"Ein neuer Touristen-Rekord wäre bedenklich"
![Ciro Krauthausen von der Mallorca Zeitung, KI](/fileadmin/user_upload/Podcasts/2025/Folge_MZ_01_25_Thumbnails_550.jpg)
Mallorca verweilt noch im Winterschlaf. Die Mallorquiner zelebrieren ihre Stadt- und Dorffeste, die den jeweiligen Schutzheiligen gewidmet sind. Die Mandelblüte steht zart in ihren Anfängen. Doch eines ist sicher: Im anstehenden Sommer strömen wieder Millionen auf ihre Lieblingsinsel und genießen Sonne, Strand und mehr, während es hinter den Kulissen dann womöglich wieder rumort.
Willi-pedia Podcast-Creator Jörg Jung und Ciro Krauthausen, Chefredakteur der Mallorca Zeitung, mit einer ersten Einschätzung zum neuen Jahr auf Mallorca.
Jörg Jung
Es gehört sich ja Anfang des Jahres, auch wenn wir schon so knapp im Februar sind, dass man dann auch mal schaut, wie könnte es denn werden in diesem Jahr 2025 oder was nehmen wir aus 2024 noch mit? Das machen wir natürlich auch beim MZ-News-Talk Januar mit dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung mit Ciro Krauthausen, schön, auch dich 2025 zu hören.
Ciro Krauthausen
Hallo, schönen guten Tag Jörg.
Jörg Jung
Und wir versuchen dann einfach mal auch für dieses Jahr, eins der vielen Jahre, die wir noch vor uns haben auf der Insel ein bisschen schon mal einen Vorausblick zu geben. Wobei der Vorausblick eigentlich, haben wir gesagt, schon mit einem kleinen Rückblick anfängt. Wie war denn deiner Meinung nach der Januar? War es die Erholung, die sich die Insel verdient hat?
Ciro Krauthausen
Ja, ich finde das immer sehr interessant im Januar hier. Es ist tatsächlich eine Art Auszeit, die noch an die Weihnachtszeit herangehängt wird. Die Weihnachtszeit endet ja erst so zu Drei Königen im Grunde genommen. Aber dann beginnen sofort die großen Winterfeste, namentlich Sant Antoni im Osten der Insel und San Sebastián hier in Palma.
Und damit einhergehen eine lange Liste an Veranstaltungen, an Bräuchen, an Traditionen, die auch teilweise sehr ernst genommen werden oder aber auch in den vergangenen Jahren immer mehr an Beliebtheit gewonnen haben zu Riesen-Events geworden sind, insbesondere die ganzen Sant-Antoni-Feierlichkeiten und die Insel ganz schön dann auf Trab halten und im Grunde genommen so bisschen umpolen. Und es geht dann weniger die drängenden Probleme und die ganzen wirtschaftlichen oder politischen Fragestellungen, sondern erst einmal diese Fiesta zu feiern. Das macht diese Insel auch sehr liebenswert. Es ist wirklich immer dann mächtig was los und es war auch hier in Palma sehr viel los zu San Sebastián, was ja auch erst in den vergangenen, sagen wir mal, 20 Jahren jetzt auch wieder irgendwie aufgekommen ist. Das war so ein bisschen im Vergleich zu dem, was auf den Dörfern los ist, war das ein bisschen lange Zeit etwas ärmlich hier in der Balearenhauptstadt. Aber mittlerweile haben sich da auch einige mit Gruppen und ja, das sind so ironisch Bruderschaften genannte Gruppen, eine Anspielung auf die dann ja auch bald anstehenden Osterprozessionen genannten Freundesgruppen, die dann durch die Stadt ziehen und die Stadt aufmischen. Ja, es war sehr schön und man sah auch viele Ausländer mittlerweile dabei. Auch für die hat es so einen Erlebnischarakter und es ist einEs war ein mächtiges Tohuwabohu.
