Erbrecht | Erben in Spanien | Rechtslage
In Spanien ist das Erbrecht im Gegensatz zu Deutschland nicht nur auf nationaler Ebene geregelt. Zwar existieren gemeingültige, nationale Regelungen, allerdings geht die Anwendung der einzelnen durch die autonomen Regionen erlassenen Regelungen, das sog. Foralrecht, dem gemeinspanischen Recht vor. Auch auf den Balearen bzw. auf den einzelnen Inseln existieren solche speziellen regionalen Rechtsordnungen. Durch die regionalen Gesetze wird jedoch nicht immer und zwangsläufig vom gemeinspanischen Recht abgewichen, so dass dieses trotzdem dort, wo in den regionalen Rechtsordnungen nichts Abweichendes geregelt ist, Anwendung findet.
Aufgrund der EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates wird das Heimatrechtsprinzip aufgegeben und vielmehr auf den gewöhnlichen Aufenthalt (residencia habitual) abgestellt. Somit findet auf den Nachlass ausländischer und somit auch deutscher Staatsangehöriger, die in Spanien ihren Lebensmittelpunkt haben, spanisches Erbrecht Anwendung – gegebenenfalls sogar vom gemeinspanischen Erbrecht stark abweichende Foralrechte.
Die wichtigsten Themen zum Erben in Spanien
Nach nationalem Recht sind zunächst die Kinder des Erblassers als Erben zu gleichen Teilen berufen. Deren Abkömmlinge treten wiederum ein, falls ein oder mehrere Kinder bereits verstorben sind, die Vererbung erfolgt also über den jeweiligen Stamm. Sollten keine Kinder oder andere Abkömmlinge vorhanden sein, erben die Eltern zu gleichen Teilen, insofern beide noch am Leben sind. Sollte nur noch ein Elternteil am Leben sein, so fällt dem anderen Teil dessen Hälfte zusätzlich zu. Die vorherigen Vorfahren treten wiederum für die Eltern ein. Nur wenn weder Abkömmlinge noch Vorfahren vorhanden sind, ist der Ehegatte zum Erben berufen. Sollte auch kein Ehegatte existent sein, so erben die Seitenlinien des Verstorbenen bis zu einem gewissen Grad. Mangels Vorhandensein von Ehegatten oder erbberechtigten Verwandten erbt schließlich der spanische Staat.
Vor Verteilung der Erbmasse wird die eheliche Gemeinschaft güterrechtlich auseinandergesetzt. Der gesetzliche Güterstand ist nach nationalem spanischen Recht die sog. Errungenschaftgemeinschaft. Dies bedeutet, dass alles, was einer der beiden Ehegatten während der Ehe erringt, zum gemeinsamen Vermögen der beiden Eheleute wird. Im Falle des Todes eines von ihnen bekommt somit der überlebende Ehegatte die Hälfte dieser gemeinsamen Errungenschaft, während die andere Hälfte in die Erbmasse verfällt. Bei der nach deutschem Gesetz mangels Ehevertrags bestehenden Zugewinngemeinschaft verhält es sich ähnlich.
Die mallorquinische gesetzliche Erbfolge richtet sich weitestgehend nach dem nationalen spanischen Recht, jedoch mit dem Unterschied, dass letztendlich beim Nichtvorhandensein von Abkömmlingen, Vorfahren, eines Ehegatten oder Seitenlinien nicht der spanische Staat, sondern verschiedene balearische Institutionen wie die Gemeinde, der der Erblasser angehörte, und der Inselrat erbberechtigt sind. Eine weitere Besonderheit ist, dass das mallorquinische Foralrecht dem Ehegatten auch bei der gesetzlichen Erbfolge seinen Pflichtteil zuspricht, im Konkreten das Nießbrauch an der Hälfte der Erbschaft neben Abkömmlingen und an zwei Dritteln der Erbschaft neben Eltern und anderen Vorfahren.
