So tickt die Steuerfahndung in Spanien - Teil 2

In der letzten Folge über die Steuerfahndung in Spanien haben wir schon erfahren, dass die spanische Steuerbehörde von allen spanischen Behörden die am besten ausgestattete ist, zumindest in Bezug auf Digitalisierung und die Nutzung von Big Data und Künstlicher Intelligenz.
Doch welcher Mittel bedienen sich die Ermittler, um Informationen zu bekommen? Unser Steuer-Experte Thomas Fitzner klärt auf…
Jörg Jung
"So tickt die Steuerfahndung in Spanien" Teil 2. Wir haben am Sonntag ja schon mit Thomas Fitzner über die Kompetenzen der Steuerfahndung in Spanien geredet. Wann die überhaupt zum Einsatz kommen mit allem drum und dran. Und wie die überhaupt so arbeiten und welche Mittel die so anwenden die Detektive der Steuerfahndung, wir reden darüber. Einmal mehr mit dem Steuerexperten der PlattesGroup, mit Thomas Fitzner. Hallo Thomas, ich grüße Dich.
Thomas Fitzner
Grüße Dich, Jörg
Jörg Jung
Gehen wir nochmal zurück auf den Fall Shakira. Da haben wir auch eine Podcast-Folge gemacht. Da haben die ja wirklich ganz abenteuerliche Sachen aufgefahren, um Shakira im Prinzip die Ansässigkeit nachzuweisen. Du hast auch gesagt, mein lieber Mann, die Steuerkollegen in Spanien, die sind schon hoch technisiert. Das heißt also, welcher Mittel bedient sich eigentlich die Steuerfahndung zum Beispiel?
Thomas Fitzner
Also eine ganz wichtige Informationsquelle für die spanische Steuerbehörde ist der automatische Informationsaustausch zwischen den staatlichen Finanzbehörden in Europa. Mit Deutschland besteht dieser automatische Austausch seit 2017 bereits. Das heißt, es muss gar kein Verfahren vorliegen und eine Steuerbehörde muss gar keinen Grund nennen, um Informationen bei der Behörde des anderen Landes abzufragen, sondern die Fragen dann einfach. Wir haben schon vor 2017 mal den Fall gehabt, dass ein deutscher Steuerresident hier auf Mallorca plötzlich vom Finanzamt den Brief bekommen hat, wo er gefragt worden ist, warum er den Verkauf seiner Immobilie in Deutschland nicht veranlagt hat in seiner Einkommensteuererklärung. Das war deswegen interessant, weil dieser Verkauf in Deutschland gar nicht deklariert werden musste und wir uns wirklich gefragt haben, wie die Spanier überhaupt an diese Informationen gekommen sind. Tatsache ist, sie haben es erfahren und man sollte sich in keinem Fall darauf verlassen, dass Sachverhalte in anderen Ländern in Spanien nie bekannt werden. Die einzige, sagen wir, die einzige Einschränkung hier ist, die haben alle Daten, haben alle Informationen. Sie haben nur nicht genügend Leute, das flächendeckend abzuarbeiten. Also vom Grundsatz her muss man damit rechnen, dass wichtige Finanzdaten zum Beispiel jetzt aus Deutschland an die Spanier geliefert werden, ganz automatisch, zum Teil auch ohne Abfrage.
Jörg Jung
Das heißt aber, ein Immobilienverkauf, ist ja schon dann eine eher höherklassige Nummer, also am Ende geht es zwar automatisch, aber es sind dann wahrscheinlich besonders die dicken Fische, die dann in irgendeiner Form raus geangelt werden in solchen Fällen.
Thomas Fitzner
Nein, im konkreten Fall handelt es sich wirklich um einen kleinen Anteil an einer kleinen Immobilie. Das hat uns damals ja so erstaunt, wir haben das natürlich in unsere Beratung dann eingebaut, um unsere Mandanten zu warnen, dass sie da vorsichtig sein sollen und nicht unter Anführungszeichen Dinge vergessen, die im Ausland passieren und davon ausgehen, dass die Spanier nie was davon erfahren. Dann hat die Steuerbehörde also routinemäßig Zugriff auf Bankinformationen. Also wir hatten einmal den Fall, dass eine Person hier aufgefordert worden ist, die Einkommenssteuererklärung für die letzten Jahre nachzureichen. Der hatte sich hier gar nicht als Resident gemeldet, hatte aber ein spanisches Konto und hat sich seine Rente darauf auszahlen lassen. Und diese regelmäßigen Zahlungen, das ist dem Finanzamt aufgefallen. Das heißt, die haben da Zugriff drauf. Dann haben die natürlich kriegen die von allen Notaren von allen notariellen Akte kriegt das Finanzamt eine Kopie. Das heißt, wenn hier zum Beispiel eine Hochpreis-Immobilie verkauft wird, das Finanzamt weiß das, ob die dann Verfahren draus machen, wenn nie eine Vermögensteuererklärung abgegeben wird, ist eine andere Frage. Aber wir haben schon oft genug erlebt, dass aufgrund von Notarinformationen Nicht-Residenten höflich angefragt worden sind, was denn mit der Vermögensteuer sei und wann sie den dann