Jörg Jung
Ja und vor allen Dingen, man ist ja halt eben auch unter sich. Das tut den Mallorquinern ja auch mal ganz gut zwischendrin.
Ciro Krauthausen
Ja genau, ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiges Element. Und zwar die Insel festigt so ein bisschen auch ihre Identität. Gerade bei den Sant-Antoni-Feierlichkeiten im Osten der Insel ist es so, dass die Dörfer, aber es ist natürlich auch in der Stadt Manacor, das kann man ja nicht mehr als Dorf bezeichnen, kommen zusammen. Es sind im Grunde genommen die Einheimischen, die ihre Bräuche pflegen, die das auch immer weiter ausdifferenzieren, diese Bräuche. Es gibt ein ungemeines Wissen, was da angehäuft wird, wie die abzulaufen haben, wie der Gottesdienst abzulaufen hat, wie dann euphorisch in der Kirche gesungen wird, wie dann der Teufel um das Lagerfeuer zu tanzen hat. Und es gibt also diese Rituale. Und diese Rituale sind den Einheimischen bekannt. Selbst wenn man jetzt auch von Palma aus dazustößt, ist einem das vieles fremd.
Aber für die Einheimischen ist es irgendwie eine Festigung der Identität. Interessant auch, es wird von den Jugendlichen massiv angenommen. Das hat einen Erlebnischarakter auch für die ganzen jungen Menschen. Sie gehen ganz offensichtlich ganz stark darin auf. Und es wird natürlich auch in den Schulen schon bearbeitet. Das ist so ein bisschen das Mallorca der Menschen, auf der Insel sind und die hier aufwachsen. Das müssen auch nicht unbedingt alles jetzt irgendwie Mallorquiner sein, die irgendwie Mallorquinisch zu Hause sprechen. Auch natürlich auch die Zugewanderten werden da auch darin aufgenommen, insofern sie tatsächlich auch irgendwie in diesen Dörfern aufwachsen und auch dort zur Schule gehen die Kinder und dort leben und integriert sind. Also man wird nicht ausgeschlossen, aber es ist schon so ein Ding der Einheimischen hier auf der Insel.
Jörg Jung
Und die Mandelblüte ist ja auch schon, also sie spitzt so bisschen raus, das muss man ja im Januar Richtung Februar auch immer mal noch auf Mallorca erwähnt haben. Ich finde es ja toll.
Ciro Krauthausen
Die ist natürlich schön, ein Klassiker. Man muss dazu sagen, Mandelbäume sind ja leider auch einige dahin gerafft worden, von dem Feuerbakterium und auch aus Altersschwäche, sind auch einige Plantagen durchaus beeinträchtigt. Aber es gibt sie noch und es ist auf jeden Fall schön. Wir bekommen auch immer regelmäßig dann die ersten Bilder der ersten gesehenen Blüten in der Zeitung eingeschickt und freuen uns natürlich auch darüber.
Jörg Jung
Und dann sind wir natürlich beim Thema, weil die Mandelblüte als solches ja schon das erste Tourismus Highlight der Insel. Es gibt ja viele Menschen, einfach wegen der Mandelblüte einfach nur mal nach Mallorca kommen. Das ist ja auch schön und gut. Es ist ja auch relativ ruhig, jetzt mal Margarine zum Hering, wie siehst du die Saison, die Tourismus Saison 2025? 22, 23, 24 haben alle gesagt, mehr geht ja fast gar nicht. Geht denn noch mehr überhaupt?
