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„Es geht um die Quintessenz der EU“

Glücksfall: Einer der glühendsten Verfechter der europäischen Einheit war kurz vor der Europawahl in Palma zu Gast

30. Mai 2024
Zeitungsartikel der Mallorca Zeitung über das Wirtschaftsforum NEU DENKEN auf Mallorca 2024

Kaum jemand kennt, versteht und schätzt die EU wie er: Jean Asselborn war fast 20 Jahre lang luxemburgischer Außenminister und dabei bekannt für seine deutlichen Worte. Nun, ohne hohes Amt, spricht er am Rande des Wirtschaftsforums in Palma noch offener. Auch darüber, was bei den Europawahlen kommende Woche alles auf dem Spiel steht und warum er in Bezug auf die EU trotz allem optimistisch ist.

Seit einem halben Jahr sind Sie nicht mehr im Amt. Schon etwas zur Ruhe gekommen?
Bis jetzt nicht. Ich werde viel eingeladen, im Moment bin ich oft in Deutschland, vor allem, um an Universitäten zu sprechen.

Dabei geht es viel um die EU-Wahlen. Was ist Ihre Botschaft?
Ich glaube, es geht bei dieser Wahl nicht um Personen. Es geht darum: Setzen wir in Europa einen Schlussstrich unter diese Entwicklung, dass diejenigen, die Europa kaputtmachen wol- len, immer stärker werden. Es geht um die Quintessenz der EU. Demokratie heißt ja, durch Wahlen Macht zu geben. Aber diese Macht muss kontrolliert werden durch Gegengewich- te, durch die Justiz, durch die Medien. Wenn man die kaputtschlägt, landen wir da, wo Viktor Orbán in Ungarn gelandet ist. Oder Putin in Russland, das ja laut Verfassung auch eine Demokratie ist. 

Fast 20 Jahre Außenminister, da haben Sie mit vielen zusammengearbeitet, in Deutschland angefangen bei Joschka Fischer bis jetzt zu Annalena Baerbock. Wie sähe Ihr Dream-Team der Europapolitiker aus?
Die besten elf aussuchen, das bringe ich nicht fertig. Es waren allein 240 Außenminister in der Zeit. Frank-Walter Steinmeier ist mein Freund geworden, ebenfalls der Spanier Miguel Ángel Moratinos oder der ehemalige österreichische Präsident Heinz Fischer.

Aber angenommen, Sie könnten sich mit Ihrem persönlichen Dream-Team zusammen- setzen und analysieren, wie es zu diesem gera- de doch eher kritischen Moment für die EU gekommen ist. Machen Sie sich manchmal Vorwürfe?
Vorwürfe, todsicher. Man wacht nachts auf und denkt: Was hast du falsch gemacht? Vor allem in Bezug auf zwei Momente: den 24. Februar 2022 (der russische Großangriff auf die Ukraine, Anm. d. Red.) und den 7. Oktober 2023 (Terrorangriff der Hamas auf Israel als Auslöser für den aktuellen Gazakrieg, Anm. d. Red.).

Welche Fehler hat man in Bezug auf Russland gemacht?
Wir wollten ein normales Verhältnis mit Russland haben, weil die Russen diesen Kontinent mit uns teilen. Dann kam die Besetzung der Krim 2014. Das war schon ein Schlag in den Nacken, muss ich sagen. Was hätten wir anders machen können? Wenn wir die Ukraine zum Beispiel schon 2008 beim Treffen in Bukarest in die NATO aufgenommen hätten. Ich glaube aber nicht, dass das alles verändert hätte. Dann wäre die große Explosion vielleicht schon früher gekommen. Die Geschichte ist kein Laboratorium. Wir können sie nicht kontrollieren.

Hätte man zumindest 2014 anders reagieren müssen?
Was ich heute sagen kann, ist, dass Putin das Vertrauen, das wir in ihn gesetzt haben, mit Füßen getreten hat. Aus heutiger Sicht war dieses Vertrauen also ein Fehler. Aber in dem Moment war es in dem Sinne kein Fehler. Es war die eigentlich gesunde Überzeugung, dass wir durch ein gutes Verhältnis auf diesem Kontinent Frieden schaffen können. Es hat sich als Fehler erwiesen, weil Putin dieses Vertrauen mit Füßen getreten hat. Hätte er das nicht getan, wäre es kein Fehler gewesen.

