"Der Pool ist so nicht eingetragen!" - Was tun bei baurechtlichen Mängeln?

Baurechtlich gibt es auf Mallorca viele Faktoren zu beachten, wie uns Architekt Curd Manthey in einer der letzten Episoden schon verraten hat. Doch was tun, wenn es in diesem Bereich zu Unregelmäßigkeiten kommt? Ein Beispiel: Der Pool ist so nicht eingetragen! Was tun bei baurechtlichen Mängeln, die schnell zu Problemen mit den Behörden führen können und teuer werden?
Einmal mehr klärt Yvonne Plattes, die Geschäftsführerin der PlattesGroup, auf und gibt wertvolle Tipps und Ratschläge für den Umgang mit baurechtlichen Herausforderungen auf der Insel. Sie erfahren alles Wichtige zu Haftungen und Fristen.
Jörg Jung
Schon wieder ist Sonntag, und schon wieder sind wir hier bei MEERWERT – Immobilien Mallorca & Ibiza. Natürlich mit Yvonne Plattes, der Geschäftsführerin der PlattesGroup. Hallöchen!
Yvonne Plattes
Guten Morgen!
Jörg Jung
Wir hatten in den letzten Episoden wirklich spannende Themen. Die bautechnische Prüfung mit Oliver Girharz war dabei, danach ging es um Gewährleistungen und Fristen – was passiert, wenn etwas schiefgeht. Und dann war auch noch Curd Manthey zu Gast. Da drehte sich alles um baurechtliche Fragen.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Was passiert, wenn vor oder nach dem Verkauf baurechtliche Unregelmäßigkeiten auftauchen? Wenn also – wie in unserem Beispiel – Curd Manthey feststellt, dass etwas mit dem städtebaulichen Status der Immobilie nicht stimmt: Wie bewertet man das?
Yvonne Plattes
Da müssen wir erst einmal zum Ursprung zurück: Was macht ein Sachverständiger überhaupt? Herr Manthey hatte ein gutes Beispiel. Er prüft, was aktuell baurechtlich erlaubt ist, geht zur Gemeinde, holt sich die genehmigten Pläne und vergleicht diese mit dem Ist-Zustand der Immobilie.
Dabei ergeben sich typischerweise vier Szenarien:
- Die Immobilie ist vollständig legal.
Perfekt – grüner Haken. - Die Immobilie ist legal, aber inadäquat.
Das bedeutet: Sie wurde nach dem damals geltenden Baurecht korrekt genehmigt. Inzwischen hat sich das Baurecht geändert. Früher durfte man beispielsweise 400 Quadratmeter bauen, heute nur noch 300. Ich muss aber weder abreißen noch Strafen zahlen. Die Immobilie ist weiterhin legal, nur eben nicht mehr konform mit dem aktuellen Baurecht. Probleme kann es nur geben, wenn man neu bauen oder komplett renovieren möchte. - Die Immobilie ist vollständig illegal – außerplanmäßig.
Hier drohen Abriss oder Enteignung. Ob es dazu kommt, hängt vom Einzelfall ab – auch davon, ob die Gemeinde es überhaupt bemerkt. Aber grundsätzlich ist das Risiko hoch. - Teilweise illegale Anbauten.
Beispiel: Das Haupthaus ist genehmigt, aber das Poolhaus wurde ohne Genehmigung errichtet und lässt sich nicht legalisieren. Auch hier stellt sich die Frage: Wie gehe ich damit um?
Jörg Jung
Also letztlich entscheidet jeder selbst, ob er mit einem nicht genehmigten Poolhaus leben kann. Aber: Wer heute kauft, sollte immer auch an den Wiederverkauf denken. Vielleicht stört es mich nicht – aber was ist in fünf Jahren?
Yvonne Plattes
Genau. Man muss sich fragen: Wie wichtig ist mir das? Wenn zum Beispiel eine Sonnenterrasse komplett illegal ist und nicht legalisiert werden kann, die aber der Grund für meinen Kauf war, dann ist das ein Problem.
In solchen Fällen sollte man auch finanzielle Rückstellungen einkalkulieren. Ich hatte einmal einen Fall, bei dem ein illegales Bürogebäude Bestandteil der Immobilie war. Wir haben dann ausgerechnet, wie viel ein Abriss kosten würde – sagen wir 10.000 € – und diesen Betrag vom Kaufpreis abgezogen. Sollte die Gemeinde den Abriss verlangen, hatte der neue Eigentümer diesen Betrag ohnehin nicht gezahlt.
