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Grenzüberschreitend unternehmerisch – neue Urteile, alte Hürden und ein Hoffnungsschimmer

Betriebsstätten, Wegzugsbesteuerung & Schweiz-Regelung: Was Unternehmer jetzt wissen müssen

In dieser kompakten und hochaktuellen Willi-pedia-Podcast-Folge besprechen Podcast Producerin Timothea Imionidou und Pressesprecherin Claudia Schittelkopp drei Themen, die grenzüberschreitend tätige Unternehmer direkt betreffen – mit besonderem Blick auf Deutschland, die Schweiz und Spanien.

  • Neue Urteile zur Betriebsstätte.
    Der Bundesfinanzhof hat in zwei aktuellen Entscheidungen konkretisiert, wann eine Betriebsstätte im Ausland steuerlich anerkannt wird. Es geht um mehr als ein Büro – nämlich um Dauer, Verfügungsmacht und tatsächliche Geschäftstätigkeit vor Ort. Für Unternehmer mit Verbindungen nach Spanien oder der Schweiz ein Thema von enormer Relevanz.
  • Wegzugsbesteuerung – Reform dringend nötig.
    Wer seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, wird in Deutschland unter Umständen steuerlich so behandelt, als hätte er seine Unternehmensanteile verkauft – obwohl kein tatsächlicher Verkauf stattgefunden hat. Diese Praxis steht in der Kritik, da sie gegen das Prinzip der Besteuerung nur bei realisierten Gewinnen sowie gegen die Freizügigkeit im EU-Binnenmarkt verstoßen könnte. 
  • Stundung bei Wegzug in die Schweiz.
    Gute Nachrichten für Unternehmer, die vor dem 1. Januar 2022 in die Schweiz gezogen sind: Unter bestimmten Voraussagungen kann eine zinslose und unbefristete Stundung der Wegzugsbesteuerung beantragt werden – sogar rückwirkend mit potenzieller Steuererstattung. Allerdings gilt: Wer profitiert, muss auch sauber dokumentieren.

Jetzt reinhören – für mehr Klarheit im Steuerdschungel internationaler Unternehmensstrukturen.

 

Timothea
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Willipedia Podcasts. Ich bin Timothea Imionidou, die Podcast Producerin der PlattesGroup – und heute sprechen unsere Pressesprecherin Claudia Schittelkopp und ich über drei Themen, die viele Unternehmer im grenzüberschreitenden Kontext betreffen:
Erstens: Neue Urteile zur Betriebsstätte – was der Bundesfinanzhof zur örtlichen und zeitlichen Ausgestaltung sagt.
Zweitens: Die Wegzugsbesteuerung – ist der EU-Binnenmarkt wirklich noch ein Raum der Freizügigkeit?
Und drittens: Wegzug in die Schweiz – die deutsche Steuermauer wird etwas durchlässiger.
Starten wir mit einem Thema, das für viele grenzüberschreitend tätige Unternehmen enorm wichtig ist: Betriebsstätten im Ausland. Claudia, worum ging’s in den beiden aktuellen Urteilen des Bundesfinanzhofs?

Claudia
In beiden Fällen ging es um die Frage, wann eine Betriebsstätte im Ausland im Sinne von Doppelbesteuerungsabkommen steuerlich anerkannt wird. Der Bundesfinanzhof hat hier zwei Aspekte besonders betont: die Dauerhaftigkeit der Nutzung und die Tiefe der Geschäftstätigkeit vor Ort.
Im ersten Fall ging es um einen deutschen Taxiunternehmer, der regelmäßig einen Büroraum in einer Schweizer Taxizentrale nutzte – inklusive buchhalterischer Aufgaben, Personalführung, usw. Das Urteil: Diese Nutzung war dauerhaft, geschäftsleitend – und damit eine Betriebsstätte im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland–Schweiz.
Im zweiten Fall dagegen: ein deutsches Unternehmen gründet in London eine Firma, mietet für sechs Monate ein Büro, operiert aber nur drei Monate. Ergebnis: keine Betriebsstätte, weil die Mindestdauer von sechs Monaten nicht erfüllt war.

