiden sich deutlich.
Jörg Jung
Kommt es wirklich noch vor, dass Immobilien im Küstenschutzbereich angeboten werden?
Yvonne Plattes
Wenn sie bereits stehen, ja. Selbst wenn es nur wenige Zentimeter sind – das reicht. Früher gab es die Möglichkeit, solche Immobilien unter bestimmten Bedingungen zu legalisieren. Wenn vor 2010 gebaut wurde und die Gemeinde nichts beanstandet hat, kann ein sogenannter Bestandsschutz bestehen. Im städtischen Bereich war das oft möglich, wenn acht Jahre lang nichts beanstandet wurde.
Wichtig ist der Nachweis – z. B. durch Baurechnungen, Luftbilder oder aussagekräftige Belege. Nur ein Zeuge oder eine Rechnung ohne konkreten Bezug reicht nicht.
Jörg Jung
Das heißt, es wird nicht legal, aber es darf nicht mehr abgerissen werden?
Yvonne Plattes
Richtig. Bestandsschutz bedeutet, dass die Gemeinde es nicht mehr rückbauen lassen darf. Aber: Man darf es nicht verändern oder modernisieren. Kein neues Dach, keine Heizungen, keine Fliesen. Es bleibt, wie es ist.
Diese Frage kommt oft: "Darf ich an meinem legalen Haupthaus etwas verändern, wenn auf dem Grundstück ein illegales Nebengebäude steht?" Die Antwort: Am legalen Haus darf man renovieren. Aber sobald ein illegales Element existiert, könnte das andere Vorhaben blockieren. Beispiel: Ein Pool ließe sich nachträglich legalisieren. Aber wenn gleichzeitig ein illegaler Anbau besteht, muss dieser oft entfernt werden, bevor der Pool genehmigt wird.
Jörg Jung
Also ist Bestandsschutz nicht immer ein Segen, sondern kann auch ein Hindernis sein.
Yvonne Plattes
So ist es. Solange Sie nichts verändern, ist alles gut. Aber beim Verkauf kann es kompliziert werden. Der Käufer wird eine Prüfung machen – und dann müssen Sie entweder am Preis etwas nachlassen oder riskieren, dass der Verkauf scheitert.
Man muss immer abwägen: Hat das illegale Element einen Mehrwert? Besteht das Risiko, dass es entdeckt und abgerissen wird? In schweren Fällen wie illegal gebauten Terrassen kann das zu einem erheblichen Wertverlust führen.
Warum es überhaupt so viele illegale Bauteile gibt? Früher gab es die kleine und die große Baugenehmigung sowie eine Bauanzeige. Heute nur noch Bauanzeige oder große Genehmigung – beides ist mit Kosten verbunden. Viele wollten sich das sparen und haben "mal eben" etwas gemacht – oft ohne böse Absicht.
Jörg Jung
Und wie sieht es mit Neubauten aus? Passiert das da auch?
Yvonne Plattes
Ja. Der Käufer kommt mit eigenen Ideen, will z. B. eine Wand verändern, ein Fenster einsetzen. Oft geschieht das nach der Bauabnahme. Wenn das niemand bemerkt, bleibt es so.
Niemand kontrolliert bei Eigentümerwechsel, ob alles legal ist. Außer: Ein Nachbar zeigt einen an. Dann prüft die Gemeinde. Deshalb: Keine Empfehlung zu illegalen Umbauten, aber: Es ist hier leider gängige Praxis.
Wichtig ist, dass ein Gutachter die Pläne mit dem Ist-Zustand vergleicht. Wurden nur Räume umgenutzt, z. B. aus der Bibliothek ein Schlafzimmer, ist das meist unproblematisch. Anders sieht es aus, wenn zusätzliche Flächen geschaffen wurden. Dann weiß der Käufer, worauf er sich einlässt.
Jörg Jung
Und genau das ist eure Aufgabe als Team. Denn für Laien wirkt das alles sehr komplex. Ihr liefert den Durchblick.
Yvonne Plattes
Richtig. Das ist unsere Aufgabe. Die meisten Mandanten beauftragen einen Anwalt oder einen Gutachter, der ihnen sagt, was Sache ist. Und genau das machen wir.
Jörg Jung
Noch eine Frage: Wenn etwas als illegal gilt – könnte man das durch Umweltschutz oder moderne Standards ausgleichen? Gibt es eine Art Kompensation?
Yvonne Plattes
Im Moment nicht. Aber die neue Regierung plant eine Amnestie unter bestimmten Voraussetzungen: Nicht im Küstenschutz, nicht im Naturschutz, nicht auf öffentlichem Grund, kein laufendes Verfahren. Dann könnte man legalisieren, wenn man nachträglich die Genehmigung einholt und bestimmte Gebühren entrichtet. 2014 war das auch möglich – gegen Zahlung eines Prozentsatzes vom Immobilienwert. Wie es diesmal geregelt wird, ist noch offen.
Jörg Jung
Spannendes Thema! Vielleicht wird es dieses Jahr noch aktueller. Wir bleiben auf jeden Fall dran – und nächsten Sonntag gibt es natürlich wieder eine neue Folge unserer Serie MEERWERT – Immobilien Mallorca & Ibiza. Danke, Yvonne!
Yvonne Plattes
Adiós!
Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp