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Besser vererben oder doch lieber schenken?

Ein Mallorca-Fallbeispiel mit Stolpersteinen.

Die Vermögensübertragung stellt uns alle irgendwann vor große Herausforderungen. Soll das Vermögen an den Sohn gehen? An die Tochter? Eines ist sicher: Ein Teil des Vermögens geht immer an den Fiskus, egal ob durch Erbschaft oder Schenkung. Im speziellen Fall von Vermögensübertragungen von Deutschland nach Spanien können unter Umständen sogar zwei Finanzbehörden Ansprüche erheben. Steuerexperte Thomas Fitzner von der PlattesGroup zeigt uns in dieser Folge die möglichen Stolperfallen und präsentiert Lösungen.

Jörg Jung: 
Erben oder schenken. Das ist am Ende irgendwie immer die große Frage. Und es gibt, glaube ich, ganz viele Ansätze, die man da besprechen kann. Und deswegen reden wir darüber. Mit dem Steuerexperten der PlattesGroup, Thomas Fitzner. Hallo, ich grüße dich.

Thomas Fitzner: 
Hallo. Grüß dich, Jörg.

Jörg Jung: 
Ja, ein Fallbeispiel, ein reelles wird dann heute mal an dieser Stelle besprochen. Vielleicht findet sich der ein oder andere oder die eine oder andere dann auch wieder in diesem Beispiel und ich werde einfach den Thomas Fitzner damit konfrontieren. Folgende Sachlage: Mami oder Papi möchten in Deutschland eine Immobilie veräußern bzw. haben die schon veräußert. Das Geld liegt auf dem Konto. Eine neue Immobilie in Spanien, genauer gesagt auf Mallorca soll her und dann sagen Papi oder Mami zum Sohnemann oder der Tochter, dann mach doch die Immobilie direkt auf dich. Dann haben wir uns viel gespart. Birgt natürlich schon mal den ersten großen Stolperstein. Vorausgesetzt, dass Tochter oder Sohnemann in Deutschland gar nicht mehr gemeldet sind. Ich glaube, in Deutschland wäre es halt einfacher, weil da gibt es wenigstens noch auf Schenkung zum Beispiel einen Freibetrag von 400.000 €. Aber hier in Spanien, Tochter oder Sohnemann sind hier Residenten, wohnen hier schon lange, haben hier den ersten Wohnsitz. Genau jetzt wird es ja knifflig dann.

Thomas Fitzner: 
Das erste was man da anmerken muss, ist, dass man aus der deutschen Erbschaft und Schenkungssteuer so schnell nicht raus ist. Das heißt, wenn ich mich hier in Spanien ansiedle, ich war vorher in Deutschland, ziehe weg und erhalte dann eine Schenkung oder eine Erbschaft, dann ist man laut deutschem Steuerrecht mindestens fünf Jahre ab Wegzug noch in Deutschland unbeschränkt erbschaft- und schenkungsteuerpflichtig.

Jörg Jung: 
Du sagst fünf Jahre. Gelten die fünf Jahre dann für den Geber oder für den Nehmer? Egal ob es um Erbe oder Schenkung geht.

Thomas Fitzner: 
Für beide. Wenn mindestens einer der Beteiligten in einem Schenkungs- oder Erbschaftsvorgang von den Deutschen für die Zwecke der Erbschaft- und Schenkungssteuer als Resident behandelt werden, das heißt bis fünf Jahre nach Wegzug, dann habe ich als Erbe oder Beschenkter in Deutschland ein Erbschaft- oder Schenkungsteuer-Thema. Immer vorausgesetzt, ich habe die deutsche Staatszugehörigkeit.

Jörg Jung: 
Wir gehen jetzt mal in die Schenkung hinein. Wie gesagt, Mami, Papi sind in Deutschland gemeldet, haben eigentlich residententechnisch mit Spanien nichts zu tun, aber die Tochter oder der Sohnemann. Und Mami und Papi sagen: "Och, wir schenken dir das einfach das Geld und da kannst du doch hier die Immobilie kaufen." Genau dann stehe ich ja vor gewissen Steuersätzen, die ich dann vor mir habe.

