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Der MZ-News-Talk: Der überhitzte Sommer 2024

Ihr monatliches Mallorca-Update immer am Puls der Insel mit dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung, Ciro Krauthausen, und Jörg Jung.

Nach unserer Podcast-Sommerpause widmen wir uns natürlich auch direkt den aktuellen Geschehnissen auf den Balearen. Wir können sowohl klimatisch als auch logistisch in allen Belangen von einem mehr als "überhitzten Sommer" sprechen. Unwetter, Stillstand am Flughafen, ein überdurschnittlich warmes Mittelmeer und überreizte Gemüter – all das waren die Folgen.

Willipedia Podcast-Producer Jörg Jung und MZ-Chefredakteur Ciro Krauthausen reden darüber ...

Jörg Jung
Der Sommer auf Mallorca ist gewohnt heiß, vielleicht für einige und für viele ein bisschen zu heiß. Wir reden darüber im MZ News Talk, natürlich mit dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung, Ciro Krauthausen. Hallo, ich grüße dich.

Ciro Krauthausen
Hallo Jörg, schön dich mal wieder zu hören.

Jörg Jung
Schön auch dich zu hören, du hast gleich gesagt, Themenvorschlag "der hitzige, vielleicht überhitzige Sommer 2024". Und das kann man in allen Belangen ja wirklich so sagen. Ich merke es ja auch, wenn ich die Mallorca Zeitung wöchentlich aufblättere. Also es wird auch in den Köpfen nicht kühler.

Ciro Krauthausen
Ja, das ist so. Es ist tatsächlich so, wie auch schon in Vorjahren, aber dieses Jahr vielleicht besonders ausgeprägt, die Hochsaison bedeutet für die Insel durchaus einen Stresstest. Also fangen wir mal an bei den großen Urlaubermassen oder Besuchern, die die Insel aufsuchen, die Insel wird einfach sehr, voll. Es ist sehr viel Betrieb, wo auch immer man hinblickt. Und wir hatten jetzt auch schon das erste größere Problem am Flughafen. Vielleicht können wir da gleich nochmal darauf eingehen.

Hinzu kam und deswegen passt das Bild mit dem überhitzt ja auch so gut, eine ausgeprägte Hitzewelle mit Temperaturen die jetzt nicht ständig auf 40 Grad waren, aber doch nah dran und das schlaucht auch, sämtliche Bewohner der Insel, teilweise auch die Besucher, die häufig eher Tage am Strand sich erfrischen können. Aber es ist schon eine gewaltige Anstrengung, die da unternommen wird, damit alles gut über die Bühne geht. Und deswegen mein Vorschlag mit dem überhitzten Sommer.

Jörg Jung
Ja gut, man muss ja auch dazu sagen, die Zahlen sprechen für sich. Wir haben ja tatsächlich auch Hitzetote in diesem Jahr auf den Balearen. Ich glaube, ihr habt da auch mal eine Zahl genannt.

Ciro Krauthausen
Ja, es gibt da so diverse, es wird irgendwie hantiert mit der sogenannten Übersterblichkeit. Also es werden statistische Vergleiche angelegt. Da war jetzt eine Zahl von 110 Hitzetoten im Umlauf. Was schon bestätigt wurde, waren Fälle auch von den Gesundheitsbehörden bestätigt worden, waren zwei Hitzetote. Leute, die praktisch von jetzt auf gleich aus nicht weiter ersichtlichen Gründen dann an einem Hitzschlag gestorben sind. Ich glaube, der Punkt ist eher, dass es sich bewahrheitet, was die Wissenschaft auch schon seit vielen Jahren vorhersagt, dass das Wetter extremer wird. Und das bedeutet im Sommer auch diese länger anhaltenden und höheren Temperaturen. Es ist nicht so ungewöhnlich, dass Mitte August dann die Sommerunwetter ansetzen, wenn dann kältere Luftmassen aus dem Norden auf die Balearen zusteuern und dann sozusagen sich über das sehr aufgewärmte Meer, auch da gibt es Rekordtemperaturen wieder, hat es die wieder gegeben, wenn das dann zusammenkommt, dann kann es ganz gewaltig knallen und das ist auch geschehen in dem Unwetter der vergangene Woche oder der Aneinanderreihung von Unwettern, wo sich sozusagen eine große Unwetterzelle über die Insel gelegt hat und die ganzen Balearen und immerzu die Balearen gekreist ist. Das hat das sehr erschwert vorherzusagen, wo denn jetzt höchste Gefahr besteht. Mallorca ist dann auch eigentlich mit einem blauen Auge davongekommen, richtig heruntergekommen ist der ganze Regen, der Starkregen und ist es zu Überschwemmungen gekommen auf Menorca.