Der gesetzliche Güterstand ist nach dem vor dem gemeingültigen spanischen Recht vorrangig anzuwendenen mallorquinischem Foralrecht die Gütertrennung. Dies bedeutet, dass jeder Ehegatte Eigentümer der von ihm selbst in die Ehe eingebrachten Güter bleibt. Gleiches gilt für die während der Ehe erworbenen Vermögensmassen. Aus diesem Grund findet keine Auseinandersetzung der Ehegemeinschaft statt.
Zunächst ist wie in Deutschland zwischen Erben und Vermächtnisnehmern zu unterscheiden. Dies ist in ganz Spanien einheitlich geregelt. Hierbei gilt, dass dem Vermächtnisnehmer ein oder mehrere bestimmte Gegenstände aus der Erbschaftsmasse zugedacht sind. Dem Erben dagegen fällt die gesamte Erbschaft mit allen Rechten und Pflichten oder aber neben anderen Erben ein Anteil zu. Er ist dem Vermächtnisnehmer gegenüber verpflichtet, diesem die ihm zugedachten Gegenstände herauszugeben. Bei der Interpretation, ob eine Person als Vermächtnisnehmer oder Erbe eingesetzt ist, ist im Zweifel von der Einsetzung als Erbe auszugehen, insofern der Wille hierzu aus dem Testament des Verstorbenen hervorgeht.
Grundsätzlich kann eine Ferienimmobilie auf Mallorca jedoch ein Vermächtnis oder eine Erbschaft bzw. einen Teil einer Erbschaft darstellen. Eine Person kann sowohl mit einem Vermächtnis bedacht werden als auch darüber hinaus als Erbe eingesetzt werden. Beide Konzepte schließen einander nicht aus.
Der spanische sog. Pflichtteil sind die Prozentsätze der Vermögensgüter, über die ein Erblasser nicht frei in seinem Testament verfügen kann, da sie per Gesetz bestimmten Personengruppen zugedacht sind. Hintergrund hierfür ist, dass in vielen kontinentaleuropäischen Ländern der Stamm einer jeweiligen Familie sowie der Ehegatte gegenüber Nichtangehörigen geschützt werden soll. Darüber hinaus kann der Pflichtteil in Spanien nicht umgangen werden, indem bereits zu Lebzeiten Schenkungen an eine oder unterschiedliche Personen vorgenommen werden, um den Pflichtteil zu schmälern. Solche Schenkungen werden i.R.d. sog. Erbausgleiches im Erbfall wieder in die Erbschaftsmasse einbezogen.
Die gesetzliche Erbfolge im spanischen Erbrecht richtet nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser und nach dessen Familienstand. Die gesetzlichen Erben, d.h. sofern kein Testament vorliegt, sind:
- die Kinder und ihre Abkömmling
- die Eltern und ihre Vorfahren
- der überlebende Ehegatte
- die Seitenverwandten bis zum vierten Grad
- der Staat
Die Verwandten des Erblassers in absteigender Linie erben vorrangig. D.h. die Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge. Hierbei werden an erster Stelle die Kinder des Erblassers zu Erben berufen, Kindeskinder und andere Abkömmlinge treten an die Stelle des vorverstorbenen Kindes (erbrechtliche Repräsentation).
Im Falle, dass keine Abkömmlinge vorhanden sind, werden die Eltern des Erblassers zu gesetzlichen Erben und zwar zu gleichen Teilen. Im Falle, dass ein Elternteil bereits verstorben ist, wird der andere Elternteil Erbe des gesamten Nachlasses. Sollten beide Eltern des Erblassers verstorben sein, fällt der Nachlass dem gradnächsten Vorfahren zu. Erst wenn weder Abkömmlinge noch Vorfahren des Erblassers vorhanden sind, erbt der überlebende Ehegatte und danach Verwandte der Seitenlinie bis zum 4. Grad. Existieren keine erbberechtigten Verwandten und kein überlebender Ehegatte, erbt der spanische Staat.
