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Erben in der Patchworkfamilie – rechtliche und steuerliche Risiken verstehen und vermeiden

Drei Experten. Drei Perspektiven. Ein sensibles Thema: Wie Sie als Patchworkfamilie Streit und Steuerfallen im Erbfall vorbeugen.

Was passiert, wenn in einer Patchworkfamilie kein Testament vorliegt? Wer erbt was – und welche steuerlichen Konsequenzen ergeben sich daraus? Diese Fragen stellen sich nicht erst beim Erbfall, sondern sollten frühzeitig geklärt werden.

In unserer aktuellen Folge des Willi-pedia Podcast diskutieren drei hochkarätige Experten typische Fallkonstellationen und geben praxisnahe Empfehlungen:

  • Willi Plattes, CEO der PlattesGroup,

  • Prof. Dr. Günther Strunk, Spezialist für internationales Steuerrecht mit Standorten in Hamburg und Köln,

  • Dr. Thomas Winkemann, Steuerberater, Rechtsanwalt und Nachfolgeexperte bei der Sozietät GÖRG in Berlin.

Gemeinsam beleuchten sie die rechtlichen und steuerlichen Herausforderungen, die sich beim Erbfall in komplexen Familienkonstellationen ergeben. Im Fokus stehen unter anderem: die Erbengemeinschaft als „zivilrechtliche Höchststrafe“, die Gestaltung sinnvoller Testamente wie dem Berliner Testament, der Umgang mit Stiefkindern sowie steuerliche Stolpersteine in Deutschland und Spanien.

Erfahren Sie, warum klare Regelungen – gerade in Patchworkfamilien – unerlässlich sind, welche Rolle emotionale Bindungen spielen und wie Sie mit vorausschauender Planung nicht nur Streit, sondern auch hohe Steuerlasten vermeiden können.

Timothea Imionidou
Ein Thema, das viele betrifft – aber nur wenige rechtzeitig regeln: Was passiert im Erbfall innerhalb einer Patchworkfamilie? Welche Fallstricke lauern zivilrechtlich und steuerlich – und wie lassen sie sich vermeiden?

Darum geht es in unserem heutigen Podcast, heute mal ohne mich, denn ich mache Platz für drei absolute Experten:

  • Willi Plattes, CEO der PlattesGroup auf Mallorca und Spezialist für internationale Steuerfragen
  • Prof. Dr. Günther Strunk, renommierter Experte für internationales Steuerrecht mit Kanzleien in Hamburg und Köln
  • Dr. Thomas Winkemann, Steuerberater, Rechtsanwalt und Nachfolgeexperte bei der Sozietät GÖRG in Berlin

Gemeinsam beleuchten sie typische Konflikte, klären über rechtliche Grundlagen auf und zeigen, wie kluge Nachfolgeplanung Streit in der Familie und steuerliche Verluste verhindern kann. Jetzt geht’s los.

Willi Plattes
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute sprechen wir über ein Thema, das in unserer Beratungspraxis immer wieder aufkommt: der Erbfall in Patchworkfamilien. Welche Herausforderungen ergeben sich – zivilrechtlich und steuerlich? Wir betrachten die Thematik heute vor allem aus deutscher Perspektive, da in Spanien teils andere gesetzliche Grundlagen gelten. In der Praxis hören wir häufig die Frage: „Was passiert in Deutschland?“ Und wir stellen fest: Patchworkfamilien sind längst zur Normalität geworden. Es gibt heute mehr geschiedene Ehen als funktionierende. Gemeinsam mit Thomas und Günther wollen wir typische Konstellationen besprechen. Thomas, ein Fall direkt an dich: Ein Mann lebt in zweiter Ehe. Er besitzt ein Einfamilienhaus und hat Kinder aus erster Ehe mitgebracht, ebenso seine neue Ehefrau. Nun tritt plötzlich der Erbfall ein – ohne dass ein Testament vorhanden ist. Was passiert dann? Welche Folgen hat das zivil- und steuerrechtlich?

Dr. Thomas Winkemann
In einem solchen Fall droht die sogenannte Erbengemeinschaft – und die ist häufig die zivilrechtliche Höchststrafe. Stirbt der Erblasser ohne Testament, treten die gesetzlichen Erben in eine Erbengemeinschaft ein. Diese ist zur gesamten Hand verfügungsberechtigt über den gesamten Nachlass. Das bedeutet: Das Vermögen gehört nicht einzelnen Personen, sondern allen gemeinsam. In deinem Beispiel wären das die aktuelle Ehefrau sowie die Kinder des Verstorbenen aus erster Ehe – also nicht die Stiefkinder, sondern nur die leiblichen Kinder des Mannes. Die Beteiligten müssen nun alle Entscheidungen einstimmig treffen. Und genau da liegt das Problem: In der Praxis entstehen oft Spannungen, etwa wenn sich die Ehefrau und die Kinder aus erster Ehe nicht verstehen. Das birgt enormes Streitpotenzial.

Willi Plattes
Laut Statistik beruhen etwa 95 % der Zwangsversteigerungen von Immobilien auf ungeteilten Erbengemeinschaften. Was rätst du betroffenen Ehepaaren, die eine neue Familie gründen?