Als Sie 2004 Außenminister wurden, hatte Ihr russischer Amtskollege, der noch immer am- tierende Sergei Lawrow, auch gerade angefan- gen. Sie haben ihn oft getroffen.
Ja, er war sogar auf meinem Geburtstag.

Haben Sie seine Handynummer?
Ja.

Waren Sie jetzt noch einmal versucht, ihn anzurufen?
Ich habe ihn zum letzten Mal im Dezember 2021 gesehen, bei der OSZE-Sitzung in Schweden. Da hat er gesagt: „Jean, you have to come, we have to speak.“ Es gab auch einen Termin. Aber ich war dann nicht mehr dazu fähig. Als ich die Bilder von Butscha gesehen habe. Als ich gehört habe, wie er argumentiert hat. Was sich die Russen da angemaßt haben, welches Leid sie angerichtet haben. Wer gibt Putin das Recht, über ein Volk wie die Ukraine von über 40 Millionen Menschen zu sagen: Ihr seid alle Nazis! Ihr habt kein Recht auf einen Staat! Ihr habt kein Recht zu leben! Darum bringe ich euch alle um. In der Logik dieser Propaganda sind wir alle Nazis, alle, die wir hier sitzen. Da gibt es kein rationales Gegenhalten. Ich hätte nicht mehr gewusst, was es da zu reden gibt. Lawrow war Vertreter in New York, noch für die Sowjetunion. Keiner kennt die Charta der Vereinten Nationen so gut wie er. Die Sowjetunion hat ja daran mitgeschrieben. Die Russen haben 1991 die Ukraine in ihren Grenzen und einschließlich der Krim anerkannt. Wenn Putin jetzt diesen Krieg gewinnen würde, dann wäre das nicht nur ein Sieg über die Ukraine, es wäre ein Sieg auch über die Vereinten Nationen, über das internationale Recht.

Wovon hängt es ab, ob wir am Ende von einem russischen oder ukrainischen Sieg sprechen?
Als Europäer können wir nur zwei Dinge tun. Erstens Sanktionen. Ich weiß, dass man damit keinen Krieg gewinnt, aber das ist die eine Linie. Und die andere Linie ist, dass wir uns auf Artikel 51 der UN-Charta berufen und der Ukraine dabei helfen, sich gegen die russischen Angriffe zu wehren. Im Moment müssen wir Munition liefern und Patriots, um die Luftab- wehr zu verbessern. Alles, was nötig ist, damit die Ukraine, wenn es eines Tages zu Verhand- lungen kommt, aus einer Position der Stärke heraus verhandeln kann.

Und wie Macron sagt, vielleicht auch Bodentruppen schicken?
Das Schlimmste, was geschehen kann, ist, dass wir in der europäischen Außenpolitik jetzt auf einmal eine Multipolarität züchten. Ich glaube, dass Macrons Idee der Ambiguität, also Putin im Ungewissen zu lassen, nicht falsch ist. Aber das kann man auch erreichen, wenn man schlicht nichts sagt. Denn sonst könnte man sich verzetteln und davon profitiert nur einer: Putin.

Als zweiten Moment haben Sie den 7. Oktober genannt, also das Datum, an dem die islamistische Hamas ihren Terrorangriff auf Israel startete, was dann den noch immer tobenden Krieg im Gazastreifen ausgelöst hat.
Beim Thema Gaza-Israel-Palästina haben wir einen kapitalen Fehler gemacht: Wir haben zehn Jahre lang dieses Wort Zweistaatenlösung nicht in den Mund genommen, nicht darüber diskutiert. Wenn wir sagen, sie ist die Lösung, dann müssen wir konsequent sein und anerkennen, dass Palästina einen Staat braucht. Nicht gegen Israel, aber um aus dieser Sackgasse herauszukommen.

Nun haben Spanien, Irland und Norwegen diesen Vorstoß gemacht. Führt das nicht zu einer weiteren Spaltung?
Nein, das ist genau der richtige Weg. Wenn ich noch Außenminister wäre, hätte Luxemburg sich der Initiative angeschlossen.

Wir haben viel über Krieg und Probleme gesprochen. Was stimmt Sie in Bezug auf die EU optimistisch?
Sehen Sie, wir haben zehn Länder vor der Tür stehen, die Mitglied werden wollen. Da kann ja nicht alles Quatsch und schlecht sein. Ja, die Briten haben uns verlassen, aber ich bin nicht überzeugt, dass sie jetzt so froh darüber sind. Da wird jetzt gewählt, das kann auch wieder kippen.