Timothea
Das heißt, es geht nicht nur ums Wo, sondern auch ums Wie lange und Was genau dort passiert?

Claudia
Genau. Es reicht eben nicht, irgendwo ein Büro anzumieten – entscheidend sind Verfügungsmacht, operative Nutzung und eben zeitliche Tiefe. Gerade im deutsch-spanischen Kontext ist das für unsere Mandanten hochrelevant.

Timothea
Und hier helfen digitale Tools wie PGate und TaxBridge?

Claudia
Absolut. Damit wird nicht nur die Buchhaltung zwischen Mallorca und Deutschland nahtlos verknüpft – es wird auch dokumentierbar, wie eine Betriebsstätte tatsächlich genutzt wird. Das ist Gold wert im Streitfall.

Timothea
Thema zwei klingt erstmal technisch, hat aber enorme Reichweite: die Wegzugsbesteuerung. Claudia, was ist hier das Problem?

Claudia
Das Grundproblem: Wer als Unternehmer seinen Wohnsitz verlagert, muss in Deutschland fiktiv Steuern zahlen, als ob er seine Unternehmensanteile verkauft hätte – obwohl gar kein Geld geflossen ist.

Timothea
Das widerspricht doch dem Prinzip: Steuern nur auf realisierte Gewinne?

Claudia
Exakt. Und es widerspricht auch dem Geist der EU-Freizügigkeit. Wer sich innerhalb der EU bewegt, wird vom deutschen Fiskus steuerlich behandelt, als hätte er das Land „verlassen“, um Gewinne zu verstecken – pauschal, ohne Rücksicht auf den Einzelfall. Kritiker wie Prof. Schön vom Max-Planck-Institut sprechen deshalb von einem „Systembruch“. Und tatsächlich: Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach betont, dass solche Regelungen nur zulässig sind, wenn sie verhältnismäßig und praktikabel sind.

Timothea
Gibt’s denn Alternativen?

Claudia
Ja – zum Beispiel eine nachgelagerte Besteuerung, also erst im Verkaufsfall. Oder eine zeitlich begrenzte Nachbesteuerung, wenn Anteile innerhalb von fünf Jahren veräußert werden. Das wäre rechtskonform und fair.

Timothea
Dein Fazit?

Claudia
Deutschland braucht hier dringend eine Reform. Unternehmer brauchen Planungssicherheit – und keine Strafen für Mobilität.

Timothea
Zum Schluss ein Hoffnungsschimmer: Das Bundesfinanzministerium macht die Wegzugsbesteuerung in Richtung Schweiz etwas durchlässiger – zumindest rückwirkend?

Claudia
Richtig. Für Wegzüge vor dem 1. Januar 2022 erkennt das Bundesfinanzministerium nun eine unbefristete und zinslose Stundung an – unter bestimmten Bedingungen: etwa EU- oder Schweizer Staatsbürgerschaft, Erwerbstätigkeit in der Schweiz und vergleichbare Steuerpflicht dort.

Timothea
Das heißt konkret?

Claudia
Betroffene können eine rückwirkende Stundung beantragen – sogar mit Rückerstattung bereits gezahlter Steuern. Das ist enorm wichtig, z. B. für Unternehmer, die 2020 umgezogen sind und bislang dachten: Das Geld ist weg. Aber: Es gibt auch hier Meldepflichten, z. B. monatlich Ereignisse melden, die zum Widerruf führen könnten – oder jährlich die Adresse bestätigen. Das muss gut organisiert sein.

Timothea
Also: eine Entlastung, aber kein Freifahrtschein.

Claudia
Genau. Wer gut dokumentiert, kann profitieren – wer’s schleifen lässt, riskiert den Stundungsverlust.

Timothea
Das war’s für heute im Willi-pedia Podcast. Drei spannende Entwicklungen – mit klaren Auswirkungen für Unternehmer mit internationalem Fokus.
Danke, Claudia, für die Einordnungen – und euch fürs Zuhören. Wenn Ihnen diese Folge gefallen hat, abonniert gerne unseren Podcast – und natürlich auch unseren Newsletter, die Mandantendepesche.

 

Autorin: Timothea Imionidou / Mitarbeit: Nils Gießler

 

02. Juli 2025

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