Nichtresident oder Resident? Der spanische Fiskus setzt auf Big Data, Social Media, Mobildaten und KI
15. Januar 2025In Sachen Modernisierung haben die Ministerien der spanischen Regierung ein ganz unterschiedliches Image. Während etwa die spanische Justiz als Negativbeispiel gilt und die Digitalisierung an den verschiedenen Gerichten bislang alles andere als rund läuft, hat das spanische Finanzministerium im Steuerwesen schon früh auf die elektronische Verwaltung gesetzt. Und auch im Bereich der Steuerprüfung kommen inzwischen die innovativsten Hilfsmittel zum Einsatz.
Gerade pendelnde Nichtresidenten müssen deswegen mit einer präzisen, datengetriebenen Überwachung rechnen, die weit über die bislang bekannten Abfragen in Schulen, die Prüfung von Strom- und Wasserrechnungen oder Befragungen von Nachbarn hinausgeht. Auf mehr als 70 unterschiedliche Datenquellen greift das Finanzamt inzwischen zu, wie spanische Fachmedien berichten. Ganz oben auf der Liste stehen dabei die sozialen Medien, Mobilfunkdaten oder auch Kreditkartenbewegungen.
Diese Datenflut in Verbindung mit der sich im Eiltempo entwickelnden Künstlichen Intelligenz eröffnet dem Fiskus ganz neue Möglichkeiten: Die KI ist in der Lage, ein detailliertes Profil eines Nichtresidenten zu erstellen und die Daten daraufhin zu analysieren, ob es sich - fiskalisch gesehen - nicht doch um einen Residenten handelt. Je nachdem, wie auffällig die errechneten Muster sind, kann die Behörde eine umfassende Inspektion einleiten oder ein Routine-Schreiben verschicken, in dem konkrete Belege für die Nichtansässigkeit abgefragt werden. Das Finanzamt kann darüber hinaus Zugriff auf Mobilfunkdaten oder Kreditkartenbewegungen verlangen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Fußabdruck in den Social Media, den die Beamten vermehrt in die Beurteilung mit einbeziehen.
Zehn-Tage-Frist bei Unterlagen
Die Schreiben des spanischen Finanzamts mit der Anforderung von Unterlagen können es in sich haben, zumal in der Regel innerhalb von zehn Werktagen eine Beantwortung einzureichen ist, wobei routinemäßig eine Verlängerung um fünf Tage beantragt werden kann. Eine solche ist anzuraten, denn die oft fremdsprachigen Unterlagen müssen nicht nur beschafft und zusammengestellt, sondern auch für das Finanzamt aufbereitet werden. Je professioneller dies geschieht, umso besser die Aussichten auf einen günstigen Ausgang des Verfahrens.
Einige Beispiele für angeforderte Unterlagen:
Bei steuerlichem Wohnsitz außerhalb Spaniens: Ansässigkeitsbescheinigung des Finanzamtes im Herkunftsland und Wohnadresse mit Nachweisen der Versorgungsträgerdaten
Kaufverträge aller Immobilien in Spanien inklusive Nachweis der Nutzung und Einreichung der Versorgerrechnungen für das laufende Jahr und die vergangenen Jahre.
Unterlagen von spanischen Unternehmen, an denen der Steuerpflichtige und weitere Familienmitglieder beteiligt sind.
Ein Problemfall könnte etwa so aussehen: Ein Mandant besitzt eine Ferienimmobilie in Spanien. Seine Frau und sein Kind leben überwiegend hier, das Kind besucht eine internationale Schule. Der Mandant hält sich weniger als 183 Tage pro Jahr in Spanien auf, rechnet jedoch sporadische Aufenthalte in Drittstaaten Deutschland zu. Wegen der Wegzugsteuer befürchtet er, dass die Beantragung einer Ansässigkeitsbescheinigung in Deutschland Aufmerksamkeit erregen könnte.
Von zentraler Bedeutung: die Ansässigkeitsbescheinigung
Die Ansässigkeitsbescheinigung ist von zentraler Bedeutung, da sie in den meisten Fällen weitergehende Prüfungen durch den spanischen Fiskus unnötig macht. Ohne die Bescheinigung jedoch gilt ein Mandant theoretisch als „steuerlich obdachlos“, und die spanischen Behörden haben es leichter, von einer steuerlichen Ansässigkeit in Spanien auszugehen. Ersatzweise könnte nur eine lückenlose Dokumentation aller Aufenthalte helfen, wobei jeder Tag des Jahres und der jeweilige Aufenthaltsort mit unanfechtbaren Nachweisen belegt werden müssten.
Nichtresidenten, die in Spanien beschränkt steuerpflichtig sind, beispielsweise infolge einer Ferienimmobilie oder Vermietungen, und von steuerlichen Vorteilen profitieren möchten, sollten grundsätzlich mit der Anforderung einer Ansässigkeitsbescheinigung rechnen.
Angesichts der kurzen Fristen empfiehlt es sich, Bescheinigungen für alle relevanten, also nicht verjährten Steuerjahre bereitzuhalten. Insbesondere in Österreich ansässige Personen sollten sich frühzeitig darum kümmern, da das österreichische Finanzamt keine rückwirkenden Bescheinigungen ausstellt.
Wer keine Ansässigkeitsbescheinigung vorlegen kann oder möchte, sollte sicherstellen, dass die Kernfamilie - also Ehepartner und minderjährige Kinder - nicht in Spanien ansässig wird, keine EU-basierten Steuervergünstigungen in Anspruch genommen werden und im jeweiligen Kalenderjahr weniger Tage in Spanien als im gemeldeten Ansässigkeitsstaat verbracht werden.