Der MZ-News-Talk: Die neue Balearen-Regierung und ihre Fiskalpolitik im Fokus
Immer mehr Deutsche denken darüber nach, ihren Lebensmittelpunkt nach Mallorca zu verlegen. Natürlich zu Recht! Das Wetter, die Kultur und die Natur sind unvergleichlich. Hinzu kommen die beruflichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, die Mallorca bietet.
Unser monatlicher News-Talk mit Ciro Krauthausen, dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung hält Sie immer auf dem neuesten Stand, damit Sie besser und schneller entscheiden können. Hören Sie Folge Nummer 01/2024.
Jörg Jung
Mallorca bietet auch in diesem Jahr viel Spannung in Sachen Wirtschaft, Wirtschaftspolitik, Steuern und Recht. Wir reden darüber mit dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung, Ciro Krauthausen. Schönen guten Tag.
Ciro Krauthausen
Eine wahre Premiere. Schönen guten Tag.
Jörg Jung
Jetzt starten wir tatsächlich in eine Reihe, wo wir auch einmal im Monat so diese politische und wirtschaftliche Konstellation auf Mallorca entsprechend auch in Deutschland, weil uns das ja auch irgendwie betrifft, durchleuchten möchten. Und da bin ich ja froh, dass ich es mit einem echten Profi hier zu tun habe. Ja, lieber Ciro, wir sind uns einig, es wird in allen Belangen ein politisch und wirtschaftlich spannendes Jahr 2024.
Ciro Krauthausen
Das ist in der Tat zu erwarten. Wir werden das ja jetzt gleich besprechen. Aber ich glaube, es wird politisch weiterhin turbulent bleiben.
Jörg Jung
Definitiv. Wir gehen aber erst mal nach Deutschland, weil das hat mit uns natürlich sehr viel zu tun. Erlebst du denn auch oder wie erlebst du auf deine Weise diesen immer stärker werdenden Willen von vielen Deutschen ins Ausland zu gehen? Und da ist Mallorca natürlich auch eine Destination Nummer eins, wenn es um die Existenz geht, nicht um den Urlaub.
Ciro Krauthausen
Ja, vor allen Dingen, was man wahrnimmt von der mallorquinischen Warte aus. Als jemand, der hier lebt, ist natürlich, dass die Stimmung in Deutschland, wie soll ich sagen, grottenschlecht ist. Jedenfalls zumindest die mediale Berichterstattung, was zu einem rüber dringt bis auf die Insel, ist nicht gut. Und natürlich, was wir auch schon seit einiger Zeit und letztlich an der Pandemie wahrscheinlich festmachen, dass der Zuzug von Selbstständigen, von Unternehmern, von, ja, man kann auch sagen wohlhabenden Deutschen, die im Zuge der Pandemie und der Erfahrung, dass man im Homeoffice genauso gut arbeiten kann wie im Büro, festgestellt haben. Dann könnte man doch vielleicht auch seinen Wohnsitz - ist wieder eine steuerliche Frage, lassen wir jetzt mal kurz außen vor - aber als seinen Lebensmittelpunkt auf Mallorca wählen und auf Mallorca einen beträchtlichen Teil des Jahres zu verbringen. Das sehen wir schon seit einiger Zeit, das sehen wir seit der Pandemie. Es hat sich dann zuletzt auch noch mal verstärkt. Das bringt natürlich eine ganze Reihe von Dingen mit, unter anderem dann auch, sich darüber zu informieren: Ja, wo ist man da eigentlich dann gelandet? Auf Mallorca. Und wie sind die Verhältnisse auf der Insel? Nicht nur wirtschaftlich und steuerlich, sondern auch was Politik und Gesellschaft und Kulturelles irgendwie betrifft. Da kommt wieder die Mallorca Zeitung ins Spiel. Das ist ja sozusagen unser Beritt.
Jörg Jung
Genauso ist es. Jetzt schauen wir mal ins Politische. Also wir werden gleich über das doch meiner Meinung nach sehr wackelige Konstrukt Balearen-Regierung reden. Aber wir schauen natürlich dann auch gerade in diesem Kontext über den Tellerrand hinaus. Hat die deutsche Politik da auch im Moment sehr viel Verantwortung, dass der Wegzug von Deutschland so enorm ist. Also was läuft denn da schief deiner Meinung nach?
