Treaty Shopping
Das sogenannte Treaty Shopping beschreibt aus Sicht der Finanzverwaltung den gezielten Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen. Ziel solcher Gestaltungen ist es, sich ungerechtfertigte steuerliche Vorteile zu verschaffen – etwa durch die künstliche Zwischenschaltung von Gesellschaften in Staaten mit besonders günstigen Besteuerungsregelungen. Häufig geht es dabei um die Reduzierung von Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen oder Mieteinnahmen.
Wann liegt Treaty Shopping vor?
Ein typisches Beispiel: Eine in Deutschland ansässige Person oder Gesellschaft gründet eine Holding in einem Drittstaat – nur, um über diese Holding steuerlich günstiger Dividenden aus dem Ausland zu vereinnahmen. Das Problem: Wenn keine wirtschaftliche Substanz oder tatsächliche Geschäftstätigkeit in diesem Drittstaat vorliegt, unterstellt die deutsche Finanzverwaltung einen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten.
In solchen Fällen kann Deutschland die Vorteile aus dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen verweigern. Das führt dazu, dass die steuerlichen Entlastungen – wie reduzierte Quellensteuersätze – rückwirkend aberkannt werden. Es drohen Steuernachzahlungen, Verzugszinsen und in manchen Fällen auch strafrechtliche Konsequenzen.
Was sagt der Gesetzgeber?
Die deutsche Finanzverwaltung prüft bei allen internationalen Strukturen, ob wirtschaftliche Substanz vorhanden ist. Zentral ist hierbei der sogenannte wirtschaftliche Eigentümer, der Beneficial Owner: Nur wenn dieser in dem betreffenden Staat ansässig und dort tatsächlich unternehmerisch tätig ist, können die Entlastungen aus dem Abkommen beansprucht werden. Künstlich errichtete Zwischengesellschaften, sogenannte Briefkastengesellschaften, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Beispiel: Personengesellschaft mit Auslandsbezug
Besonders relevant ist das Thema Treaty Shopping bei grenzüberschreitenden Personengesellschaften wie Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Offene Handelsgesellschaft oder GmbH & Co. Kommanditgesellschaft. Seit der Reform zum 1. Januar 2024 wird diesen Gesellschaften in Deutschland zunehmend eine eigene Rechtsfähigkeit zugesprochen. Steuerlich gilt jedoch weiterhin das Transparenzprinzip: Besteuert wird nicht die Gesellschaft selbst, sondern die einzelnen Gesellschafter.
Problematisch wird es, wenn eine solche Personengesellschaft internationale Einkünfte erzielt – etwa aus einer Betriebsstätte im Ausland oder durch Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft. Hier stellt sich die Frage, ob Deutschland die ausländischen Besteuerungsvorteile anerkennt oder den Vorwurf des Treaty Shoppings erhebt.
Worauf Unternehmer achten sollten
Damit eine internationale Struktur mit Personengesellschaft steuerlich anerkannt wird, sind folgende Voraussetzungen besonders wichtig:
Dokumentierte Gesellschafterstruktur
Wer ist wirtschaftlich beteiligt? Wo sind die Gesellschafter steuerlich ansässig?Tatsächliche Substanz im Ausland
Eine reine Briefkastenadresse genügt nicht – es braucht Betriebsstätten, Geschäftsräume, Personal oder operative Tätigkeiten.Keine künstlichen Zwischenschaltungen
Zwischengesellschaften ohne wirtschaftlichen Hintergrund gelten als missbräuchlich.Sorgfältige Vertragsgestaltung
Alle Vereinbarungen, insbesondere zu Sondervergütungen wie Mieten oder Darlehenszinsen an Gesellschafter, müssen auch international steuerlich anerkannt sein. Ohne korrekte Strukturierung droht Doppelbesteuerung.
Empfehlung aus der Praxis
Internationale Investitionen und Beteiligungen über Personengesellschaften bleiben attraktiv – steuerlich wie wirtschaftlich. Doch sie müssen rechtssicher, transparent und substanziell aufgebaut sein. Wichtig ist eine frühzeitige steuerliche Prüfung, gegebenenfalls in Abstimmung mit ausländischen Beratern.
Unser Rat:
Prüfen Sie alle Strukturen sorgfältig – insbesondere vor der Investition.
Vermeiden Sie schematische Lösungen und Einheitsstrukturen.
Dokumentieren Sie wirtschaftliche Tätigkeiten und Substanznachweise.
Planen Sie ein regelmäßiges Monitoring der Struktur zur Absicherung gegenüber den Finanzbehörden.
(Stand: Juni 2025/wp,ng)