Testamente können in der gesetzlich vorgeschriebenen Form bestellt werden und sind jederzeit frei widerruflich, auch wenn der Testierende etwas anderes erklärt hat. Hieraus erklärt sich ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht, der darin besteht, dass gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge im gemeinspanischen Recht unzulässig sind. Dieses Verbot betrifft ebenfalls außerhalb Spaniens errichtete gemeinschaftliche Testamente spanischer Staatsbürger. Dies bedeutet auch, dass in Deutschland errichtete gemeinschaftliche Testamente, z.B. Berliner Testamente deutscher Erblasser mit gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien, ungültig sind, wenn bei Testamentserrichtung nicht ausdrücklich die Anwendung deutschen Erbrechts vorbehalten wurde.
Im Bereich der Erbverträge gilt dieses Verbot dann nicht, wenn es sich um Vertragsabschlüsse über Teilungsanordnungen mit dem Ziel einer Vermögensaufteilung unter Lebenden handelt und sofern hierdurch keine Noterbrechte beeinträchtigt werden. Eine weitere Ausnahme existiert für den Fall von Vereinbarungen zwischen Eheleuten auf den Todesfall über zukünftiges Vermögen, sofern diese im Rahmen von ehevertraglichen Vereinbarungen bereits vor der Eheschließung getroffen werden. Einige regionale Foralrechte lassen allerdings das gemeinschaftliche Testament und den Erbvertrag ausdrücklich zu, so z.B. Aragonien, Navarra oder Katalonien.
Das spanische Erbrecht legt außerdem fest, dass notarielle Testamente automatisch beim zentralspanischen Testamentsregister (Registro General de Actos de Ultima Voluntad) in Madrid registriert werden. Auch ausländische notarielle Testamente und Erbverträge können beim Testamentsregister hinterlegt werden, was bei in Spanien belegenden Nachlassvermögen empfehlenswert sein kann.
Wie in anderen Rechtsordnungen üblich, garantiert das gemeinspanische Recht den nächsten Angehörigen einen Anteil am Nachlass auch gegen den Willen des Erblassers - die sogenannte "legítima". Im Unterschied zur Rechtslage in vielen anderen Ländern, wie Deutschland, handelt es sich beim gemeinspanischen „Pflichterben“ (heredero forzoso) um einen echten Noterben. Es geht also nicht um einen bloßen schuldrechtlichen Geldanspruch gegen die Erben, sondern der Pflichtteilsberechtigte wird automatisch Miterbe, mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten. Ein spanischer Erblasser könnte nur dann über sein gesamtes Vermögen testamentarisch frei verfügen, wenn keine Noterben vorhanden sind – dies sind:
- die Kinder und deren Abkömmlinge
- die Eltern und Vorfahren
- der Ehegatte
Kindern und Abkömmlingen stehen zwei Drittel des Nachlasses als Noterbrecht zu. Hierbei ist ein Drittel auf die Kinder zu gleichen Teilen zu verteilen, während das zweite Drittel zur Aufbesserung einzelner Kinder verwendet werden kann. Nur das dritte Drittel steht dem Erblasser zur freien Verfügung. Wenn keine Kinder und Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind, steht den Eltern und entfernteren Vorfahren ein Pflichtteilsrecht über die Hälfte der Erbschaft zu. Treffen sie mit überlebenden Ehegatten zusammen, so beträgt deren Pflichtteil nur ein Drittel.
Der erbrechtlichen Auseinandersetzung des Nachlassvermögens ist die ehegüterrechtliche Auseinandersetzung der Vermögensmaßen vorgeschaltet. Der gesetzliche Gütererstand des gemeinspanischen Código Civil ist im Unterschied zum deutschen Recht der des "régimen de gananciales", d.h. der Errungenschaftsgemeinschaft: All das, was jeder Ehegatte während der Ehe als Gewinn oder Ertrag erhält wird somit zu gemeinsamen Vermögen. Bei Auflösung der Gemeinschaft erhält der überlebende Ehegatte deshalb die Hälfte des gemeinsamen Vermögens, während die andere Hälfte in den Nachlass fällt. Vom gesetzlichen Güterstand kann nur durch einen öffentlich beurkundeten Ehevertrag abgewichen werden, der bei Eintragung der Ehe im Zivilstandsregister und bei Erwerb von Immobilien im spanischen Grundbuch vermerkt wird.
