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Ist nach vier Jahren alles vergeben und vergessen?

Alles Wichtige zu den Steuer-Verjährungen in Spanien

Ein Kalender am Strand von Mallorca. KI

In Spanien beträgt die Verjährung in Steuersachen grundsätzlich vier Jahre - und diese vier Jahre rechnen sich ab dem letzten Tag der Einreichungsfrist einer Erklärung. 

Allerdings kann die Verjährungs-Uhr in bestimmten Fällen gestoppt oder verlängert werden: Sie beginnt beispielsweise erst zu ticken, wenn die Steuerbehörden von einem Vorfall erfahren, wie etwa bei einer Schenkung im Ausland. Auch das Einleiten eines Verfahrens durch das Finanzamt unterbricht die Verjährung.

Thomas Fitzner, Leiter der Abteilung Residenten bei der PlattesGroup, hat die Infos…

 

 

Jörg Jung
Ein ganz wichtiges Thema, auch wenn es Steuern geht ist die Verjährung. Hat sich jeder schon mal eventuell damit auseinandergesetzt. Ich mehrfach. Wir reden darüber. Und zwar mit unserem Steuerexperten bei der PlattesGroup und dem Leiter der Abteilung Residenten, mit Thomas Fitzner. Einmal mehr, Hallöchen, schön, dass du da bist.

Thomas Fitzner 
Hallo Jörg!

Jörg Jung
Ja, Verjährung kommt und ploppt immer wieder mal im zivilen Leben auf. Ich selbst bin ja auch schon körperlich mehr als verjährt und insofern wird das ein sehr interessantes Thema. In Sachen Steuern gibt es natürlich auch entsprechend die Verjährung, darüber reden wir, das wirst du uns jetzt alles erklären. Also insofern erstmal die grundlegende Frage, Verjährung, wann, warum, bei was?

Thomas Fitzner 
Der wichtigste Punkt bei der Verjährung ist ja, ab wann kann mir das Finanzamt für eine bestimmte Steuersache nicht mehr ans Leder? Die Frage wird ja besonders dann interessant, wenn einem siedend heiß einfällt, um Gottes willen, ich habe vergessen, was zu deklarieren oder da ist möglicherweise ein Fehler begangen worden, der mich teuer zu stehen kommen kann. Und dann ist die Frage, okay, kann mich das Finanzamt in dieser Sache noch belangen. In Spanien beträgt die Verjährung in Steuersachen mal ganz grundsätzlich vier Jahre. Und diese vier Jahre rechnen sich ab dem letzten Tag der Einreichungsfrist einer Erklärung. Also zum Beispiel, die Einkommenssteuererklärung 2024 muss bis 30. Juni 2025 abgegeben werden und die Verjährung tritt ein nach vier Jahren, also am 30. Juni 2029.

Jörg Jung
Das heißt also, ich möchte mal gerade in die andere Richtung gehen. Du bist in die Zukunft, in die Vergangenheit, also alles, was jetzt 2020 gewesen wäre, ist damit passé, was das angeht. Weil wir haben ja 2024, 2025...

Thomas Fitzner 
Nein, 2019 ist passé, denn 2019 musste 2020 eingereicht werden und ist damit Ende Juni 2024, wenn man jetzt von der Einkommensteuer sprechen, verjährt. Und die Einkommen- und Vermögensteuererklärung, wir haben ja dieselbe Einreichungsfrist für das Jahr 2020 werden jetzt am 30. Juni dieses Jahres verjähren.

Jörg Jung
Erkläre mal ganz schnell vom Prinzip her Verjährung. Also ich kenne es ja, dass Verjährung dann greift, zum Beispiel aus Deutschland, wenn das und das nicht passiert ist oder nicht passieren konnte, ist das in Spanien ähnlich? Also, guten Tag, wir konnten dir nichts zustellen. Guten Tag, wir haben da nichts gemacht. Damit ist das jetzt verjährt. Also ist das in Spanien dann ähnlich?

Thomas Fitzner 
Also es gibt verschiedene Sachverhalte, die dazu führen, dass die Verjährungs-Uhr zu ticken beginnt oder auch wieder stoppt. Ein Beispiel dafür sind Sachverhalte, von denen die spanische Steuerverwaltung nichts erfährt. Also Beispiel, eine Schenkung im Ausland. Wenn diese Schenkung vollzogen wird im Ausland, beginnt die Verjährungs-Uhr hier in Spanien erst zu ticken, wenn die spanischen Behörden von dieser Schenkung erfahren. Weil die haben ja sonst keine Möglichkeit davon zu erfahren. Das heißt also, wenn zum Beispiel im Ausland urkundlich eine Schenkung vollzogen wird, solange diese Urkunde hier in Spanien nicht einer Behörde vorliegt, beginnt die Verjährungs-Uhr nicht zu ticken. Das heißt eigentlich und theoretisch, jegliche Schenkungen, die man im Ausland erhalten hat als Spanien-Resident sind noch nicht in der Verjährung, solange keine offizielle Benachrichtigung an die spanische Behörde erfolgt ist. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass es bei der Erbschaft im Prinzip anders ist. Da gibt es zwar eine etwas komplizierte Situation, aber wir haben im direkten Kontakt mit der hier für die Residenten-Erbschaftssteuer zuständigen balerischen Steuerbehörde geklärt, dass tatsächlich die da an sich sind, dass hier die Verjährungs-Uhr mit dem Todesdatum zu ticken beginnt.