Dr. Thomas Winkemann
Genau – wenn sich die Beteiligten nicht einigen können, droht als letzter Ausweg die Teilungsversteigerung. Dabei wird die Immobilie meist weit unter Wert verkauft – eine schlechte Lösung. Die klare Empfehlung lautet deshalb: Der Ehemann sollte zu Lebzeiten ein Testament aufsetzen. In einer solchen Patchworkkonstellation bietet sich häufig das sogenannte Berliner Testament an. Hier wird die Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt, während die Kinder Vermächtnisse erhalten – also bestimmte Zuwendungen, aber keinen unmittelbaren Erbteil. So schafft man klare Verhältnisse und reduziert Konflikte.

Willi Plattes
Das heißt: Die Ehefrau erbt zunächst alles. Stirbt sie, erhalten dann ihre Kinder automatisch einen Anteil?

Dr. Thomas Winkemann
Nicht zwingend. Deshalb sollte das Berliner Testament um eine sogenannte Schlusserbeneinsetzung ergänzt werden. Darin regelt man, wer im zweiten Schritt erbt – also nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners. Wenn man möchte, können auch Stiefkinder berücksichtigt werden. Alternativ kann man festlegen, dass ausschließlich die eigenen Kinder des Mannes erben. Wichtig ist, diese Verteilung im Testament eindeutig zu regeln.

Willi Plattes
Günther, wie sieht das Ganze aus steuerlicher Sicht aus?

Prof. Dr. Günther Strunk
Interessant ist auch die Frage, was passiert, wenn die Beteiligten gar nicht heiraten. Viele Menschen leben in festen Partnerschaften, ohne zu heiraten. Doch genau dann fehlen steuerliche Vorteile – sowohl im Erbfall als auch bei Schenkungen. Ohne Ehe sind Übertragungen auf Partner oder Kinder aus früheren Beziehungen steuerlich deutlich ungünstiger. Vor allem bei Immobilien, deren Wert in den letzten Jahren stark gestiegen ist, kann das erhebliche steuerliche Belastungen mit sich bringen. Insofern kann die Eheschließung allein aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein. Leider bildet der Gesetzgeber die Lebensrealität vieler Familien nicht angemessen ab – weder in Deutschland noch in Spanien.

Willi Plattes
Nur damit Sie mich nicht falsch verstehen: Günther Strunk ist keineswegs gegen die Ehe – er ist seit Jahrzehnten glücklich verheiratet. Aber er weiß, wovon er spricht.
Rund 80 % der Mandanten, die auf Mallorca eine Immobilie erwerben möchten, haben sich vorher keine Gedanken über diese Themen gemacht – weder über den Güterstand noch über erbrechtliche Fragen. Häufig stellen wir dann fest: Es existieren keine klaren Regelungen. Und das birgt Risiken – sowohl emotional als auch steuerlich.

Willi Plattes
Hinzu kommen länderübergreifende Herausforderungen: In Deutschland ist beispielsweise die sogenannte Güterstandsschaukel möglich – sie muss jedoch vor dem Erbfall und in Deutschland erfolgen. Das spanische Vermögen muss dabei ausgenommen werden. Während in Spanien im Erbfall Steuerfreiheit besteht, gibt es bei Schenkungen keine vergleichbare Regelung. Das zeigt: Wer über Ländergrenzen hinweg Vermögen aufbauen will, sollte sich frühzeitig beraten lassen.

Willi Plattes
Thomas, was begegnet dir in der Praxis besonders häufig?

Dr. Thomas Winkemann
Ganz klar: Wer in einer Patchworkfamilie lebt – egal ob in Spanien oder Deutschland – braucht ein Testament. Und zwar eines, das nicht nur rechtlich korrekt ist, sondern auch die emotionalen Interessen berücksichtigt. Wer seine Ehefrau und auch seine Kinder aus erster Ehe liebt, muss beide Seiten gerecht behandeln. Das gelingt nur durch klare Regeln im Testament.

Willi Plattes
Das heißt: Als Testamentsgestalter wird man auch zum Psychologen?

Dr. Thomas Winkemann
Absolut. Es geht nicht nur um Vermögensverteilung, sondern auch um emotionale Bindungen. Wer bekommt das Familienheim? Für die Ehefrau ist es oft ein emotionaler Anker, für die Kinder vielleicht nicht. All das muss berücksichtigt werden. Ziel muss sein, den Angehörigen im Todesfall nicht nur materiell, sondern auch menschlich einen klaren Weg mitzugeben – und Streit vor Gericht zu vermeiden.

Willi Plattes
Zum Schluss noch ein Gedanke: In Familien wirken immer drei Kräfte – Geld, Macht und Liebe. Das berühmte Bermudadreieck. Wer das nicht aktiv thematisiert, läuft Gefahr, dass diese Kräfte gegeneinander wirken. Und das kann teuer werden. Denn: Die Erbschaftsteuer in Deutschland beträgt in der ersten Ordnung bereits bis zu 30 %. Stirbt etwa erst der Ehemann und kurz darauf die Ehefrau, kann der Nachlass innerhalb kürzester Zeit zweimal versteuert werden. Das kann erhebliche Vermögensverluste bedeuten. Deshalb unser Rat: Suchen Sie rechtzeitig den Rat von Fachleuten. Vielen Dank, Thomas. Vielen Dank, Günther. Und danke Ihnen allen fürs Zuhören.

Autorin: Timothea Imionidou / Mitarbeit: C. Schittelkopp

06. Juli 2025
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