Thomas Fitzner: 
Korrekt. Nehmen wir mal an, wir haben jetzt also die deutschen Eltern, die wollen dem Sohn, der in Spanien lebt, einen Geldbetrag schenken. Und da nehmen wir mal an, der Betrag liegt über dem deutschen Freibetrag von 400.000 €. In Spanien haben wir gar keinen Freibetrag. Das heißt, hier schlägt das Finanzamt ab dem ersten Cent zu. Auf den Balearen hätten wir eine Schenkungssteuer bei diesem Verwandschaftsverhältnis von pauschal 7 %. Aber was passiert jetzt? Aufgrund dieser nachlaufenden deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht ist der Betroffene also der Deutsche, der jetzt auf Mallorca lebt und die Schenkung erhält, jetzt in beiden Ländern unbeschränkt schenkungssteuerpflichtig.

Jörg Jung: 
Das heißt, ich müsste hier in Spanien was drauflegen und aber in Deutschland am Ende dem Fiskus auch.

Thomas Fitzner: 
Genau. Und jetzt ist die ganz große Frage, wer rechnet an? Es sagen ja beide Länder, ich bin hier nicht in der beschränkten Steuerpflicht, sondern in der unbeschränkten. Das würde bedeuten, dass wenn ich eine Schenkung erhalte, hängt es davon ab, wo sich das geschenkte Gut befindet. Und das wird noch mal ein bisschen komplizierter. Die Spanier sagen, Geld ist dort lokalisiert, wo das Konto ist. Also wenn ich Geld erhalte aus einem deutschen Konto, dann ist das ein deutscher Vermögenswert. Dann findet die Schenkung quasi im Ausland statt. Die Deutschen sagen, Geld ist immer Inlandsvermögen, ganz egal, wo es liegt. Da kann es in Honolulu auf einem Konto liegen. Und das bedingt, dass wenn die Schenkung ganz blöd abläuft, dass ich in Deutschland keine Anrechnung habe und in Spanien auch keine und in beiden Ländern Ländern Länge mal breite Schenkungssteuer bezahl. Und diese effektive doppelte Besteuerung ist schon mal beim Europäischen Gerichtshof bis in die höchste Instanz durchgeklagt worden. Und der Gerichtshof ist zum Schluss gekommen, dass diese effektive doppelte Besteuerung rechtskonform ist. Das heißt, wenn man das nicht richtig aufsetzt und nicht alles berücksichtigt bei so einem grenzübergreifenden Schenkungsfall, speziell bei Geld oder Geldanlagen, da können wir tatsächlich in die Situation kommen, übrigens bei der Erbschaft auch, dass wir eine effektive doppelte Besteuerung haben ohne Anrechnungsmöglichkeit.

Jörg Jung: 
Jetzt gehen wir mal von dem Fall aus, wenn ich das alles richtig interpretiert habe. Wir liegen, was deutsches Steuerrecht angeht, unter diesem Freibetrag, der bei 400.000 € liegt und das Geld läge auf einem deutschen Konto, das dann vom deutschen Konto von Mami oder Papi zum Beschenkten nach Mallorca transferiert wird. Der Beschenkte hat zwar auch noch ein deutsches Konto, das könnte er auch noch beanspruchen. Aber es geht von dem Standort Deutschland, wenn wir von Geld reden, unter dem deutschen Freibetrag nach Spanien, wie wird das denn dann angerechnet? Sagt der Spanier dann, das ist deutsches Vermögensgut, ich habe damit nichts zu tun. Und in Deutschland ist man unter dem Freibetrag. Das ist alles fein?

Thomas Fitzner: 
Nein, nein, das läuft anders. Wir haben ja gesagt, die Anrechnung kann ja nur stattfinden, wenn ich hier Steuern bezahle. Dann ist mal vom Grundsatz her die Frage zu stellen, kann ich denn eine im Ausland gezahlte Steuer anrechnen? Wenn ich in Deutschland keine Steuer zu bezahlen habe, dann ist es ja einfach. Dann ist die Endbesteuerung, sind diese 7 % hier auf den Balearen. Ich möchte an dem Punkt auch ein paar praktische Anmerkungen einflechten, weil das vielfach ein Problem wird. Es kann ja passieren, dass diese Eltern des Mallorca-Residenten hier in Spanien eigentlich noch nie etwas gemacht haben. Die brauchten auch keine N.I.E., also diese behördliche Identifizierungsnummer. Und das kann ein Problem werden, weil ich muss nämlich, wenn ich diese Schenkung erhalte, spätestens einen Monat nach der Überweisung die Schenkungsteuererklärung eingereicht haben. Und es kommt noch was dazu. Wenn ich eine Geld-Schenkung erhalte, dann kriege ich diesen 7 % Vorzugssteuersatz nur wenn es eine beurkundete Schenkung ist.