Ciro Krauthausen
Ich würde jetzt erstmal nicht davon ausgehen, womöglich geht noch mehr, die Kapazitäten sind ja durchaus beachtlich hier auf der Insel. Das will ich nicht ganz ausschließen, dass wieder ein neuer Rekord irgendwie gebrochen wird. Aber es wäre schon im Grunde genommen bedenklich, wenn auch das Niveau vom Vorjahr gehalten wird. Denn zur Erinnerung, es ist ja im Grunde genommen Konsens, dass sich etwas ändern muss. Es ist Konsens, dass die Urlauberzahlen eigentlich etwas zurückgefahren werden müssen. Es ist Konsens, dass auch die ganzen Auswirkungen in so vielen Lebensbereichen und vor allen Dingen, was die ganze Wohnungsproblematik betrifft, dass da etwas geschehen muss. Wie gestalten sich die Prognosen? Das ist ganz interessant. Also die Reiseveranstalter vermelden erhebliche Frühbuchungszahlen, die darauf hindeuten, dass es ja, wie gesagt, dass es auch dieses Jahr wieder sehr viele Urlauber auf der Insel sein werden. Man muss dazu sagen, dass auch die ganze frühe Buchung auch damit zusammenhängt, dass wenn man sich nicht beeilt oder dann erst spät bucht, dann auch die Preise ja auch dann erheblich steigen.
Und Mallorca ist und das ist sozusagen jetzt auch eine Sorge, die immer deutlicher auch zutage tritt, Mallorca ist halt auch über die vergangenen Jahre auch sehr teuer geworden und gerade für Familienurlaube teilweise dann nicht mehr so ganz einfach. Das sind dann erhebliche Kosten, die auf die Familien zukommen. Insofern die Familien buchen früher und abgerechnet wird natürlich am Ende des Jahres. Es ist immer ein bisschen schwierig einzuschätzen im Januar, weil jeder seine Interessen entsprechend verlautbaren lässt. Die Reiseveranstalter sind natürlich daran interessiert, dass weiter kräftig gebucht wird. Und insofern schüren sie dann auch so bisschen womöglich auch die Buchungsstimmung "Beeilt euch Leute, seid dabei, auch dieses Jahr wieder Mallorca genießen zu können".
Jörg Jung
Ich habe schon so eine fiktive Headline für die Mallorca Zeitung 2025: “Donald Trump besucht Mallorca, das Lieblingsreiseziel der Amerikaner.” Da tut sich doch in dem Jahr auch was oder soll sich zumindest was tun.
Ciro Krauthausen
Ich bin bei aller hier auf der Insel teilweise verbreiteten Euphorie über den Anschluss an den US-Tourismus, ich bin da immer etwas vorsichtiger. Ich glaube, da muss man die Kirche ein bisschen im Dorf lassen. Es gibt vier wöchentliche Direktflüge zwischen Palma und New York. Die sind jetzt auch nicht nur bis Ende September, sondern bis Ende Oktober. Das ist eine Ausweitung. Und vorher waren es nur drei wöchentliche Direktflüge, jetzt werden es vier sein, nicht im geringsten eine vergleichbare Hausnummer wie der deutsche oder britische oder skandinavische oder was auch immer Tourismus hier auf der Insel.
Jörg Jung
Wir lassen die Kirche im Dorf, we let the church in the village. Dann lassen wir das amerikanische Thema mal so davor sich hin gleiten wie auch die Boeings, die dann von New York nach Mallorca fliegen. Das andere Thema ist natürlich, du hast gerade eben angesprochen, da sind natürlich auch noch Skandinavier, Engländer ein bisschen weniger, aber die Deutschen sind noch da. Und das sind ja auch genau die Gruppen, die die Insel leer gekauft haben. Und dann hatten wir ja auch 2024 teilweise schon starke Protestbewegungen. Wir erinnern uns an so manchen Talk von uns, eure Schlagzeilen in der Mallorca Zeitung. Geht es 2025 noch genauso weiter oder reißt man sich da so ein bisschen am Riemen?