Hätten Sie lieber einen europäischen als einen luxemburgischen Pass?
Die nationalen Gesetze geben so etwas nicht her. Erklären Sie mal im Bundestag oder in der Assemblée nationale, dass es keine nationalen Pässe mehr gibt. Viel Glück dabei! Dazu bräuchte man erst einen europäischen Föderalstaat.

Wären Sie dafür?
Ja, weil ich glaube, dass auch junge Menschen in diese Richtung gehen werden, wenn sie nachdenken und feststellen, dass Europa unter Druck kommt. Zurzeit haben wir noch die an- dere, die nationalistische Richtung. Aber die wird verschwinden. Und zwar nicht, weil ich das so will. Sondern weil man einsehen wird, dass unsere Lebensweise nicht zu garantieren ist, wenn wir solche nationalistischen Thesen weiter mit uns schleppen. Wenn wir in Europa weiter frei reisen wollen, ohne unseren Pass zu zeigen, wenn wir weiter Erasmus Plus haben wollen, dann brauchen wir die andere Richtung, die Richtung in europäische Einheit. 
 

Niemand ist nicht verantwortlich
- Wirtschaftsforum Neu Denken versammelte in Palma deutsche und internationale Unternehmer, Politiker und Experten. Was sie an Erkenntnissen mitnehmen

Es gibt einen Satz, der sich wie ein roter Faden durch die siebte Ausgabe des Wirtschaftsforums Neu Denken zog, durch die Vorträge, Präsentationen und Debatten der insgesamt mehr als 40 Referenten am vergangenen Wochenende. Da war natürlich das griffige Motto „Jammern ist keine unternehmerische Aktivität“, das Initiator Willi Plattes ausgegeben hatte und das reichlich Widerhall fand. Immer wieder fiel aber noch ein anderer prägnanter Satz, in dem sich zentrale Erkenntnisse des Wirtschaftsforums 2024 verdichten: Niemand ist nicht verantwortlich. Egal ob internationales Krisenszenario, Reformstau in Europa oder Bürokratiedschungel in Deutschland – es mag eine unübersichtliche Zahl von Problemen geben, diesen stehen aber auch viele Ideen und Lösungsansätze gegenüber. In einem solchen Setting gibt es keine Schuldigen, sondern Akteure, die weiterdenken, Auswege aufzeigen und anpacken wollen. Und wenn ein Referent doch mal auf die Idee kam, mit dem Finger auf andere zu zeigen oder zu lamentieren, lief er Gefahr, in einem Umfeld kenntnisreicher Ist-Analysen, Reformkonzepte und Entwicklungsprognosen sich selbst in ein schlechtes Licht zu stellen. Es waren zum einen Politiker wie Thomas de Maizière, früherer Verteidigungsminister und Ex-Chef des Bundeskanzleramts, der ehemalige slowenische Staatspräsident Borut Pahor oder der langjährige Außenminister Luxemburgs, Jean Asselborn (S. 22–23), die nach Abgabe ihrer politischen Verantwortung kein Blatt mehr vor den Mund nehmen müssen und die Lage mit ihrem reichen Erfahrungsschatz analysierten. Es waren hochrangige Wirtschaftsvertreter wie Philipp Justus, Vize-Google-Chef in Zentraleuropa, Alexander Birken, CEO der Otto Group, oder Lars Brzoska, CEO des Intralogistikspezialisten Jungheinrich AG, die Einblicke in Denkfabrik und Maschinenraum ihrer Konzerne gaben – was auch möglich war wegen der geltenden Chatham House Rules, laut denen kein Referent zitiert werden darf. Die komplexen Sachverhalte auf den Punkt brachten auch Wissenschaftler wie Carlo Masala, Leiter der Professur für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr Mün- chen, Hans Uszkoreit, wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, oder der frühere Wirtschaftsweise Lars Feld. Und nicht zu vergessen das Charisma eines Jürgen Klopp, der wenige Tage nach seinem emotionalen Abschied vom Trainer-Job beim FC Liverpool als Überra- schungsgast beim Eröffnungsabend erschien (s. re.), oder die Offenheit eines Karl-Theodor zu Guttenberg, der genauso selbstkritisch wie selbstironisch sehr persönliche Innenperspektiven aus dem Alltag eines bejubelten und dann gejagten Bundesministers schilderte.

