Die Reichensteuer in Spanien wackelt nicht
15. November 2023Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Reichensteuer in Spanien auch in diesem Jahr weiter erhoben. Das spanische Verfassungsgericht hat die Verfassungsklage der Madrider Regierung gegen die „Temporäre Solidaritätssteuer für große Vermögen“ (Impuesto Temporal de Solidaridad de las Grandes Fortunas) abgewiesen.
Die Reichensteuer hatte sich zum Jahresende 2022 (Ley 38/2022 vom 27. Dezember 2022) als kalte Dusche für jene autonomen Gemeinschaften herausgestellt, welche die Vermögensteuer abgeschafft oder beträchtlich reduziert hatten. Die Zentralregierung des Sozialisten Pedro Sánchez hat nun ihre Hauptziele erreicht: die Initiativen der konservativ regierten Regionen gegen die Vermögensteuer zu stoppen, zusätzliche Mittel für die Staatskasse zu generieren und die Steuerlast in den verschiedenen Teilen des Landes einigermaßen zu harmonisieren.
Das Urteil zwingt autonome Regionen wie Madrid und Andalusien, die ihre regionalen Zuständigkeiten genutzt hatten, um die Vermögensteuer außer Kraft zu setzen, nun zu einer Neubewertung ihrer Wiedereinführung. Die Präsidentin der Autonomen Gemeinschaft Madrid, Isabel Díaz Ayuso, hat bereits angekündigt, die Vermögensteuer in der Hauptstadt wieder zu aktivieren. Der Freibetrag soll so weit angehoben werden, dass alle Bewohner, die nicht von der Reichensteuer betroffen sind, auch die Vermögensteuer nicht zahlen müssen. Die Steuereinnahmen verbleiben durch diese List in der Region Madrid und fließen nicht in den zentralstaatlichen Säckel.
Allerdings haben auch Andalusien, Galicien und Murcia – die ebenfalls von der konservativen Partei regiert werden und deren Vermögenssteuerbelastung null oder sehr niedrig ist – Verfassungsklagen gegen die Reichensteuer eingereicht, die noch anhängig sind. Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht deren Argumentation folgt.
Die Reichensteuer wurde vorerst für die Jahre 2022 und 2023 eingeführt, ihre Verlängerung ist jedoch möglich. Steuerpflichtig werden Personen, die ein Nettovermögen von mehr als 3 Millionen Euro aufweisen und deren regionale Steuerbelastung durch die Vermögensteuer geringer ist als die der neuen „Solidaritätssteuer“.
Auf den Balearen hat die seit dem Frühjahr amtierende konservative Regierung die Abschaffung der Vermögensteuer an den Fortbestand der Reichensteuer geknüpft. Aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen der Zentralregierung im Sommer nährten sich die Hoffnungen auf einen landesweiten Sieg der konservativen Volkspartei PP und damit das Ende beider Steuerlasten auf Vermögen. Doch die Wahlen mündeten in eine Patt-Situation. Derzeit scheint der geschäftsführende Ministerpräsident Pedro Sánchez den Weg zur Regierungsbildung frei gemacht zu haben. Sollte er bis 27. November nicht als Ministerpräsident wiedergewählt werden, müssen die Spanier am 14. Januar 2024 erneut an die Urnen treten. Zu spät für eine Steuerreform 2023.