Dann gibt es noch Sachverhalte, bei denen die Verjährung unterbrochen wird. Zum Beispiel, wenn das Finanzamt ein Verfahren beginnt. Das heißt, in dem Moment, wenn der Liebesbrief von der Agencia Tributaria bei uns unter der Tür liegt und wir informiert werden, dass jetzt zu einer Steuersache ein Verfahren eröffnet wird, dann ist die Verjährung unterbrochen und das Finanzamt gibt sich einen bestimmten Zeitrahmen, um die Sache abzuhandeln. Das ist deswegen in Spanien von Bedeutung, weil vielfach Erklärungen kurz vor der Verjährung vom Finanzamt ins Visier genommen werden. Also es ist ein Klassiker, dass wenige Monate vor der Verjährung dann plötzlich die Einkommensteuer oder die Vermögensteuer von vor vier Jahren zum Gegenstand eines Verfahrens wird. Das heißt, man hat tatsächlich bis zum faktischen Ablauf der Verjährungsfrist keine Sicherheit, was mit dieser Angelegenheit wird. Und dann gibt es noch weitere Ausnahmen. Die genannte Verjährungsfrist von vier Jahren gilt jetzt mal ganz grundsätzlich für den administrativen steuerlichen Bereich. Aber es gibt ja, was Steuersachen anbelangt, noch eine andere Ebene. Bei schwereren Fällen bewegen wir uns ja im Strafrecht. Das heißt in Spanien konkret, wenn die Schadenssumme für das Finanzamt für eine Erklärung höher als 120.000 Euro ist, dann muss der Steuerprüfer den Akt an den Staatsanwalt weitergeben. Da wird eine Strafsache draus. Möglicherweise, nicht sicher, aber möglicherweise. Und dann ist die grundlegende Verjährung nicht vier Jahre, sondern fünf Jahre. Und bei besonders schwerwiegendem Sachverhalten, also Summe über 600.000 Euro oder Mitwirkungen in einer kriminellen Vereinigung, Verschleierung etc. etc. kann diese Verjährungsfrist sogar auf 10 Jahre ausgedehnt werden.

Jörg Jung
Jetzt ist die Frage nochmal vorweg für alle Steuern, gelten diese vier Jahre oder gibt es da auch noch steuertechnisch gesehen Abstufungen oder Unterschiede oder bleibt es egal was mit Steuern ist?

Thomas Fitzner 
Nein, das ist ganz grundsätzlich. Das steht so im allgemeinen Steuergesetz. Es besagt grundlegende Verjährung vier Jahre ab dem letzten Tag der Einreichungsfrist.

Jörg Jung
Jetzt kennt man ja vielleicht von zu Hause oder vom Büro aus das Ablagesystem ab in die Ecke. Das heißt also, ich bin jetzt tatsächlich über der Verjährung drüber und dann kann ich sagen, das Thema ist ja durch, das kann ich meinetwegen in den Papierwolf geben oder wegwerfen. Ist das dann möglich oder muss ich da irgendwie noch alles behalten, falls da dann doch noch was käme?

Thomas Fitzner 
Das ist eine ganz wichtige Frage, denn es gibt nichts Schlimmeres als festzustellen, dass man die falschen Papiere weggeschmissen hat und plötzlich braucht man die für ein Finanzamtverfahren. Also tatsächlich könnte man jetzt die Unterlagen der Einkommensteuer, Vermögensteuer 2019 entsorgen. Das ist die kurze Antwort und die, sagen wir, die Schlagzeilenantwort. Da muss ich aber ein bisschen differenzieren. Ich will etwas ausholen, einen Umweg machen über die Körperschaftssteuer und wir kehren dann wieder zu den Sachverhalten der natürlichen Person zurück. Nur um es zu erklären. Also es gibt im Handelsrecht die Verpflichtung und das betrifft ja unter anderem auch die selbstständigen Autonomos, dass Buchhaltungsunterlagen grundsätzlich sechs Jahre aufzubewahren sind. Diese sechs Jahre, das klingt jetzt mehr als die vier Jahre der steuerlichen Verjährung, ist aber nahezu parallel, denn die steuerliche Verjährung, wenn wir bedenken, dass für 2024 die Erklärungen ja erst im Folgejahr fällig werden und dann noch mal vier Jahre Verjährungsfrist draufkommen, da kommen wir auch so in der Nähe dieser fünf, fünfeinhalb bis sechs Jahre. Das ist also relativ gleich laufend. Allerdings haben wir dann bei Firmenbuchhaltung mit einem negativen Ergebnis, also mit Verlust, da müssen Verlustvorträge noch zehn Jahre zurück gerechtfertigt werden, gerechnet ab dem Fristende der Körperschaftssteuer. Das heißt, da haben wir effektiv eine Aufbewahrungspflicht von circa elf anderthalb Jahren. Außer diese Verlustvorträge werden früher verwendet. Und da ein kurzer Hinweis. Ich habe ja bei den Firmen grundsätzlich Verlustvorträge, die ich unendlich fortschreiben kann. Das ist der große Vorteil, wenn man etwas gewerblich macht. Auf der privaten, persönlichen Ebene kann ich Verlustvorträge nur vier Jahre lang verwenden und auch nur in einer ganz bestimmten eingeschränkten Weise.