Ciro Krauthausen
Die Aufgabenstellung der Politik hier auf Mallorca und auf den Balearen, die ist ja unzweifelhaft. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, die die Auswirkungen des Tourismus vor allen Dingen auf dem Wohnungsmarkt eindämmen. Es müssen Maßnahmen getroffen werden in Bezug auf die Überfüllung der Insel. Diese Maßnahmen wurden eingefordert vergangenes Jahr auf den Demonstrationen und von dieser Protestbewegung. Die Maßnahmen sind auch versprochen, die sollten jetzt über die vergangenen Monate erarbeitet werden oder zumindest angedacht werden. Dafür wurde ein runder Tisch einberufen, der wiederum sich aufgliedert in verschiedene Arbeitsgruppen. Diese Arbeitsgruppen haben jetzt beratschlagt und sollen am 27. Februar sollen erste Ergebnisse dieser Beratung bekannt gemacht werden.
Das ist sozusagen der erste Schritt. Dann geht es um Fragen, will man zum Beispiel ein Limit an Fahrzeugen hier auf der Insel einführen oder versuchen, das irgendwie anderweitig zu steuern? Wie ist es mit der Ferienvermietung? Will man die Touristensteuer oder Übernachtungsabgabe, will man die erhöhen? Es gibt so eine Reihe von Stellschrauben, die zur Debatte stehen, wie ob man die anzieht oder ob man da etwas unternimmt. Und da muss eigentlich etwas kommen, oder nicht nur eigentlich, da muss etwas kommen, weil da steht die Regierung, die konservativ geführte Regierung in der Bringschuld. Die Signale sind im Moment nicht ganz einfach zu deuten. Also man merkt, jetzt wo wir so bisschen in die Zielgerade gehen, was diese Maßnahmen betrifft, dass da wahrscheinlich auch hinter den Kulissen Druck aufgebaut wird, weil es natürlich da auch viel Geld geht.
Also es gibt zum Beispiel derzeit Stand jetzt Ende Januar keine eindeutigen Aussagen, was nur mit der Touristensteuer geschehen wird, inwieweit sie erhöht wird. Sowohl die Ministerpräsidentin Marga Prohens als auch ihr Wirtschaftsminister und zweiter Mann Toni Costa, die eiern da ganz schön herum, vermeiden da deutliche Aussagen. Und ebenso in den anderen Themen. Das ist sozusagen das, was jetzt erwartet wird. Wenn man nicht von jetzt auf gleich was ändern will, dann beruft man erst mal Kommissionen ein. Nachdem die Ergebnisse des runden Tisches präsentiert worden sind, dann sollen auch noch mal Experten darüber beraten, wie man das am besten umsetzt. Und dann werden wir schauen, was daraus geworden ist. Es geht immer ganz stark auch das Thema Ferienvermietung. Da ist es natürlich eindeutig, dass das illegale Angebot an Ferienvermietungen hier auf der Insel eingeschränkt werden soll oder bekämpft werden soll. Da ist es auch mittlerweile auch häufig so, dass da dicke Strafen irgendwie verhängt werden oder Bußgelder, die jetzt auch teilweise auch von den Gerichten bestätigt werden und wo es dann auch in mehrere Zehntausend Euro geht, die dann größere illegale Ferienvermieter zu zahlen haben. Die andere Frage ist aber auch, folgt man dem Weg anderer Destinationen auch die legale Ferienvermietung wieder etwas zurückzufahren, um wieder Wohnraum zu gewinnen für die Einheimischen.
Jörg Jung
Insofern danke ich schon mal, Ciro, für die ersten Einschätzungen jetzt für den MZ-News-Talk 01/25. Und ja, bei unserem nächsten News Talk wissen wir bestimmt schon mal wieder mehr, wie denn die Stellschrauben und die Weichen denn für 2025 gesetzt werden. Ich bedanke mich auf jeden Fall bei dir und wünsche dir auch weiterhin noch jetzt erstmal eine ruhige schöne Winterzeit auf der Insel.
Ciro Krauthausen
Jaja, das hört jetzt auch wieder auf hier mit der Feierei und jetzt müssen wir wieder arbeiten. So ist es halt.
Jörg Jung
Genau so ist es, genau so ist es. Dankeschön. Tschüssi!
Ciro Krauthausen
Ich habe zu danken.
Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp