So tickt die Steuerfahndung in Spanien - Teil 1

Gut ausgebildet, elektronisch massiv ausgerüstet und KI-unterstützt - das ist die Steuerfahndung in Spanien.
Man hat zwar nicht direkt die Steuerfahndung am Hals, wenn man einen Brief vom Finanzamt bekommt, der sich auf eine bereits eingereichte Erklärung bezieht, liegen dem Finanzamt aber klare Indizien auf eine größere Unregelmäßigkeit vor, kommen die Ermittler der Steuerprüfung ins Spiel! Und das kann höchst unangenehme Folgen haben.
Welche das sind, erklärt der Leiter der Residenten-Abteilung der PlattesGroup, Thomas Fitzner in Teil 1 unserer Mini-Serie…
Jörg Jung
Wir behandeln ja mit dem lieben Thomas Fitzner schon seit Wochen die verschiedensten Steuerthemen hier in Spanien, auf den Balearen, auf Mallorca. Und wir lernen immer mal so einen Schritt dazu. Jetzt kommen wir, also wenn das Kind komplett in den Boden gefallen ist, kommen wir jetzt zu einem Thema, das nennt sich Steuerfahndung. Wir reden darüber. Und wie ich schon erwähnte natürlich mit Thomas Fitzner, dem Leiter der Abteilung Residenten bei der PlattesGroup. Einmal mehr Thomas, ich grüße dich.
Thomas Fitzner
Grüße dich, Jörg.
Jörg Jung
So, wir haben jetzt mal ganz kurz die Steuerfahndung nicht im Nacken sitzen, wir können in Ruhe reden. Aber das ist natürlich auch ein ganz, ganz wichtiges Thema, wie ich schon sagte, also wenn schon drei Kinder in den Brunnen gefallen sind und die Steuerfahndung tatsächlich dann an der Backe klebt. Zunächst natürlich mal die Frage im Allgemeinen, welche Art Steuerfahndung gibt es überhaupt?
Thomas Fitzner
Also, zunächst mal, ich habe nicht unbedingt die Steuerfahndung am Hals, wenn ich einen Brief vom Finanzamt bekomme, der sich auf eine bereits eingereichte Erklärung bezieht. Denn in Spanien habe ich ja das Prinzip der Selbstveranlagung. Das heißt, ich muss die Steuererklärung selbst erstellen oder erstellen lassen und die Steuerlast selbst ermitteln, Schrägstrich lassen und reiche dann ein und bezahle. Und anders als in Deutschland gibt es also kein Verfahren, das mit einem Bescheid endet, sondern die Erklärung liegt mal beim Finanzamt. Das Geld ist einbezahlt und dann beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, über die wir ja in einem der letzten Podcasts gesprochen haben. Und ob das, was wir da deklariert haben, richtig ist oder nicht, erfahren wir entweder nie, wenn nämlich die Verjährungsfrist endet und das Finanzamt hat sich nicht gemeldet oder wir erfahren es nur, wenn das Finanzamt tatsächlich ein Verfahren anstrengt. Und die häufigste Art von Verfahren ist schlichtweg eine Aufforderung, dass man die gemeldeten Zahlen, weil ich reiche ja nur einen Datensatz ein und keine Dokumente, dass man also die gemeldeten Zahlen belegen soll. Das kann entweder eine Routine-Angelegenheit sein, zum Beispiel werden wir häufiger aufgefordert, wir sollen doch belegen, dass wir die ausländische Steuer, die wir hier angerechnet haben in der Einkommenssteuer, wir sollen belegen, dass die tatsächlich dieser Höhe entspricht. Wir sollen die entsprechenden Dokumente einreichen. Das heißt, dieser Brief, der normalerweise von der Ebene Gestion kommt, da komme ich jetzt auf deine Frage, welche Arten von Steuerfahndung es gibt. Das ist noch nicht die Steuerfahndung. Das ist eine ganz simple administrative Kontrollinstanz. Also die werden unter den spanischen Finanzbeamten und Steuerberatern so ein bisschen als die Quadratschädel angesehen. Die gehen strikt nach den formalen Vorgaben. Die schauen sich nur an, ob formal alles in Ordnung ist und fragen dann ab, bitte belegen Sie uns doch zum Beispiel die Anschaffungskosten einer Immobilie, wenn man einen Verkauf gemeldet hat oder Zinseinnahmen im Ausland, die das Finanzamt hier auf andere Art nicht nachprüfen kann. Das ist das eine Motiv und das andere Motiv kann sein, dass dem Finanzamt Informationen vorliegen, die den Schluss nahelegen, dass die gemeldeten Zahlen nicht korrekt sind. Das kann auch passieren. Für diese, das nennt sich hier requierimiento, also eine Aufforderung zur Dokumentenvorlage, hat man normalerweise zwischen 10 und 15 Tage Zeit. Das ist natürlich ein extrem kurzer Zeitraum, speziell, wenn man sich nicht entsprechend vorbereitet hat, sondern so ein bisschen die Erklärung aus dem Ärmel geschüttelt hat und die Dokumente nicht bereitliegen. Wichtig auch noch, wenn das Dokumente aus dem Ausland sind, dann muss man immer bedenken, dass der Steuerberater die für das Finanzamt ja auch noch aufbereiten muss, in eine der offiziellen Sprachen übersetzen und auch für das Finanzamt erklären und darlegen muss. Wie gesagt, erste Antwort 10 bis 15 Tage und dieses Verfahren kann sich dann auch über so ein paar Wochen oder manchmal auch Monate hinziehen. Und die höhere Stufe, die nächst höhere Stufe ist dann schon die Steuerprüfung, die Inspektion. Wenn man von denen angeschrieben wird, das ist dann so bisschen eine ernstere Geschichte. Das bedeutet schon, dass dem Finanzamt klare Indizien auf eine Unregelmäßigkeit vorliegen. Wir haben jetzt gerade einen Fall gehabt, da hat sich eine solche Prüfung über mehr als zwei Jahre hingezogen, bis ein gemeinsames Protokoll unterschrieben worden ist, bei der unser Mandant die Steuerschuld anerkennt, die einbezahlt hat, dann auch die Strafen etc. etc. und Zinsen.
Jörg Jung
Wobei wir auch in einer der letzten Podcasts vorhin gesagt haben, so richtig Zähne zeigen tun die eigentlich in Spanien so ab den richtig hohen Beträgen, was sehr hoch klingt, ab 120.000 Euro. Habe ich das richtig verstanden?
Thomas Fitzner
Die Zähne zeigen, auf der Verwaltungsebene können sie schon früher. Die Sache ist, wenn ich diese Schwelle von 120.000 Euro überschreite, dann kann das von einem reinen administrativen Verfahren zu einem strafrechtlichen Verfahren werden, wo zum Beispiel auch Gefängnisstrafen drohen. Solche Gefängnisstrafen oder weit höhere Geldstrafen, die drohen mir auf der Verwaltungsebene ja noch nicht. Das kann zwar teuer werden, aber ich habe in keinem Fall Notwendigkeit, dass ich da jetzt schon mit einem Anwalt vor einem Gericht erscheinen muss und, dass das in eine Verhandlung geht, etc. Also ab 120.000 Euro kann es richtig ernst werden. Aber wir haben auch schon ziemlich zähe und unangenehme Prüfungen mit geringeren Beträgen erlebt.
Jörg Jung
Bei Steuerfahndung habe ich ja trotz allem immer wieder irgendwie so den Sherlock Holmes im Kopf mit seiner Mütze und der mit der Lupe alles durchsucht und erstmal so wie Detektivarbeit macht. Also ist es denn auch die, sagen wir mal, Kompetenz der Steuerfahndung da so richtig in Anführungszeichen Detektivarbeit zu leisten?
