Steuerflucht der Reichen: Großbritannien verliert seinen Glanz – und Europa steht unter Druck
02. Juli 2025
Großbritannien erlebt derzeit einen bemerkenswerten Exodus: Wohlhabende Privatpersonen und internationale Manager verlassen das Land – auf der Suche nach steuerlicher Planungssicherheit, ökonomischer Freiheit und politischer Stabilität. Laut einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft Henley & Partners (externer Link) planen allein in diesem Jahr weltweit rund 142.000 Millionäre den Wechsel ihres Steuerdomizils. Spitzenreiter beim Verlust: Großbritannien, mit voraussichtlich 16.500 abwandernden Vermögenden.
Was steckt hinter der Entwicklung?
Die neue britische Labour-Regierung hat die jahrhundertealte Sonderregelung für sogenannte „Non-Doms“ – nicht-domizilierte Steuerinländer – stark eingeschränkt. Bisher konnten diese Gruppen ihre Auslandseinkünfte bis zu 15 Jahre lang steuerfrei in Großbritannien halten. Die Vergünstigung stammt noch aus der Kolonialzeit, als es darum ging, Vermögenswerte im Ausland vor Kriegssteuern des englischen Königshauses zu schützen. Damit ist jetzt Schluss: Finanzministerin Rachel Reeves streicht nicht nur diese Privilegien, sondern plant zusätzlich eine Erbschaftsteuer von bis zu 40 Prozent auf Auslandsvermögen.
Diese Änderungen wirken nicht nur symbolisch, sondern haben ganz reale wirtschaftliche Folgen. Denn laut Oxford Economics bringt jede dieser wohlhabenden Personen dem britischen Fiskus durch Investitionen, Konsum und Stiftungen durchschnittlich mehr als 100 Millionen Pfund ein. Es droht also nicht nur ein Verlust in fiskalischer, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht.
Auch Deutschland ist betroffen – aber anders
Deutschland wird laut dem Bericht voraussichtlich rund 400 Millionäre verlieren – bei einer deutlich restriktiveren Steuerpolitik hinsichtlich des Wegzugs, Stichwort Wegzugsbesteuerung. Aber die Tendenz ist klar: Die Attraktivität europäischer Hochsteuerländer nimmt ab, was auch am Beispiel von Spanien (minus 500) und Frankreich (minus 800) zu sehen ist. Gewinner dieser Entwicklung sind derzeit unter anderen die Vereinigten Arabischen Emirate, die USA, die Schweiz – und zunehmend auch Italien, das mit einer attraktiven Steuerpauschale von 200.000 Euro pro Jahr auf Auslandseinkünfte wirbt.
Für vermögende Privatpersonen, internationale Unternehmer und Family Offices verschieben sich derzeit die globalen Parameter der Steuerplanung. Steuerliche Attraktivität, politische Stabilität und rechtssichere Nachfolgegestaltung werden neu bewertet. Die Diskussion um eine potenzielle „Britannia Card“ - eine Art Steuerfreikauf für 250.000 Pfund - mag populistisch klingen. Die Debatte zeigt jedoch, wie stark der Druck inzwischen ist.
Ranking zu- und abgewanderter Millionäre 2025* nach Ländern
und ihr geschätztes Vermögen in Milliarden US-Dollar
Land | Zahl der Millionäre | Betroffenes Vermögen | ||
---|---|---|---|---|
1 | VAE |
| + 9.800 | 63,0 |
2 | USA |
| + 7.500 | 43,7 |
3 | Italien |
| + 3.600 | 20,7 |
4 | Schweiz |
| + 3.000 | 16,8 |
5 | Saudi-Arabien |
| + 2.400 | 18,4 |
6 | Singapur |
| + 1.600 | 8,9 |
7 | Portugal |
| + 1.400 | 8,1 |
8 | Griechenland |
| + 1.200 | 7,7 |
9 | Kanada |
| + 1.000 | 5,7 |
10 | Australien |
| + 1.000 | 5,6 |
… | ... |
| ... | |
51 | Deutschland | - 400 |
| 2,2 |
52 | Spanien | - 500 |
| 3,1 |
53 | Frankreich | - 800 |
| 4,4 |
… | … |
| ... | |
59 | Großbritannien | - 16.500 |
| 91,8 |
Quelle: Henley & Partners, News World Wealth |
*Personen mit einem liquidierten Anlagevermögen von mindestens einer Million US-Dollar
(vorläufige Zahlen für Gesamtjahr).
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