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Familienstrategien im internationalen Kontext: Herausforderungen und Lösungen

Prof. Dr. Christian Bochmann über die Komplexität und Umsetzung von Familienverfassungen.

Prof. Dr. Bochmann

Die Herausforderungen, vor denen Unternehmerfamilien stehen, sind komplex. "Eine Familienfassung ist nicht das, womit das Geschäft gemacht wird, womit das Geschäft vorangebracht wird", weiß Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Bochmann, Partner bei Flick Gocke Schaumburg, "ich glaube deswegen schieben es viele so bisschen vor sich her." Dennoch ein Thema, das man nicht vernachlässigen sollte: Es geht um die wichtige und richtige Familienstrategie, gerade auch im Bezug auf internationale Mobilität. Er erläutert, warum eine klare strategische Ausrichtung und rechtliche Struktur so entscheidend sind, um Vermögenswerte generationsübergreifend zu sichern – und wie Familienverfassungen als flexibles Instrument genutzt werden können, um diese Ziele zu erreichen.

Sein Vortrag zusammen mit Prof. Dr. Jan Bron und Dr. Dominik von Au beim Treffen des Bundeswirtschaftssenats auf Mallorca Ende September, sorgte bei vielen Gästen für einen Impuls, einmal mehr über dieses grundlegende Thema nachzudenken ...

Jörg Jung
Großes spannendes Thema, ebenfalls beim Treffen des Bundeswirtschaftssenats auf Mallorca: Das Thema Familienverfassung. Aber was hat es denn damit überhaupt auf sich? Wir reden darüber und zwar mit Professor Dr. Christian Bochmann. Er ist Rechtsanwalt unter anderem für Flick Gocke Schaumburg (für FGS). Hallo Herr Bochmann, ich grüße Sie.

Prof. Dr. Christian Bochmann
Schönen guten Tag!

Jörg Jung
Ja, also Sie auch waren auf Mallorca zu Gast wie so viele beim Treffen des Bundeswirtschaftssenats und Sie hatten ja auch eine sehr, sehr spannende Aufgabe. Ich möchte zuerst mal fragen, wie war denn das Wochenende auf Mallorca so?

Prof. Dr. Christian Bochmann
Ja, zu kurz. Ich habe tatsächlich leider nur den Donnerstag-Part und ein bisschen was vom Freitag mitgenommen. Das, was ich gesehen habe, war aber ganz fantastisch, abwechslungsreiches, inhaltstiefes und spannendes Programm.

Jörg Jung
Sie haben es ja mit spannend gemacht. Es gab ja einen schönen Vortrag am Donnerstag, da ging es unter anderem die Übergabe der Vermögenswerte, gerade wenn es ums Ausland geht. Da ist natürlich auch ein ganz spannendes großes Thema Familienverfassung. Herr Prof. Dr. Bochmann, erklären Sie uns mal, was sind so tatsächlich auch aus dem Daily Business heraus so die Herausforderungen, wenn es darum geht, wohlhabenden Familien, den Patriarchen zum Beispiel zu sagen: Du brauchst eine Familienverfassung?

Prof. Dr. Christian Bochmann
Ja, jetzt muss ich gestehen, wir hatten ja so eine gewisse Arbeitsteilung in diesem Donnerstag-Slot gemeinsam mit dem Kollegen Dr. Dominik von Au von der Peter-May-Gruppe, wenn man das Thema ja mal holistisch betrachtet, nämlich von genau dieser Auslandsüberlegung, die Sie eben nannten. Warum brauche ich als Unternehmerfamilie, Familienunternehmen überhaupt eine Familienverfassung bis hin zu, wie setze ich das Ganze, was ich in dieser Familienstrategie high level unverbindlich entwickelt habe, dann im Detail rechtlich ohne steuerlichen Schaden anzurichten. Ich war jetzt natürlich derjenige, der da eigentlich im Backend zuständig war, nämlich wie setze ich das nachher alles rechtlich ohne Fehler zu machen, ohne mir Dinge zu verbauen. Das Frontend, die Initiation von familienstrategischen Prozessen und ihre Durchführung liegt eher bei den Kollegen von der Peter-May-Gruppe in dem Falle. Und das ist auch der moderne Beratungsansatz. Wenn Sie jetzt meine Perspektive darauf fragen, ich halte das für genau richtig, diese Arbeitsteilung zu machen.

Schuster, bleib bei deinen Leisten. Ich bin Rechtsanwalt. Mein Kollege Prof. Jan Bron, Steuerberater, war auch dabei. Wir sind diejenigen, nachher rechtlich und steuerlich umsetzen. Diejenigen, die den großen Bogen spannen, die großen Fragen stellen. Wo soll das Schiff überhaupt hinsteuern? Wer soll an Bord welche Rolle einnehmen? Warum? Welche Qualifikationen muss man aufweisen? Das ist all das, was in diesem Bereich der Familienstrategie vorab gehört und das wird zu Recht von Kolleginnen und Kollegen betreut, die dann nicht von vornherein mit der vielleicht manchmal etwas kleinteiligen Brille der Juristerei und des Steuerrechts drauf schauen, wo sie sich dann natürlich auch manchmal fragen stellen, was geht, was geht eigentlich nicht, sondern eben mal so dieses grobe Bild zeichnen. Und das war das Spannende in den Vorträgen, die wir mehr oder weniger so ineinander verwoben haben und dann vor allem in der Diskussion, dass man, anders als das vielleicht sonst manchmal präsentiert wird, das Thema wirklich das gesamte Bild bekommt. Also von genau der Frage, die Sie stellten, eingangs, warum brauche ich das bis hin zur Umsetzung. Vielleicht noch ein Satz, ja, warum brauche ich es? Warum macht das eigentlich Sinn, da diese eigene Schicht zu haben? Familienstrategie. Man kann ja sagen, wieso?, hab doch einen Gesellschaftsvertrag. Ich hab' einen Poolvertrag. Ich hab' letztwillige Verfügung, ich hab' Eheverträge, ich all diese Sachen, die sich im Rechtlichen abspielen. Warum brauch ich noch so was wie eine Familienverfassung? Ja, das ist eben ein strukturierter Prozess, in dem man sehr ergebnisoffen, 360-Grad-Blick, sich eben darüber vergewissert, was eigentlich die Beteiligten in der Familie, im Familienunternehmen wollen, ist das eine, also der offene Blick in alle Richtungen.

Das andere, das Ganze ist moderiert, also nicht sozusagen die lauteste Stimme gewinnt da unbedingt, sondern alle Interessen kommen einmal zu Wort und können ausgedrückt werden. Und das Dritte ist, das Ganze wird dann, wie gesagt, strukturiert erarbeitet und auch verschriftlicht. Die Familienverfassungen sind ja in der Regel unverbindlich ausgestaltet, also gerade nicht wie im Gesellschaftsvertrag, mit klagbaren Rechten und so weiter. Aber die Verschriftlichung, die Ausformulierung, die gemeinsame Erarbeitung, der gemeinsame Erkenntnisprozess ist nach meinem Dafürhalten das, was dann auch die Überzeugungskraft von so einer Sache schafft und das Bindemittel, das die Beteiligten sich eben daran halten.

Jörg Jung
Wir gehen trotzdem in ihren Bereichen ein bisschen tiefer rein. Sie haben gesagt, okay, Peter-May-Gruppe haben wir jetzt. Sie bei FGS arbeiten natürlich dann auch sehr Hand in Hand. Aber was ist genau dann die Aufgabe des Rechtsexperten, des Rechtsanwalts genau bei dieser Geschichte? Also wie greifen Sie da rein in dieses Thema? Eine Familie will jetzt ihre Verfassung haben. Was sind so die speziellen Aufgaben von Prof. Dr. Christian Bochmann?

Prof. Dr. Christian Bochmann
Gegen Ende des Erarbeitungsprozesses von so einer Familienstrategie, also wenn schon viele Punkte geklärt sind, insbesondere wer soll Gesellschafter werden können, Gesellschafterin werden können, wer soll in der Geschäftsführung Verantwortung übernehmen können, soll es ein Aufsichtsgremium geben, ein Beirat, ein Aufsichtsrat. Wie soll der besetzt sein? Welche Aufgaben soll der haben? Wenn all diese Dinge einmal ausgelotet sind, besteht unsere Aufgabe darin, das Ganze rechtsverbindlich festzuzurren, sprich diese sehr unternehmerisch geprägten, familienstrategisch geprägten, überhaupt strategisch geprägten Überlegungen dann doch auf der einen Seite ins Klein-Klein des Juristischen zu übersetzen in die Gesellschaftsverträge, in die Poolverträge, in die Dokumente, die es da gibt.