Thomas Fitzner
Absolut. Sherlock Holmes hatte ich mir schon überlegt, irgendwie so als den Unterschied zwischen Gestion und Inspektion zu illustrieren. Also Gestion, sind die Beamten, die schauen sich die Papiere an, ob da alles stimmt. Und bei Inspektion und in der Steuerverhandlung selbst sind die dann schon auf einem anderen Niveau unterwegs. Man sollte die auch nicht unterschätzen. Die sind gut ausgebildet, elektronisch hochgerüstet. Das ist, glaube ich, gerade für Residenten aus deutschen Landen wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die spanische Steuerbehörde von allen spanischen Behörden wahrscheinlich die ist, die digital und von ihren Fähigkeiten der Nutzung von Big Data, Künstliche Intelligenz, Überwachung von einer Vielzahl elektronisch zugänglicher Datenquellen, die am besten ausgestattete ist. Sie hat halt nur ein Problem. Sie ist personell unterbesetzt und die können halt nur stichprobenartig vorgehen und nicht mit diesem flächendeckenden System, wie es in Deutschland der Fall ist, wo, also ich höre da immer wieder Schätzungen, das sind wahrscheinlich unterschiedliche Zählmethoden, aber Finanzbeamten pro 1000 Einwohner hat Deutschland zwischen drei und sechs Mal mehr, je nachdem, man wie man die zählt und wen man dazu zählt. Eine Sache auch noch zu dieser Schwelle von 120.000 Euro und dem Strafverfahren, da ist ja wichtig, dem kann man vorbeugen. Also, wenn man erkennt, dass ein Sachverhalt besteht, der eine solche Schadenssumme für das Finanzamt bedingen könnte, besteht immer die Möglichkeit, solange das Finanzamt noch kein Verfahren eröffnet hat, diese Erklärung betreffend, dass man sich mit einer freiwilligen Nacherklärung aus dem strafrechtlichen Bereich komplett verabschiedet. In Deutschland wäre das in etwa gleich bedeutend mit der Selbstanzeige, funktioniert ein bisschen anders. Man macht da einfach, also einfach unter Anführungszeichen eine Nacherklärung. Und damit ist der Sachverhalt strafrechtlich gegessen. Und ich habe auch mit Säumniszuschlägen und Säumniszinsen zu tun, aber nicht mit Strafen.
Jörg Jung
Die andere Sache ist, es gibt ganz, ganz verschiedene Arten von Steuern in Spanien. Da haben wir auch schon mal drüber geredet. Was gibt es da überhaupt? Es gibt dieses, es gibt jenes, es gibt die Vermögensteuer, es gibt die Erbschaftsteuer und so weiter und so fort. Körperschaftsteuer. Ist die Steuerverhandlung an sich eine Behörde oder sind die auch auf spezielle Steuerarten dann entsprechend aufgeteilt und haben dann die entsprechenden Kompetenzen?
Thomas Fitzner
Ja, du erinnerst an unserem Podcast über die Fiskalgeografie. Und tatsächlich machen sich es die Spanier, was die Steuerfahndung betrifft, gerade selber ein bisschen schwer. Also nehmen wir als klassisches Beispiel die Einkommens- und die Vermögensteuer für Residenten. Die muss ja gemeinsam erstellt werden, weil es Wechselbeziehungen zwischen diesen beiden Erklärungen gibt. Aber tatsächlich, also zum Beispiel ein Balearen-Resident, für die Prüfung seiner Vermögensteuer ist die balearische Steuerbehörde zuständig und für die Prüfung der Einkommenssteuer die staatliche Steuerbehörde. Und die können sich also noch so gut verstehen, es ist nicht dasselbe, wenn zwei vollkommen unterschiedliche Behörden, wo es dann auch Rivalitäten und vielleicht nicht immer die beste Kommunikation gibt, wenn die jetzt zwei Erklärungen zu bearbeiten und zu prüfen haben, die so viele Wechselbeziehungen haben. Das heißt, tatsächlich gibt es da unterschiedliche Prüfbehörden, nämlich die regionale und die staatliche. Und das ist einfach zurückzuführen auf die sehr hohen Kompetenzen im Steuerbereich, die den Regionen in Spanien zugesprochen wurden.
Jörg Jung
Lieber Thomas, wir freuen uns auf einen weiteren Teil "So tickt die Steuerfahndung in Spanien", denn wir müssen auch noch dringend rausfinden, welcher Mittel die sich bedienen. Wir erinnern uns an den Fall Shakira. Das ist zwar schon ein paar Monate her, aber das war sehr eindrucksvoll, was da passiert ist. Also am Dienstag hören wir uns wieder mit Teil 2 "So tickt die Steuerfahndung in Spanien".
Autor: Jörg Jung / Timothea Imionidou