Jörg Jung
Aber du hast ganz früh im Jahr, ich erinnere mich daran in unseren News Talks schon gesagt, wo es ja auch mit einzelnen Flügen und Flugzeugen Probleme gehabt hat, wo du gesagt hast, ich glaube in dem Jahr wird das Wetter uns noch öfter beschäftigen. Jetzt sind wir so weit, dass es nicht nur einzelne Flüge getroffen hat, sondern den ganzen Flughafen. Da war ja ein Megachaos dann zwischen drin. Also ich bin nicht geflogen in der Zeit, Gott sei Dank, aber viele mussten dann ausharren, also da gab es auch diverse Logistikprobleme am Ende.

Ciro Krauthausen
Ganz massiv. Ich hatte Gelegenheit jetzt mit Jens Bischof zu sprechen, dem Eurowings-Chef und der wusste das ziemlich gut zu erklären. Das ganze System des Flugverkehrs, gerade hier in Europa, ist ja ein höchst labiles System, wo alles just in time aufeinander abgestimmt ist. In diesem Fall war es so, dass die Spanische Flugsicherheit und konkret auch die Fluglotsen hier auf Mallorca und die Verantwortlichen der Flugsicherung hier sagten, angesichts eines so schwer vorhersehbaren Unwetters müssen wir lieber vorsichtig sein und können nicht mehr ganz so viele Flüge, die bereits in der Luft waren, annehmen.

Das heißt, es wurde sozusagen die Bereitschaft des Flughafens Palma zurückgefahren Flüge anzunehmen, dann mussten die umgeleitet werden. Und dann kam nach und nach, kam das Ganze sozusagen, das löste eine Kettenreaktion von Schwierigkeiten bei anderen Flügen aus, mit dem Resultat, dass letztlich Hunderte von Flügen gestrichen wurden. Das wiederum hat zur Folge, dass Hunderte Menschen teilweise die Nacht oder mehrere Nächte sogar am Flughafen verbringen mussten, weil dann in der Hochsaison es auch nicht mehr so einfach ist, noch zusätzliche Tausende Urlauber unterzubringen in Hotels. Und weil das auch teilweise dann irgendwelche Billigfluggesellschaften gar nicht dazu imstande oder willens sind, hat also im Endeffekt zu einem doch erheblichen Chaos am Flughafen geführt, zu drei, vier Tagen absoluten Stress. Und es ist wieder so ein Beispiel, was wir eingangs sagten, die Insel gerät dann an ihre Grenzen und das sind dann Stresstests, wo man irgendwie durch muss und es klappt dann ja auch. Und auch der Herr Jens Bischof von Eurowings war voll des Lobes für alle Beteiligten und auch für die Flugsicherung hier. Aber es ist immer ein Tanz auf dem Vulkan, so ein bisschen. Und wie ich fürchte, wird das auch noch so weitergehen. Wir befinden uns ja im Klimawandel oder in der Klimakrise, wenn man so will.

Jörg Jung
Also du sagst ganz eindeutig auch, wenn man die Temperaturen im Mittelmeer sieht, das wird uns noch lange lange beschäftigen. Bei wie viel Grad Wassertemperatur waren wir dann jüngst, ich glaube über 30 sicher?

Ciro Krauthausen
Ich meine jetzt in Erinnerung zu haben, so Höchstwerte von 31 und ein paar Zerquetschte, das waren Rekordwerte, die bei Dragonera gemessen worden waren. Es ist viel zu warm. Meeresschützer und Meeressbiologen wissen noch gar nicht so richtig abzuschätzen, was das jetzt für Konsequenzen hat für das Leben im Meer. Aber es wird ganz sicherlich Konsequenzen haben.

Jörg Jung
Also wenn der Flughafen noch drei bis vier Mal gesperrt wird, dann wird natürlich der eine oder andere Mallorquiner sagen, das Thema ist das, was wir uns eigentlich wünschen. Also ich will noch mal ganz kurz rekapitulieren, was gibt es Neues in der Anti-Touristen und Anti-Ausländische Residentenszene? Was tut sich denn da noch mal?

Ciro Krauthausen
Das hat sich dann etwas beruhigt nach der letzten großen Kundgebung. August ist traditionell in Spanien ein Urlaubsmonat. Der Urlaubsmonat schlechthin, der Ferienmonat. Da wird alles eigentlich, auch die Tourismuskritiker fahren da jetzt einen Gang runter. Im Herbst wird es sicherlich auch noch Aktionen geben und Kundgebungen, aber jetzt im August war es eher ruhig.