Ciro Krauthausen
Da würde ich mich jetzt nicht so festlegen. Ich möchte jetzt nicht über die deutsche Politik aus der Ferne urteilen. Das können andere gerne tun. Ich glaube, es ist eine Gemengelage, wo sehr vieles zusammenkommt in Deutschland wahrscheinlich und wo es nicht nur die Politik irgendwie - es ist natürlich immer einfach, auf die Politik zu einzudreschen - wo auch noch andere Dinge irgendwie eine Rolle spielen. Und natürlich, man darf das nicht irgendwie unterschätzen, also man sieht das ja auch immer, wenn man mit Leuten in Deutschland spricht von Mallorca aus. Also die Attraktivität der Insel als Wohnort ist halt immens. Es ist einfach sehr, sehr schön. Hier ist das Wetter ist irgendwie definitiv besser als ein Großteil des Jahres in Deutschland und sie ist gut angebunden. Man ist genauso schnell hier auf Mallorca wie womöglich irgendwie zwischen Berlin und Köln - ist man sogar noch schneller hier - usw. Und die Insel ist einfach nach wie vor attraktiv und dann, wenn dann sozusagen das Zusammenkommen mit - Deutschland ist in der technischen Rezession, politisch geht es einiges drunter und drüber und dann gibt es auch noch die ganze internationale Gemengelage, die ganzen Konflikte - da ist natürlich nachvollziehbar, dass man denkt, vielleicht könnte man es sich ja irgendwie etwas besser gehen lassen woanders.
Jörg Jung
Ja, dann schauen wir natürlich direkt nach Mallorca. Traumziel, wie wir schon gehört haben, jetzt nicht nur als Touristen und für den Urlaub, sondern auch was den Lebensmittelpunkt angeht. Jetzt müssen wir auf die Politik hier schauen auf den Balearen, da gibt es seit vergangenem Jahr auch was Neues. Wir haben eine Regierung, allerdings eine Minderheitsregierung, geduldet von Rechtspopulisten, genannt Vox. Ist das jetzt ein stabiles Fundament, oder - den Eindruck habe ich eher - eine wackelige Nummer?
Ciro Krauthausen
Es ist vor allen Dingen ein seltsames Konstrukt, auch im spanienweiten Vergleich. Es gibt auch in anderen Regionen Zusammenarbeit zwischen den Konservativen: der Konservativen Volkspartei PP und Vox. Aber dort sind sie dann mit in der Regierung. Sie haben halt Koalitionen gebildet. Hier wird die Regierung von Marga Prohens, so heißt die Ministerpräsidentin, geduldet von Vox. Das führt dazu, dass Vox in einer recht bequemen Situation ist, ohne institutionelle Verantwortung oder Zwänge im Grunde genommen versuchen zu können, das eigene Programm durchzusetzen. Die Mehrheitsverhältnisse sind folgende: Die Sitze im Balearenparlament sind 59, absolute Mehrheit ist bei 30 und die PP hat allerdings nur 26 Stimmen und ist also angewiesen auf diese vier Sitze. Also VOX hat je nach Zählweise - einer ist ausgeschieden, die sind auch intern zerstritten und macht die Sache auch nicht einfacher - aber die Regierung ist halt auf mindestens vier Stimmen von Vox angewiesen. Bei allen größeren, vor allen Dingen bei den Haushaltsabstimmungen und bei allen größeren Vorhaben. Und das hat bereits jetzt zu größeren Schwierigkeiten geführt und wird es aller Voraussicht nach auch dieses Jahr noch Probleme bereiten.
Jörg Jung
Jetzt hast du gerade den Haushalt angesprochen. Man hat also ein Budget zusammengestellt und verabschiedet. Das war kurz vor knapp auf den letzten Werktag des Jahres. Und jetzt gehen wir 2024 mit einer Konstellation rein, finanziell und budgettechnisch, dass die Erbschaftsteuer schon lange weg ist seit Mitte des letzten Jahres, jetzt hat man gesagt, die Vermögensteuer wollen wir auch noch reduzieren und wollen da andere Freibeträge machen. Und das war im Prinzip die Dynamik, die von Vox letztendlich ausging, man hat da die PP ja so ein bisschen an die Wand gestellt und Vox hat gesagt, wir wollen drastische Steuerreduzierung. Jetzt sagen natürlich viele Juhu und Juchheißa. Aber ist zum Beispiel diese Budgetfinanzierung eher was Sicheres oder ist das ein so ein Ritt auf dem Vulkan?