Jörg Jung
Du hattest mal erwähnt, dass der Notar einen Blick ins Grundbuch und Kataster wirft. Ist er dann die letzte Instanz, die warnt?
Yvonne Plattes
Nein, der Notar dokumentiert lediglich, was im Grundbuch und Kataster steht – ohne Bewertung oder Haftung. Er sagt nicht: „Finger weg“. Das ist nicht seine Aufgabe.
Jörg Jung
Wie ist das mit Verjährungsfristen bei baurechtlichen Verstößen?
Yvonne Plattes
Es gibt klare Regelungen:
- Acht Jahre bei schweren und sehr schweren Verstößen
- Ein Jahr bei geringfügigen
- In bestimmten Bereichen – etwa in Naturschutz- oder öffentlichen Zonen – verjähren Verstöße nie
Wichtig ist, dass die Frist ab Abschluss des Verstoßes beginnt, also wenn der illegale Bau vollständig fertiggestellt ist.
Jörg Jung
Was, wenn der Vorbesitzer illegal angebaut hat und die Gemeinde das entdeckt? Ich kaufe die Immobilie, und später fordert die Gemeinde mich auf, abzureißen und eine Strafe zu zahlen?
Yvonne Plattes
Im ersten Schritt richtet sich die Gemeinde an den Verursacher – den Vorbesitzer. Aber sie wird sich nicht ewig bemühen, ihn aufzuspüren. Stattdessen belegt sie die Immobilie mit einem Embargo, und als neuer Eigentümer sind Sie dann betroffen – auch wenn Sie selbst nichts falsch gemacht haben.
Jörg Jung
Wenn ich selbst gegen Vorschriften verstoße – sagen wir, ich baue ein Poolhaus ohne Genehmigung – und es wird entdeckt: Muss ich dann immer abreißen?
Yvonne Plattes
Wenn es nicht nachgenehmigt werden kann, ja. Zunächst wird in jedem Fall eine Geldstrafe verhängt – das ist ein eigenes Verfahren. Danach folgt ein zweites Verfahren zur Wiederherstellung der Rechtslage – also der Abriss. Diese beiden Verfahren sind unabhängig voneinander, auch wenn sie miteinander zusammenhängen.
Jörg Jung
Gibt es eine Verjährung für Abrissverfügungen?
Yvonne Plattes
Ja. Eine Abrissverfügung verjährt 15 Jahre nach Rechtskraft der Anordnung. Wird sie in dieser Zeit nicht durchgesetzt, verfällt sie. Aber natürlich: Sobald Sie betroffen sind, sollten Sie aktiv werden und sich rechtlich beraten lassen.
Jörg Jung
Fazit: Wer kauft, sollte wissen, was er kauft. Und im Zweifel lieber einmal mehr prüfen lassen.
Yvonne Plattes
Absolut. Das kostet vielleicht ein paar Hundert Euro mehr – aber das schützt vor sehr teuren Überraschungen. Und: Guter Rat ist nicht teuer.
Jörg Jung
Was genau gilt eigentlich als „illegaler Anbau“?
Yvonne Plattes
Die Bauordnung gibt vor, wie viel Fläche bebaut werden darf. Das schließt Wege, Terrassen oder gepflasterte Bereiche mit ein.
Wenn ich also einen gepflasterten Poolbereich anlege oder ein Carport ohne Genehmigung baue, gilt das als illegal – sofern die zulässige Fläche überschritten wird.
Jörg Jung
Und was ist mit einer Pergola oder einem Gartenhäuschen?
Yvonne Plattes
Auch das sind bauliche Anlagen. Wenn dafür keine Genehmigung vorliegt und die zulässige Fläche überschritten wird: illegal.
Natürlich wird so etwas nicht immer bemerkt – aber im Ernstfall muss man es wieder abbauen.
Jörg Jung
Also: Auch kleine Bauten können ein Risiko darstellen. Gut, dass wir das mal besprochen haben.
Yvonne Plattes
Ich würde sagen, dass 70 % aller Immobilien irgendwo kleine baurechtliche Abweichungen haben – sei es eine Dusche am Pool, eine Pergola oder ein Grillplatz. Wichtig ist, das zu wissen und bewusst damit umzugehen.
Jörg Jung
Und das ist der Mehrwert von MEERWERT – Immobilien Mallorca & Ibiza. Wir sagen danke fürs Zuhören – und bis nächsten Sonntag.
Yvonne Plattes
Danke auch. Bis bald!
Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: C. Schittelkopp