Interessant ist, dass jetzt auch die TUI, der größte Reiseveranstalter der Welt mit großen Interessen auf Mallorca, also wichtigster Reiseveranstalter auch hier auf der Insel, Sebastian Ebel, der CEO, war jetzt auch da und hat eine Reihe von Interviews gegeben, die ich sehr bemerkenswert fand. Ebel zeigt sehr großes Verständnis für dieses Unbehagen auf der Insel an dem Massentourismus. Er sagt aber auch, und natürlich kann er das, weil seine Kunden sind ja eher die Hotelgäste, oft all inclusive. Pauschalreisende sind davon eher unbelangt. Was er als das Hauptthema der ganzen Proteste und des ganzen Unbehagens ansieht, ist halt die Wohnungsfrage. Und da geht er so weit und das hatte ich aus den Mund eines Spitzenmanagers der deutschen Wirtschaft so noch nicht gehört, dass er befürwortet, Nicht-Residenten den Kauf von Immobilien, die nicht privat genutzt werden zu verbieten. Er bringt da das dänische Modell ins Spiel, wo Ausländer oder Deutsche zum Beispiel keine Immobilien in Dänemark kaufen können, wenn die dort nicht leben und fest leben. Ja, letztlich lässt sich das ja auch nicht umsetzen, wissen wir, es gibt die Freizügigkeit und man kann das gar nicht unterbinden. Aber als Statement fand ich das interessant und wurde auch hier sehr aufmerksam wahrgenommen.

Jörg Jung
Jetzt haben solche Proteste natürlich auch immer mit viel Polemik zu tun und Symbolik. Deswegen muss ich dich jetzt natürlich auch auf aktuelle Ereignisse auch mal kurz ansprechen. Wie ist bei euch so die Einschätzung, wie ist deine persönliche Einschätzung zu dem, was jetzt gerade aus diesen mutmaßlichen Polizisten aus Essen wird und was da gelaufen ist? Das macht die Sache ja auch nicht einfacher.

Ciro Krauthausen
Im Grunde genommen, haben wir bisher nur eine Seite gehört. Einfach noch mal zur Einordnung für die Hörer. Es gibt halt diesen Fall, wo ein Taxifahrer vier deutschen Polizisten vorwirft, ihn übelst zuberichtet zu haben, auf ihn eingeschlagen zu haben, weil sie ihn beschuldigt hatten, ein Handy geklaut zu haben. Die deutschen Polizisten, die hier im Urlaub waren, sind mittlerweile schon nach Deutschland zurückgekehrt. Die hatten eine Nacht am berüchtigten Ballermann verbracht, sind anscheinend dann ziemlich angetrunken dann zu ihrem Landhotel mit dem Taxifahrer gefahren. Da gab es diesen Streit. Sie haben ganz offensichtlich diesen 71-jährigen Fahrer sehr übel zugerichtet. Wir wissen jetzt nicht genau, wie die Polizisten das darstellen, das ist alles noch etwas unklar und undurchsichtig. Aber auch das ist wieder so ein Beispiel für die überhitzte Insel. Dass dann solche Sachen geschehen, dass die Nerven blank liegen. Und auch, wie wir auch schon häufiger angesprochen haben, zu welchen Exzessen auch sozusagen dieses ganze Ballermann-Phänomen und dieses ganze Phänomen, dass man sich absolut die Kante gibt und sich wirklich voll laufen lässt an der Playa de Palma und dann möglicherweise auch vollkommen durchdreht im Grunde genommen, zu was das immer wieder führt. Diese Beispiele gibt es immer wieder und sie sind dann gerade halt in der Hochsaison erschreckend.

Jörg Jung
Ich würde jetzt trotzdem sagen, am Ballermann gibt es irgendwo immer einen unsichtbaren Finger, der allen irgendwo den Schalter im Gehirn umlegt, aber das sei dahingestellt.

Ciro Krauthausen
Ja, das ist erschreckend. Ich finde das erschreckend und ich finde es auch schwer nachzuvollziehen, wie man das Urlaubsvergnügen schlechthin ansehen kann, sich so maßlos zu betrinken und dann die Kontrolle zu verlieren über das, was man macht.

Jörg Jung
Da sind wir auf jeden Fall einer Meinung. Einer Meinung sind wir auch, wenn wir sagen, wir hören uns dann im nächsten Monat wieder beim MZ News Talk, in dem sich die Insel eventuell und hoffentlich ein wenig beruhigt hat. Wettertechnisch wage ich das zu bezweifeln. Da kommt gerade im Herbst wahrscheinlich noch mal einiges auf uns zu. Aber für den Moment bedanke ich mich beim Chefredakteur der Mallorca Zeitung, Ciro Krauthausen. Vielen Dank.

Ciro Krauthausen
Ich habe dir immer zu danken.

Autor: Jörg Jung /Mitarbeit: C. Schittelkopp

08. September 2024

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