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Der MZ-News-Talk: Krise im Balearen-Parlament & Wohnungsbau

Diesen Monat mit dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung Ciro Krauthausen und Jörg Jung: Bleibt die Balearen-Regierung stabil?

Podcast Thumbnail MZ NewsTalk Febraur 2024 mit Ciro Krauthausen

Es hat mächtig gekracht in Palma. Die hiesige Fraktion der Partei "Vox" zeigte sich in den vergangenen Woche höchst zerstritten. Nicht gut für die PP, denn die Volkspartei stellt eine Minderheitsregierung im Balearen-Parlament und ist auf die Stimmen von "Vox" angewiesen. Wie geht es jetzt weiter? Und welchen Fortschritt macht der Plan, mehr Wohnraum auf Mallorca zu schaffen?

Unser monatlicher News-Talk mit Ciro Krauthausen, dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung, hält Sie immer auf dem neuesten Stand, damit Sie besser und schneller entscheiden können.

02/2024

Jörg Jung 
Es rumort aktuell auf den Balearen. Politisch. Die Balearen-Regierung, die ist sich gar nicht mal so einig. Und wie geht's dann überhaupt weiter mit diversen Großprojekten, zum Beispiel dem sozialen Wohnungsbau? Wir reden darüber. Im "MZ & Willipedia News-Talk" für diesen Monat Februar und bei uns im Studio, freue ich mich sehr, ist Ciro Krauthausen. Schönen guten Tag!

Ciro Krauthausen 
Schönen guten Tag!

Jörg Jung 
Einmal im Monat haben wir uns vorgenommen, so ein bisschen das alles hier auf den Balearen zu beleuchten. Wirtschaftlich, dann auch mal steuerlich und alles hängt ja mit der Politik zusammen, also auch politisch. Und da gibt es ja ganz viel zu bereden, mein lieber Ciro, denn die Balearen- Regierung, die ja eh schon von der Konstellation her abenteuerlich ist, wird noch abenteuerlicher. Also wir haben eine, kann man das sagen Regierungskrise?

Ciro Krauthausen 
Ich würde sagen, die Regierungskrise ist jetzt fürs Erste überstanden. Aber wahr ist, es liegen sehr turbulente Wochen hinter dieser Regierung und nicht nur hinter der Regierung, sondern auch hinter ihren Partnern vor allen Dingen. Zur Erinnerung: Die konservative Balearen-Regierung unter der Leitung von Marga Prohens ist angewiesen auf die Stimmen der rechtspopulistischen Vox-Partei. Die konservative Regierung hat 25 Sitze im Parlament, die Mehrheit liegt bei 30, die Vox-Partei hatte acht anfangs, einer ist abgesprungen, bleiben noch sieben. Und diese sieben haben sich vor zwei, drei Wochen fürchterlich gestritten. Das war nicht von schlechten Eltern da zuzusehen. Da hat also eine Gruppe von fünf hat gegen zwei rebelliert. Diese zwei waren unglücklicherweise der Parlamentspräsident und die Parteichefin auf den Balearen. Die sollten abgesetzt werden und aus der Fraktion rausgeworfen werden. Daraufhin hat die Parteizentrale in Madrid gekontert und damit gedroht, die fünf Rebellen aus der Partei rauszuwerfen. Das war durchaus amüsant anzusehen, aber natürlich hat das einen sehr, sehr schlechten Eindruck gemacht. Und das waren jetzt nicht so die politischen Partner, auf die man unbedingt vertrauen kann. Und das wirkte sehr unseriös.

Jörg Jung 
Die große Frage ist, worum ging es in dem Streit? Also warum haben Sie sich zerstritten intern?

Ciro Krauthausen 
Ja, wie das immer so ist, auch in Parteien. Persönliche Animositäten haben sicherlich eine Rolle gespielt. Es gibt zwei Fraktionen innerhalb dieser Vox-Partei hier auf den Balearen und inhaltliche Differenzen sind nicht so groß gewesen. Aber sie haben sich einfach fürchterlich in die Haare gekriegt. Der Ton wurde auch immer schärfer und letztlich gab es dann auch Korruptionsvorwürfe und alles Mögliche. Man hatte das Gefühl, die zerfleischen sich selbst. Aber überraschende Kehrtwende. Aufgrund des Drucks der zentralen Parteiführung in Madrid haben sie sich dann doch noch mal zusammengerauft. Alles wurde wieder rückgängig gemacht. Alle Drohungen, den Parlamentspräsidenten aus der Fraktion rauszuschmeißen. Und die Parteichefin ist jetzt erst mal wieder sozusagen akzeptiert. Und es kann weiter Politik gemacht werden.