Zum anderen aber das Ganze eben dann nicht losgelöst als eigenen Schritt, der dann im stillen Kämmerlein fernab dieser familienstrategischen Überlegungen erfolgt zu sehen, sondern diese gemeinsame Sprache, die die Unternehmerfamilie gefunden hat. Diese Lebendigkeit der Überlegungen, die Greifbarkeit der Überlegungen dann auch möglichst zu erhalten in der juristischen Umsetzung. Also das Ganze ist in der Regel schwierig. Es ist ja meistens nicht eine Gesellschaft, eine GmbH, eine GmbH & Co KG, in der dann irgendwie drei Klauseln geändert werden müssen, sondern üblicherweise stehen mehrere Gesellschaften im Raum, die nebeneinander stehen, untereinander geschachtelt sind, wo es mehrere Vertragswerke gibt, die darauf einwirken, insbesondere diese Poolverträge, Konsortialverträge, wo man überhaupt erstmal beachten muss, an welchen Stellen gibt es hier Folgeänderungen, wenn ich an einer einen Stelle etwas umsetze. Also das hat schon einen hohen Komplexitätsgrad. Gleichzeitig darf es aber eben dann auch nicht zu, salopp gesagt, fachidiotisch werden, dass sich diejenigen, die das erarbeitet haben vorher, gar nicht mehr wiederfinden in diesen Vertragswerken.

Sprich, dieses Alignment, also diese Übereinstimmungbringung ist auch eine wichtige Aufgabe. Und dazu muss man sich eben immer wieder rückversichern und rückvergewissern, was eigentlich gemeint war im Rahmen dieser familienstrategischen Überlegungen. Da werden ebenso die Ideen recht allgemein festgehalten. Da wird jetzt noch nicht dran gedacht, wie ganz genau muss das nachher im Gesellschaftsvertrag lauten. So, und das will man ja nun, was da besprochen wurde, bestmöglich wiedergeben. Deswegen sucht man da die Rückkopplung. Dann gibt es gewisse Punkte, wo man einfach sagt, aus gesellschaftsrechtlichen, aus steuerlichen Gründen geht das, was eine familienstrategische Überlegung war, nicht so direkt. Das lässt sich nicht eins zu eins so umsetzen. Manchmal kann das so sein, eine familienstrategische Überlegung kann ja auch sein, dass man Bereiche trennt, oder zusammenlegt oder was auch immer. Also strategisch-unternehmerische Überlegungen, die jetzt an uns herangetragen wurden, man sagt, also so direkt geht das nicht, beziehungsweise wenn man das jetzt direkt eins-zu-eins so umsetzt, dann löst das gravierende steuerliche Nachteile aus. Und dann ist natürlich unsere Aufgabe, die Fantasie zu entwickeln. Was war da eigentlich gemeint? Was ist eigentlich der Kern des Anliegens der familienstrategischen Überlegungen? Und wie kann ich den auf einem alternativen Weg umsetzen, der dem Anliegen genauso gut gerecht wird? Das ist im Kern unsere Aufgabe, also die Übersetzung der familienstrategischen Überlegungen ins Rechtliche und wie gesagt immer unter der Prämisse, dass da natürlich keine steuerlichen Nachteile entstehen.

Jörg Jung
Sie haben gerade noch mal die Kurve gekriegt, muss ich sagen. Also am Anfang dachte ich so, die anderen packen das Päckchen ein, sie machen das Schleifchen drum, aber man merkt schon, das ist ein sehr komplexes Thema. Aber gibt es tatsächlich oder gab es schon in Ihrer Vergangenheit, in der beruflichen, so Fälle, wo Sie gesagt haben, meine Güte, das war jetzt aber eine harte Nuss. Also klar, dass man klein ins Klein gehen muss, ist logisch, dass man viel bedenken muss. Aber gab es da auch schon mal die eine oder andere harte Nuss, wo Sie gesagt haben, dass wir das gelöst haben, das ist aber ein Wunder?