Jörg Jung: 
Also quasi beim Notar am Ende war.

Thomas Fitzner: 
Notariell beurkundet und für die Schenkungsteuererklärung muss sich der Schenker identifizieren. Das ist deswegen nötig, weil das spanische Finanzamt wissen muss, ob die denn wirklich ein Verwandschaftsverhältnis haben, dass diese 7 % rechtfertigt. Und das bedeutet, damit sie sich identifizieren können, brauchen sie eine N.I.E. und die N.I.E. kann manchmal längere Zeit benötigen. Also du siehst, du hast mit der ganz einfachen Frage gestartet und wir befinden uns schon direkt im Dschungel der behördlichen Anforderungen und der Probleme, die sich da in der Praxis oft stellen.

Jörg Jung: 
Jetzt gehen wir in eine andere Richtung als die Schenkung, die hat sich damit erübrigt. Man will sich die Steuern irgendwie mal zumindest am Anfang noch sparen, dann sagen Mami oder Papi, okay, ich mache mir hier eine Nummer, werde Resident und kauf die Bude einfach selbst. Ja, du kannst da natürlich auch drin wohnen. Ich wohne da auch da drin, ich kaufe die Bude. Und irgendwann kommt es dann eventuell zum Erbe. Wir haben ja Gott sei Dank hier auf Mallorca seit neuestem in der Tat eine Erbschaftsteuerbefreiung. Ist es relativ einfach vor den fünf Jahren, aber auch nach den fünf Jahren?

Thomas Fitzner: 
Na ja, diese fünf Jahre sind der entscheidende Punkt. Also solange irgendeiner der Beteiligten an dem Schenkungs- oder Erbschaftsvorgang noch in dieser Fünf-Jahres-Frist drin ist, spielt das sehr anhängliche deutsche Finanzamt bei diesem Vorgang mit. Wenn wir mal aus dieser Fünf-Jahres-Frist draußen sind, ist es ein rein spanischer Vorgang. Also wir haben eine spanische Immobilie, die geht im Wege eines Erbes auf einen in Spanien ansässigen Erben über. Und dann hätten wir, wenn sich diese Immobilie auf den Balearen befindet, hätten wir die balearische Erbschaftsteuer, die bei diesem Verwandtschaftsverhältnis Eltern-Kindern ja mittlerweile null ist. Da gibt es auch so ein paar kleingedruckte Sonderbedingungen, die man da kennen muss, da gibt es dann noch mal eine Komplikation, damit man sieht, wie sich das hier komplexer darstellen kann. Wenn das jetzt zum Beispiel eine Immobilie wäre in einer anderen Region Spaniens, dann kann das dazu führen, dass der balearische Erbe, der hier ansässig ist, nicht nach dem balearischen Erbschaftsteuergesetz zur Kasse gebeten wird oder eben nicht zur Kasse gebeten wird, sondern je nachdem, in welcher Region dann die Immobilie steht, auch bei einem Residenten der Balearen das Erbschaftsteuergesetz einer anderen Region zur Anwendung kommen kann. Also wir hatten ja hier vor der Abschaffung der Erbschaftsteuer diese Tabelle, die von 1 bis 20 % gelaufen ist für die engsten Angehörigen. Also wir sprechen von direkten Angehörigen der auf- und absteigenden Linie. Eltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder und Ehepartner. Das sind die Verwandtschaftsgruppen eins und zwei. Und da hatten wir diese Tabelle, der Spitzensteuersatz war 20 % ab 3 Millionen. Das ist für die interessant, die ihre Erbschaftsteuer hier noch nicht abgehandelt haben und wo der Erbfall vor der Gesetzesänderung stattgefunden hat.

Jörg Jung: 
Und das heißt aber, wenn ich in der Fünf-Jahres-Frist bin.

Thomas Fitzner: 
Aus deutscher Sicht.

Jörg Jung: 
Aus deutscher Sicht immer noch in der Fünf-Jahres-Frist liege und sagen wir mal, hier auf den Balearen oder auf dem spanischen Festland, würde der Fall eintreten, dann in dem Moment bin ich wieder doppelbesteuerungspflichtig.