Jörg Jung 
Vox ist in der, sagen wir mal sehr luxuriösen Situation, die PP auch in einigen Dingen so ein bisschen vor sich hertreiben zu können.

Ciro Krauthausen 
Ja. Aber Moment, das ist jetzt eine Vermutung von mir, aber ich glaube, die liegt sehr nahe. Letztlich hat die PP, also die Volkspartei, von der Ministerpräsidentin, womöglich gedroht, wir rufen Neuwahlen aus. Weil sie konnten natürlich davon ausgehen, dass - Gesetz den Fall es gibt Neuwahlen - so ein Haufen jetzt nicht unbedingt noch mal auf solch einen Stimmenanteil kommt, also dass die Vox-Partei dann extrem geschwächt aus Neuwahlen wieder hinausgegangen wären. Das hat wahrscheinlich dann die Reihen geschlossen in der Vox-Partei. Hinzu kommt jetzt auch, das war jetzt erst vergangene Woche, es hat Regionalwahlen in Galizien gegeben und hat jetzt erst mal nichts mit den Balearen zu tun, ist aber sozusagen ein politisches Stimmungsbarometer, auch spanienweit und dort hat die PP ihre absolute Mehrheit bestätigt, ist also gestärkt aus den Wahlen hervorgegangen. Und vor allem die Vox-Partei ist wieder rausgeflogen. Das sind also Vorzeichen, wie es der Stand jetzt: die Vox ist auf den Balearen erheblich geschwächt, die Volkspartei ist gestärkt, kann eigentlich jetzt wieder – und so sollte es jetzt auch sein – auch ans Regieren gehen, weil das hat doch irgendwie sehr viele Kräfte und sehr viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Jörg Jung 
Ans Regieren gehen heißt, wir müssen jetzt natürlich nochmal als PlattesGroup und auch aufgrund dessen, was wir im Januar schon besprochen haben, dass es ja viele Gesetzesänderungen gab, die durchaus erfreulich waren: Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, die Ferienvermietung sollte noch mal in gewissen Anzeichen gelockert werden. Das hörte man so raus. Aber es war doch so, lieber Ciro, du magst mich dann korrigieren, dass das auch in großen Teilen von Vox so ein bisschen aufgedrückt war, dass das diese Richtung war, die Vox vorgeben wollte. Ändert sich das jetzt alles wieder so ein bisschen? Hat Vox dann tatsächlich diese Kraft auch verloren, zu sagen, wir möchten das und das, liebe PP, mach mal!

Ciro Krauthausen 
Ich glaube, Vox hat in Sachen Steuerpolitik und Wohnungsbau, gar nicht so viel zu melden, auch weil ihnen, glaube ich, auch da die Expertise fehlt. Vox ist eigentlich ganz stark auf dieses Thema "Spanisch/Katalanisch", auf die Frage inwieweit muss irgendwie Spanisch wieder stärker im öffentlichen Leben präsent sein fokussiert. Das ist sozusagen ihr Hauptthema. Darum werden die auch weiterhin kämpfen. Das ist im Prinzip allerdings auch jetzt auf den Weg gebracht. Es geht um die Schulen, Wahlmöglichkeiten werden ausgebaut, dass auch auf Spanisch unterrichtet werden kann. Das ist sehr, sehr umstritten. Das ist auch in der Gesellschaft eigentlich Konsens, dass das irgendwie gar nicht nötig ist. Aber Vox reitet darauf rum und hat das jetzt auch schon in Ansätzen durchgesetzt. Das ist die erste Herausforderung, die jetzt ansteht, das jetzt umzusetzen. Verabredet ist es. Und ich glaube, die andere große Herausforderung dieser Regierung ist natürlich, das Problem der Wohnungsnot anzugehen.

Jörg Jung 
Dann reden wir jetzt darüber, ob das denn jetzt mit diesen neuen Vorzeichen und dem Streit und wir haben PP immer noch als Minderheitsregierung alles so realisierbar ist. Großes Vorhaben der Regierung ist der soziale Wohnungsbau.