KRIEG UND KI
Viel Stoff also. Schwer zu verdauen war vor allem der Gegensatz zwischen Innovationen wie künstlicher Intelligenz oder Quantentechnologie einerseits, die sich schier exponentiell Bahn brechen und ganze Branchen umkrempeln, und andererseits den archaisch wirkenden Konflikten in der Weltkriegerischen Auseinandersetzungen, die es so ähnlich immer schon gegeben hat, die aber jetzt zu Polykrisen werden: Sie bestehen nicht mehr unabhängig voneinander, sondern sind miteinander verwoben und lassen sich nur im Zusammenhang verstehen und lösen.

IFZA AUS DUBAI LUD ZUM DINNER IN PORTALS
Am Freitagabend tauschten die Teil- nehmer das Castillo Hotel Son Vida mit dem Luxushafen Puerto Portals, wo
die International Free Zone Authority (IFZA) aus Dubai ins Restaurant Yara geladen hatte. Ahmed Alattar, Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in der Bundesrepublik, sprach dort seine Zuversicht aus, dass Deutschland gestärkt aus der jetzigen Krise hervorgehen werde. Zwei Wochen vor den Europawahlen war auf dem Forum mehrfach die Warnung zu hören, nicht diejenigen zu wählen, die Europa von innen heraus zerstören wollen. Nur durch Zusammenhalt könne die EU in der Geopolitik neben den großen Akteuren ein gewisses Gewicht behalten und den russischen Expansionsgelüsten halbwegs Grenzen setzen. Damit einher geht die Frage nach den künftigen Big Playern. Stimmt die häufig zitierte Vorstellung einer zunehmend multipolaren Welt? Oder muss man sich eher auf einen harten Konkurrenzkampf zwischen den USA und China einstellen, bei dem den übrigen Akteuren allenfalls Nebenrollen zufallen? Inwieweit sich Europa künftig noch auf die transatlantische Achse verlassen kann, bleibt fraglich. Unabhängig davon, wer nach den US-Wahlen Ende dieses Jahres ins Weiße Haus einziehen wird - so war es auf dem Forum von mehreren Referenten zu vernehmen –, muss sich der alte Kontinent wohl darüber im Klaren sein, Probleme vor der Haustür künftig stärker selbst in die Hand nehmen zu müssen. Auch aus wirtschaftlicher Sicht, das wurde deutlich, spielt die Geopolitik eine immer größere Rolle. Kein Unternehmer wird sagen können, nicht von militärischen Konflikten, zerstörten Han- delsrouten, schwankenden Rohstoffpreisen, der Klimakrise und der aus all diesen Faktoren verstärkten Migration betroffen zu sein.