Prof. Dr. Christian Bochmann
Also Wunder vollbringen wir nicht. Wir machen schon vieles möglich und der Reiz des Berufs besteht ja auch darin, dass er einerseits sehr anspruchsvoll ist und hohen Komplexitätsgrad hat, aber umgekehrt eben auch Fantasie erfordert. Das auch eine Gestaltungsfreude. Das will ich nicht verhehlen. Das ist schon ein Phänomen, dass man sieht, dass man in so einem familienstrategischen Prozess sich möglicherweise auf einem hohen Abstraktionsniveau einig ist. Wenn es dann aber daran geht, das Ganze spezifisch festzulegen und dann sehr, sehr konkret festgelegt wird, wer kommt denn jetzt in einen Beirat und wer eben auch nicht und dann dieser Beschluss zur Entscheidung ansteht, A kommt in den Beirat und B dann eben nicht, dass es dann nochmal ein bisschen Fingerhackelei, Diskussionen und dergleichen gibt, das kommt schon mal vor. Also das ist so bisschen der Fluch des Details und des Konkreten, aber das ist auch ein normaler Prozess und ich glaube, dass es eigentlich auch wieder ein Grund, warum es sinnvoll ist, in Schichten vorzugehen, sich sozusagen erstmal high level auf einer sehr abstrakten Ebene zu einigen, wo soll es hingehen, was ist die grobe Richtung, die wir verfolgen wollen, um dann eben, wenn man im Detail eben vielleicht doch nochmal Fingerhakelei hat, sich rückvergewissern zu können und zu sagen, naja, das können wir jetzt lösen, weil als grobe Richtung haben wir festgelegt, so und so. Das ist glaube ich dann der Vorteil. Dass wir nur das Schleifchen drum machen, das kann man so sehen, aber das ist natürlich irgendwie sozusagen so bisschen die Rolle des Beraters, der berät, wie die Mandanten ihre Wünsche und Ziele und Vorstellungen bestmöglich umsetzen können. Da gibt es sicherlich mal einen Hinweis, wie man einen Wunsch, einer Vorstellung, ein Ziel abrunden kann, woran man noch denken kann, aber am Ende ist das Mandantenwille und nicht des Beraters Wille.

Jörg Jung
Jetzt haben Sie diesen wunderbaren Vortrag zusammengehalten auf Mallorca, der Bundeswirtschaftssenat, der Mittelstand, Auslandsrepräsentanten waren zugegen, auch Gäste waren da. Ist das Thema, was Sie da so angesprochen haben, über das wir auch eben geredet haben, ist das so allgemein gängig, wo dann viele gesagt haben, ja klar, habe ich mich eh schon mit auseinandergesetzt. Oder gab es da noch teilweise große Augen, wo dann auch viele wirklich auch in diesem Segment auch im Mittelstand auch wohlhabende Menschen sagen, ach ja, habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht. Da ist dann noch eine große Masse, die man damit ansprechen kann jetzt, auch wir mit dieser Podcast-Folge?

Prof. Dr. Christian Bochmann
Wir haben gutes Feedback bekommen. Die Leute kennen das Thema. Die haben das alle im Hinterkopf. Aber eben im Hinterkopf. Es ist eine Sache, wo man immer wieder offene Türen einläuft, wo man immer wieder das Feedback bekommt, danke für den Vortrag, danke für den Impuls. Toll, dass wir das mal so gehört haben, beschäftigt mich auch schon die ganze Zeit latent. Bin aber noch nicht dazu gekommen, mich konkret zu beschäftigen. Danke für den Impuls. Jetzt versuche ich mal wieder aufzugreifen. Ja, das ist so das typische Feedback und ich glaube das ist auch normal. So ist der Mensch normal. Er priorisiert ja oft nach Dringligkeit und nicht nach Wichtigkeit. In dem Fall ist es aber vielleicht auch gar nicht das Allerwichtigste. Im Leben einer Unternehmerin und eines Unternehmers gibt es sicherlich viele wichtigere und vor allem akutere Themen, als sich über diese Grundlagenfragen zu gewissern, gleichwohl ist es natürlich jeder Unternehmerin, jeder Unternehmer, jeder Unternehmerfamilie klar, dass diese Grundlagen extrem wichtig sind. Aber es ist nicht das, womit das Geschäft gemacht wird, womit das Geschäft vorangebracht wird. Ich glaube deswegen schieben es viele so bisschen vor sich her. Das ist ja ein ähnliches Phänomen, sie kennen die Statistiken, die letztwilligen Verfügung, die Testamente, die auch in wirklich komplexen Situationen dann oft entweder gar nicht vorhanden sind oder alt und nicht mehr aktuell. Und so ähnlich ist das hier, glaube ich auch. Jedem ist das bewusst, dass das wichtig ist und ich mich drum kümmern sollte. Und natürlich gibt es viele andere, wichtigere Themen, die dringlicher sind.

Jörg Jung
Aber trotzdem gut, dass es zum Beispiel Prof. Dr. Christian Bochmann gibt, der dann auch mit den Kollegen zusammen für genau diesen Fall auch gerüstet ist. Ich bedanke mich für eine sehr, sehr aufschlussreiche, sehr informative Podcast-Folge. Sage liebe Grüße nach Deutschland und auf bald wieder auf Mallorca.

Prof. Dr. Christian Bochmann
Vielen Dank und schöne Grüße nach Mallorca.

Autor: Jörg Jung /Mitarbeit: Claudia Schittelkopp

08. Oktober 2024

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