Ciro Krauthausen 
Ja, das ist jetzt nicht so genau sozialer Wohnungsbau, sondern sie haben ein – das ist jetzt etwa sechs Monate her kurz nach Regierungsantritt – ein Gesetzes-Dekret erlassen, ein Notgesetzes-Dekret. Heißt auch so, also diese "Not" ist auch drin, um dieses Problem anzugehen. Vor allen Dingen, mehr noch als auf klassischen sozialen Wohnungsbau, setzt die Regierung darauf, öffentlichen Grund und Boden zur Verfügung zu stellen, damit Bauträger dort zu bestimmten Konditionen, letztlich zu gedeckelten Mietpreisen oder gedeckelten Verkaufspreisen dort bauen können. Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Maßnahmen, die auch noch dazugehören, wie zum Beispiel Gewerbelokale umwandeln zu können in Wohnungen oder an Höhe gewinnen bei Wohngebäuden oder große Wohnungen teilen zu können, in Kleinere. Also eine ganze Reihe von baurechtlichen Maßnahmen, die das flankieren sollen. Das ist von Experten eigentlich weitgehend einhellig als positiv beurteilt worden. Das ist im Grunde genommen ein Weg, den man gehen kann. Wobei, es wird lange brauchen, bis es da merkliche Änderungen auf dem Wohnungsmarkt gibt.

Hinzu kommt und wie gesagt, wir hatten ja jetzt gerade sechs Monate zurückgeblickt, was ist davon jetzt schon auf den Weg gebracht? Und da gibt es doch auch drei Probleme. Ein Problem ist, es war bisher nur ein Gesetzesdekret. Das soll aber jetzt eigentlich auch in ein richtiges Gesetz umgewandelt werden. Das heißt, es muss noch mal durchs Parlament. Es ist schon angekündigt worden, dass da noch einige Sachen geändert werden.. Sprich, es ist noch nicht hundertprozentig klar, wie sie das jetzt genau machen wollen. Zweiter Punkt ist, der Grund und Boden ist vielfach in Hand der Gemeinden. Das heißt, wir haben 53 Gemeinden auf Mallorca, weitere auf Ibiza, Menorca und Formentera. Aber diese 53 Gemeinden müssen sich nun überlegen, welchen Grund und Boden treten sie ab für Bauprojekte. Und wie man sich vorstellen kann, ist das nicht so einfach. Das sind dann 53 verschiedene Gemeindeverwaltungen und da ist, wie man hört, bisher eigentlich noch gar nichts passiert.

Jörg Jung 
Dann deine persönliche Einschätzung, weil wir reden halt eben von Mallorca. Wertvolles Stück Land, wenig Land, weil nur eine Insel genauso wie alle weiteren Baleareninseln auch. Grundstücke sind teuer, Grundstücke werden überteuert, der Immobilienbereich sowieso. Ist es realistisch oder eher eine Illusion, dann für den öffentlichen Bereich mit Mietdeckelung so was auf den Weg zu bringen, wenn du schon bei den Gemeinden jetzt anfängst.

Ciro Krauthausen 
Das ist vielleicht sogar auch die Überleitung zu dem dritten Problem, was ich sehe. Und zwar, dass die Bauträger jetzt schon anmelden, das ist ihnen nicht rentabel genug. Sie fordern jetzt schon, dass ihnen nicht nur Grund und Boden zu günstigen Bedingungen zur Verfügung gestellt wird, sondern auch Hilfen, um dann zu bauen. Und ich glaube schon die mallorquinische Bauwirtschaft hat sich auch daran gewöhnt, an ganz anderen Objekten ihr Geld zu verdienen. Das ist halt jetzt mit so einfacheren Wohnungen dann nicht mehr so. Da sind die Gewinnmargen, ich bin jetzt kein Experte auf dem Gebiet, aber die sind niedriger.

Jörg Jung 
Aber es wäre der große Schrei nach Subventionen, wie so oft und ist auch dann in dem Moment bei der Balearenregierung gefordert. Und dann sind wir wieder bei der Frage: realistisch, dass es Subventionen für so was gäbe, um das auf den Weg zu bringen?

Ciro Krauthausen 
Ich glaube eher nicht, aber wir werden sehen. Das ist die große Herausforderung. Und letztlich wird sich daran auch messen, wie erfolgreich diese Regierung ist, ob es Fortschritte in dieser Frage gibt, weil der Druck ist immens. Es ist tatsächlich so, dass hier Normalverdiener finden im Grunde genommen keine Bleibe mehr. Wenn sie jetzt neu suchen müssen zur Miete - für Leute ohne ein allzu hohes Einkommen ist das nicht mehr zu wuppen.

Jörg Jung 
Insofern guter Plan, aber wir werden abwarten, ob er realisierbar ist. Das war der Willipedia & MZ News-Talk für Februar. Und da haben wir ja bald schon März. Treffen wir uns bald wieder.

Ciro Krauthausen 
Etwas spät, aber....

Jörg Jung 
... Vielleicht hat sich dann schon wieder in Sachen Balearenpolitik einiges getan. Vielen Dank, Ciro Krauthausen.

Ciro Krauthausen 
Ich habe zu danken.

Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp

27. Februar 2024

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