Andere gesetzliche Güterstände sind möglich, wie bspw. die Gütertrennung. In Katalonien stellt die Gütertrennung nach den Vorschriften des katalanischen Zivilgesetzbuches sogar den gesetzlichen Ehegüterstand dar.
Es ist stets ratsam, sich bereits zu Lebzeiten damit auseinanderzusetzen, was mit dem Hab und Gut im Falle des Ablebens passieren soll. Viele Menschen hadern bei dem Entschluss, sich mit den eigenen Hinterlassenschaften auseinanderzusetzen, schließlich ist der Gedanke an den eigenen Tod nicht immer angenehm. Man sollte jedoch im Auge behalten, dass man seinen Erben mit einem gut geplanten Testament in Zeiten, in denen sie bereits mit Trauer und Verwaltungsangelegenheiten zu kämpfen haben, viel Ärger und Unklarheit ersparen kann, was diese dem Erblasser sicherlich danken werden. Das Testament sollte dann im spanischen Erbregister registriert werden um die Verfahrensfragen beim Eintritt des Erbfalls sehr niedrig zu halten.
Das spanische Erbrecht sieht vor, dass die Rechte am Nachlass zwar im Augenblick des Todes des Erblassers unmittelbar beim Erben anfallen, dieser jedoch die Erbschaft im Unterschied zum bspw. deutschen Erbrecht ausdrücklich oder stillschweigend annehmen muss, um sie auch zu erwerben.
In der Zeitspanne zwischen Erbfall und Annahme ist das Nachlassvermögen ohne Rechtsträger: Es handelt sich um eine sogenannte „ruhende Erbschaft“. Darüber hinaus kennt das spanische Erbrecht im Gegensatz zu vielen anderen Rechtsordnungen allgemein keine gesetzliche Frist zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft. Eine Annahme kann ausdrücklich privatschriftlich oder in öffentlicher Urkunde erfolgen. Eine stillschweigende Annahme ist ebenfalls möglich und wird dann angenommen, wenn der Erbe Handlungen vornimmt, die einen Annahmewillen voraussetzen oder zu deren Vornahme nur ein Erbe berechtigt ist. Die Annahme kann entweder „rein und einfach“ (aceptación pura y simple) erfolgen, sodass der Erbe mit seinem ganzen Vermögen haftet, oder sie erfolgt unter dem Vorbehalt des Inventars zwecks Beschränkung der Haftung auf die Erbmasse.
Insbesondere vor dem Hintergrund des im Vergleich zur Rechtslage in anderen Ländern, wie bspw. Deutschland, unterschiedlichen Pflichtteils- bzw. Noterbenrechts sowie der Unzulässigkeit gemeinsamer Testamente und allgemein auch von Erbverträgen sollten bestehende letztwillige Verfügungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem aufgrund der Begründung eines Wohnsitzes in Spanien allgemein zur Anwendung kommenden regionalen spanischen Erbrechts überprüft werden. Dies hat gerade auch im Bereich des Immobilienrechts enorme praktische Auswirkungen und ist daher bei der allgemeinen Erbschaftsplanung stets zu beachten.
In diesem Zusammenhang sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen: Auf ausländische Staatsangehörige der EU, die in Spanien ihren Lebensmittelpunkt haben und die bisher noch keine testamentarischen Regelungen getroffen haben, findet demnach spanisches Erbrecht Anwendung, was zu wesentlichen Abweichungen zu gewohnten Regelungen aus dem Heimatland führen kann.