Jetzt kommen wir aber noch mal zurück auf ein Thema, das Firmen und Privatpersonen gleichermaßen betrifft, nämlich Unterlagen über zum Beispiel eine Immobilie, die erworben wurde von einer Firma oder von einer Privatperson. Irgendwann wird diese Immobilie verkauft und da muss ein Gewinn ermittelt werden. Und da hat die Steuerbehörde tatsächlich das Recht, Unterlagen, ganz egal wie alt die sind, anzufordern, um zu prüfen, ob diese Gewinnermittlung korrekt erfolgt ist. Das heißt, da gibt es keine Verjährung. Ich muss diese Dokumente, wenn ich eine Immobilie verkaufe und ich habe diese Immobilie vor 40 Jahren gekauft, ich brauche diese Rechnungen, ich brauche die Unterlagen, das Finanzamt darf diese Unterlagen verlangen. Dazu sei noch gesagt, dass speziell in den vergangenen Jahren die Behörde noch ein Stück anspruchsvoller geworden ist und sich mit einfachen Rechnungen nicht zufriedengibt, sondern auch die entsprechenden Zahlungsbelege fordert. Das heißt, bei dieser Wegschmeiß-Orgie genau prüfen, ob da irgendetwas drin ist, das mir bei einem zukünftigen Verkauf, sei es eine Immobilie oder kann ja mal passieren, dass ich ein Konsumgut verkaufe, zum Beispiel ein Auto. Normalerweise erfolgt das mit einem Verlust, aber wenn es zum Beispiel ein Sammlerobjekt ist, dann kann es ja gut sein, dass dann Gewinn dabei herausschaut. Und in dem Moment, wo ich etwas mit Gewinn steuerpflichtig verkaufe, muss ich die Anschaffungskosten nachweisen können, damit das Finanzamt weiß, wie ich auf den veranlagten Gewinn gekommen bin, damit ich das dokumentieren kann.

Jörg Jung
Früher haben wir immer gesagt, der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen. Jetzt gehen wir mal davon aus, der Hund hat die Dokumente gefressen oder sie sind irgendwie auf andere Art Weise verloren gegangen. Was mache ich denn dann, wenn ich tatsächlich die Dokumente nicht mehr habe?

Thomas Fitzner 
Da sieht das allgemeine Steuergesetz ein Verfahren vor, das mehr oder weniger in einer Schätzung besteht, die tendenziell zu Ungunsten des Steuerpflichtigen verläuft. Das heißt, das Finanzamt versucht, solche Situationen nicht zu ermutigen. Nach dem Motto "Ich schmeiß die Papiere weg, dann kann mir nichts mehr passieren". Das kennen wir ja auch anderen Bereichen, sondern dann würde eine fundierte Schätzung vorgenommen. Man kann als Steuerpflichtiger, wenn so etwas, wenn so ein Fall eintritt, wenn bei einem Unfall, bei einem Brand, bei einem IT-Vorfall wichtige Unterlagen verloren gehen, sollte man sich darum bemühen, den Sachverhalt auf andere Weise zu rekonstruieren. Bei einer Immobile würde sich anbieten, dass man versucht, aus dem Zeitraum des Kaufs Unterlagen über vergleichbare Veräußerungen zu finden, den Immobilienpreisindex, irgendwelche Dokumente, die mir einen guten Hinweis geben, wie viel diese Immobile damals gekostet haben könnte, ist für das Finanzamt natürlich noch immer nicht ein Beweis dafür, wie viel dann tatsächlich bezahlt wurde. Wir wissen ja, dass vor 20, 30 Jahren ging ja oftmals eine Summe in B über den Tisch. Da ging der Notar kurz aus dem Raum und man einigte sich auf einen Betrag, der jetzt nicht so in der Urkunde stand. Das heißt, das Finanzamt, die sind ja nicht blöd, die wissen, was da alles passiert sein kann und ziehen das alles in Betracht und sind deswegen bei solchen Rekonstruktionen nicht extrem großzügig.

Jörg Jung
Wir haben nur ein paar Themen und darüber werden wir dann auch wieder reden in einer der nächsten Podcasts.

Thomas Fitzner 
Ja, sehr gerne.

 

Autor: Jörg Jung /  Timothea Imionidou

28. Februar 2025
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