Ciro Krauthausen
Ich würde mal einen einen Schritt zurückgehen. Also diese Steuermaßnahmen, diese Fiskalmaßnahmen waren vereinbart von Vox und der PP in den Verhandlungen im Vorfeld dieses Entschlusses, die Regierung zu dulden. Allerdings hatte die PP nicht vor, das jetzt auf gleich zu tun. Und das ist, worauf dann Vox sehr gedrängt hat, jetzt machen wir, aber jetzt führen wir das jetzt sofort ein, ebenso wie andere Dinge, wie die freie Sprachwahl in den Schulen. Vox treibt die PP vor sich her. Und das haben wir gesehen in den Verhandlungen rund um den Haushalt. Und das werden wir jetzt auch 2024 weiter sehen. Ist das jetzt alles auf ein wackliges Konstrukt? Ist das gegenfinanziert? Nun, wir werden sehen. Es gibt natürlich auch noch andere steuerliche Einnahmen, auf die die Regierung zurückgreifen kann oder auf die die Inseln zurückgreifen können. Und insofern, das kann durchaus gut gehen.
Jörg Jung
Werden wir bei einer Fortsetzungsfolge unseres News-Talks noch mal drauf eingehen. Ich sehe dann aber, solange das Steuerkonstrukt momentan auf den Balearen stabil bliebe, diese Finanzierung und vielleicht gibst du mir da recht, ich sehe da aber eine große Chance, wenn wir schon wieder vorhin in Deutschland waren bei vielen, die nach Mallorca ihren Lebensmittelpunkt verlegen möchten, auch den unternehmerischen vielleicht, die Taktik dahinter könnte gar nicht so falsch sein, dass man Vermögen zum Beispiel aus Deutschland auf die Insel bringt. Mit genau diesen Erleichterungen. Könnte das so im Hinterköpfchen vielleicht sein, weil es attraktiver wird für Investoren, für Unternehmer?
Ciro Krauthausen
Ich glaube, das wird manchmal sozusagen aus der mallorquinischen Perspektive etwas überbewertet, weil ich glaube, die Mallorquiner denken erst mal sozusagen an die Mallorquiner natürlich. Auch gibt es auch eine ganze Reihe von wohlhabenden Mallorquinern und man ist relativ schnell bei diesen Immobilienpreisen auf der Insel an den bisherigen Höchstsätzen, wo dann die Vermögenssteuer zum Beispiel Griff, an - inklusive der des Erstwohnsitzes - bei einer Million. Und meiner Ansicht nach auch sozusagen diese Maßnahmen, was die Vermögenssteuer betrifft, haben auch damit zu tun, dass Mallorquiner auch sagen, diese Vermögenssteuer wollen wir nicht mehr zahlen für unser eigenes Vermögen.
Jörg Jung
Macht es aber für den Ausländer auch nicht unattraktiv. Das müssen wir an der Stelle...
Ciro Krauthausen
... macht es für einige Ausländer. Aber ich glaube nicht, dass das sozusagen der Hauptgrund war dieser steuerlichen Maßnahme. Vox ist jetzt, glaube ich, nicht so sehr fokussiert auf die ausländischen Unternehmer und wer da kommen mag.
Jörg Jung
Dann nehmen wir es als positiven Nebeneffekt. Nehmen wir es halt einfach mit. Meine Herrschaften, das war unser MZ & Willipedia News-Talk Nr. 1 mit Chefredakteur Ciro Krauthausen. Wir hören uns dann quasi im nächsten Monat wieder und werden dann vielleicht mal auch das Finanzkonstrukt der neuen Balearen-Regierung ein bisschen mehr unter die Lupe nehmen und mal gucken, was da noch passiert. Ich bedanke mich. Ciro Krauthausen.
Ciro Krauthausen
Ich habe zu danken.
Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp
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