DER STAAT HAT SICH VERHEDDERT
Dass der Krieg nach Europa zurückgekehrt ist, hat eine von mehreren Gewissheiten zerstört, in denen sich die Deutschen bislang wähnten, ähnlich wie das Ende der Wohlstandsmehrung und der Überflussgesellschaft sowie das zerstörte Vertrauen in den deutschen Staat, der sich in fast jeder Hinsicht verheddert hat. Was pauschal als bürokratischer Dschungel und Digitalisierungsdefizit kritisiert wird, hat seine Ursache in der sektoralen Organisation der politischen Verwaltung mit getrennten Behör- den und jeweils eigener Rechtsmaterie. Ohne eine grundlegende Verwaltungsreform, ohne eine eigene Bundesverwaltung, die in zentralen Fragen wie den Ausländerbehörden eine verpflichtende Linie vorgibt, verschlimmert jedes gut gemeinte Gesetz die Zustände weiter, so die Bestandsaufnahme. Auch die Wirtschaft selbst steht in der Pflicht, stammt doch ein großer Teil des Bürokratie-Wusts von deren Selbstverwaltung, von Berufsgenossenschaften und Gremien. Dass eine große Reform gelingen kann, dafür spricht die dramatische Lage, wie ein drastischer Vergleich verdeutlichte: Manchmal braucht es eben erst einen Herzinfarkt, um sich das Rauchen abzugewöhnen. So zäh das staatliche Handeln, so rasant die Entwicklung der Zukunftstechnologien, die schneller zu Gegenwartstechnologien werden, als es die meisten erwarten. Wer über krude Ergebnisse von ChatGPT schmunzelt, hat noch nicht die Anwendungen großer Konzerne gesehen, die die KI mit dem richtigen Input füttern und damit schon nach dem ersten Jahr der Anwendung den Absatz deutlich steigern, komplexer Steuerfachliteratur Herr werden oder individuelle und motivierende Ausbildungsprogramme für Mitarbeiter auflegen. Und auch die revolutionäre Quantentechnologie ist bereits im Einsatz, als sogenanntes hybrid quantum computing, etwa im Satellitenmarkt, bei dem die noch zu entwickelnde Hardware auf klassischen Hochleistungsrechnern simuliert wird. Es eröffnet sich ein international umkämpfter Billionen-Dollar-Markt, der sich nicht erst in ein oder zwei Dekaden, sondern schon in den kommenden Jahren exponentiell entwickeln dürfte. Und damit wird dann auch die KI das jetzige „Teenageralter“ hinter sich lassen und wirklich intelligent werden. Wer zu spät auf diese neuen Entwicklungen reagiert, verliert den Anschluss, Wirtschafts- macht, nationale Sicherheit, Jobs. Wer sich da- gegen auf sie einlässt – Regierungen genauso wie Unternehmen und Angestellte – kann auf ein riesiges Potenzial hoffen. Die Referenten appellierten deswegen auch angesichts einer „zu satten“ Bevölkerung, traditionelle deutsche Tugenden wie Disziplin und Fleiß mit einer neuen Offenheit für Veränderungen zu kombi- nieren, mehr Eigenverantwortung zu zeigen, sich gegen Missstände einzusetzen, selbst et- was zu wagen und andere für ihr Engagement nicht mit Häme zu bestrafen, wenn etwas nicht auf Anhieb klappt. Denn egal ob Politiker, Wirt- schaftsboss oder einfacher Bürger – niemand ist nicht verantwortlich. 
Er wäre ja selbst gerne „best buddy“ eines Top-Prominenten, pflegt Jürgen Klopp zu sagen. „Aber leider bin ich ja selbst der Promi.“ Einen Tag Jürgen Klopp zu sein, das muss toll sein – oder eben auch nicht. Manchmal sei es regelrecht „vergnügungsteuerpflichtig“, so einen Kultstatus zu haben, sagte der Fußballtrainer selbst, als er am vergangenen Donnerstag als Überraschungsgast auf der Terrasse des Castillo Hotel Son Vida erschien und die Gäste beim Eröffnungsabend des Wirtschaftsforums Neu Denken begrüßte. Man möge doch bitte davon Abstand halten, mit ihm ständig Selfies schießen zu wollen, bat Konferenzleiterin Sabine Christiansen die teilweise selbst prominenten Gäste. Am Ende kamen dennoch 30 oder 40 zusammen. Dem Fußballtrainer, der nach eigenen Aussagen jetzt erst einmal unter anderem auf Mallorca Energie tanken will, war vier Tage nach seiner großen Abschiedsfeier beim FC Liverpool der Adrenalinschub noch anzumerken. Drei Tage habe er sich ausgeruht, nun sei es aber auch mal wieder an der Zeit, etwas zu unternehmen und auszugehen, sagte er grinsend. Und hatte dann auch tatsächlich Spaß auf der Terrasse. „Ich freue mich sehr, ab und an auf Mallorca zu sein“, so der 56-jährige Stuttgarter gegenüber der Mallorca Zeitung. Er brauche so einen Inselaufenthalt, um ein bisschen runterzukommen. Jürgen Klopp besitzt gemeinsam mit seiner Frau seit Sommer 2022 ein Haus in Santa Ponça, das er dem Schweizer Künstler Rolf Knie abkaufte. Wie es zu dieser Entscheidung kam, erzählte er später Jörg Jung, dem Macher des Willipedia-Podcasts. Zwar habe er schon immer von einer Immobilie im Süden geträumt, das größte Argument seien aber die Ärzte gewesen. „Es hängt ein bisschen damit zusammen, dass wir älter werden und hier einfach die medizinische Versorgung großartig ist. Es gibt hier viele deutsche Ärzte. Ich hätte gerne, dass in dem Moment, wo die Probleme größer werden, jedes Wort, das ich sage, verstanden wird“, so der 56-Jährige.

Komplett auf die Insel ziehen wolle seine Frau und er aber nicht. Es bleibe bei Urlauben, die nun aber länger werden. Jürgen Klopp bestätigte erstmals auch, seine Karriere nicht beenden zu wollen. „Dass ich gar nicht mehr arbeite, ist ausgeschlossen“, sagte er im Podcast. „Aber dass ich genauso in dem gleichen Rhythmus weitermache, in dem ich es bisher gemacht habe, das sehe ich im Moment auch nicht.“

 

Interview von Tom Gebhard und Artikel von Frank Feldmeier

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