Thomas Fitzner: 
Das führt zu wirklich enorm komplexen Situationen. Wenn ich also einen deutschen Residenten habe, als Erblasser, einen spanischen Residenten mit deutscher Staatsangehörigkeit als Erbe, dann habe ich tatsächlich die Situation, dass in beiden Ländern eine unbeschränkte Steuerpflicht anfällt und in beiden Ländern auch nach der jeweiligen internen Gesetzgebung die Anrechnung jener Steuer vorgesehen ist, die im anderen Land auf das dort befindliche Vermögen angefallen ist. Das heißt, wir haben eine überkreuzte Anrechnung. Und um das Ganze noch ein bisschen komplexer zu machen In Spanien reicht man ein und bezahlt am selben Tag, in Deutschland reicht man eine Erklärung ein und dann kommt es zu einem Veranlagungsverfahren und da kann noch viel Zeit vergehen, bis dann die Steuerzahlung ausgelöst ist. Und erst wenn diese Steuerzahlung ausgelöst ist, habe ich ein Recht auf eine Anrechnung in Spanien, das heißt im Fall einer solchen doppelten unbeschränkten Erbschaft-, oder Schenkungssteuerpflicht müssen der spanische und der deutsche Steuerberater sehr eng zusammenarbeiten, damit für die Betroffenen keine unangenehme oder teure Situation entsteht.

Jörg Jung: 
Wir wollen an dieser Stelle eine Lösungsmöglichkeit erörtern, die sich mir jetzt gerade stellt. Das wäre das vorgezogene Erbe oder der Nachfolgepakt. Was hat es hier in Spanien damit auf sich?

Thomas Fitzner: 
Es gibt ein rechtliches Instrument, wie du gesagt hast, das nennt sich Nachfolge-Pakt. Ist nichts anderes als eine Erbschaft zu Lebzeiten, also eine Erbschaft ohne Leiche, um es mal flapsig zu sagen. Das gibt es in, ich glaube vier Regionen, unter anderem auf den Balearen, also in den meisten Regionen ist diese Übertragungsform nicht vorgesehen, Auf den Balearen ja und das ist ein bilaterales Geschäft zwischen zwei geschäftsfähigen Parteien. Also es kann nicht mit Minderjährigen gemacht werden und besteht im Wesentlichen darin, dass der Schenker mit dem Beschenkten einen Vertrag abschließt und sagt, du, ich übertrage dir jetzt als vorgezogene Erbschaft einen bestimmten Vermögensumfang und der das erhält, muss sich dafür zu einer Gegenleistung verpflichten. Also das ist keine Schenkung ohne Gegenleistung. Aber diese Gegenleistung ist mehr abstrakt. Also in den zwei Modalitäten des Nachfolgepakets auf Mallorca, es gibt da noch unterschiedliche, um das wieder noch ein bisschen zu komplizieren, es gibt da noch einen auf Ibiza und Formentera und es gibt noch einen anderen auf Menorca. Machen wir also einen Vertrag zwischen zwei geschäftsfähigen Parteien. Und bei diesen beiden Modalitäten auf Mallorca sind entweder Verzicht auf den Pflichtteil die Gegenleistung oder aber in der anderen Modalität des sogenannten Donation Universal ist es die Verpflichtung, das Erbe anzunehmen. Okay, das ist also ein Vertrag. Und tatsächlich, das wurde vor ungefähr vier, fünf Jahren von einem Gerichtsurteil anerkannt, muss das Finanzamt das, obwohl niemand stirbt bei dieser Übertragung, muss das wie eine Erbschaft behandelt werden und führt dann natürlich dazu, dass in Regionen, in denen die Erbschaft steuerlich günstiger ist als die Schenkung, dass man da mit einem solchen Nachfolgepakt besser fährt. Da gibt es aber ziemlich viele Wenns und Abers. Das muss formal gut aufgesetzt sein. Man muss über die unerwünschten Nebenwirkungen wie bei jedem Medikament auch informiert sein. Aber es ist eine Möglichkeit auf den Balearen, Vermögen in beliebigem Umfang komplett steuerfrei auf Familienangehörige zu übertragen.

Jörg Jung: 
Es ist ein spannendes und komplexes Thema. Erben oder Schenken. Wir haben unterhalb dieser Episode noch weitere Folgen verlinkt, die auch weitere Strukturmöglichkeiten und Strukturierungsmöglichkeiten zu diesem Fall dann noch behandeln, wenn es dann auch in die ganz, ganz großen Geldbeträge geht. Also es gibt da noch ganz viele Möglichkeiten und das war jetzt mal eine schöne Info auch für mich. Ich bedanke mich bei Thomas Fitzner.

Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp

05. Juli 2024

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