nachzureichen gedenken. Dann ein elektronisches Überwachungsnetz, das immer dichter wird. Also zum Beispiel kann die Steuerbehörde unsere Versorgungsträgerdaten einsehen. Also wenn eine Immobilie nicht komplett autark ist und nicht ihren eigenen Strom produziert mit Solarzellen und einen eigenen Brunnen hat, dann wissen die vom Stromversorger, vom Wasserversorger, diese Daten können sie anschauen. Das ist speziell bei Ansässigkeits-Prüfungen interessant, weil die Behörde dann, ohne dass der Beamte sich von seinem Schreibtisch wegbewegen muss, sehen kann, ob die Immobile bewohnt ist, ob da ein Verbrauch stattfindet oder ob sie leer steht. Dann haben wir erfahren, dass die Steuerbehörde vor allen Dingen bei den internationalen Schulen, bei der ja vorwiegend Kinder von ausländischen Residenten oder Nicht-Residenten eingeschult sind, dass die dort die Identifizierungsdaten von Eltern abgefragt haben. Das heißt, Kinder in der Schule zu haben, ist natürlich auch so ein Anknüpfpunkt, jetzt zum Beispiel bei einer Ansässigkeits-Überwachung oder Prüfung. Das ist jetzt keine abgeschlossene Liste. Da gibt es noch etliche weitere Instrumente, die der Finanzbehörde zur Verfügung stehen, insbesondere, wenn die sich in einen Steuerpflichtigen verbeißen, können die bis zu detektivische Methoden einsetzen, also Observierung und alle möglichen Dinge. Aber ich will einen kurzen Ausflug in die Mathematik machen, denn es gibt ein sogenanntes Benfordsches-Gesetz, benannt nach einem amerikanischen Mathematiker und Physiker, der eine Gesetzmäßigkeit entdeckt hat in zufälligen Zahlenabfolgen. Tatsächlich kann man mit dieser mathematischen Methode feststellen, ob es sich bei beliebigen Zahlen um plausible Zahlen handelt oder ob diese Zahlen möglicherweise erfunden sind. Einfach auf Grundlage einer statistischen Häufigkeitsberechnung von bestimmten Zahlen an bestimmten Punkten einer Nummer jetzt zum Beispiel. Mit dieser Methode, die jetzt in den letzten Jahren eigentlich wiederentdeckt worden ist so richtig, kann man zum Beispiel, ohne in ein fremdes Land zu reisen, Indizien einholen, ob zum Beispiel Wahlfälschung betrieben worden ist. Das heißt, mit dieser Methode lässt sich feststellen, wie plausibel ist, dass diese Zahlen echt sind oder erfunden. Oder Datenfälschung in der Wissenschaft, wenn da irgendwelche Untersuchungsreihen mit gefälschten Zahlen bestückt werden. Also, das ist kein Beweis, aber man kann Indizien dafür sammeln, ob eine bestimmte Zahl, eine Zahlenfolge oder ein Datensatz, ob der plausibel ist oder ob er möglicherweise gefälscht ist, was dann natürlich die Aufmerksamkeit des Prüfers auf bestimmte Positionen einer Erklärung lenken könnte.
Jörg Jung
Ich bin sprachlos. Also, das ist ja allerhöchste Mathematik, die es dann auch noch gibt. Hat die Steuerfahndung noch weitere Tricks von Physikern, Chemikern oder gelangt die auch irgendwann an ihre Grenzen? Also, du sagst ja auch gerade, in Spanien hat man so eigentlich das am weitest entwickelte System, wenn es um Digitalforschungen geht, also bedienen die sich da noch irgendwelcher Tricks. Sogar Social Media habe ich gehört, dass das funktioniert.
Thomas Fitzner
Ja, natürlich, die werden beobachtet. Das war ja im Fall Shakira, hat eine Finanzbeamtin sich anhand der Postings von Shakira und ihrer Fans eine Chronologie ihrer Aufenthalte in und außerhalb Spanien zusammengestellt. Über mehrere Jahre. Da ging es ja die Frage, war sie denn in Spanien ansässig oder nicht? Und das war ein ganz wichtiges Indiz. Das ist kein Trick, sondern es gibt eine Gesetzesgrundlage, die auf den ersten Blick wie so eine Art Massenvernichtungswaffe eingestuft werden könnte. Es gibt in Spanien das Äquivalent zur deutschen Regelung des Gestaltungsmissbrauchs. Das wird hier Simulation genannt. Artikel 15 und 16 des allgemeinen spanischen Steuergesetzes besagt im Wesentlichen, dass auch, wenn man etwas auf dem Papier komplett richtig macht, kann das Finanzamt vom Grundsatz her diesen Vorgang annullieren und zu steuerlichen Zwecken umzuqualifizieren, ohne dass am zivilrechtlichen Gerüst gerüttelt wird. Ich gebe ein Beispiel. Ein YouTuber kommt nach Spanien und YouTuber ist ja eigentlich ein Einzelunternehmen. Also die gesamte Leistung hängt von seiner Person ab. Und der hat da jetzt keine Lust, sich jetzt als Selbstständiger anzumelden und macht eine Firma auf und berechnet seine gesamten Einkünfte über die Firma, die in der Firma natürlich dann nur mit 25 Prozent Körperschaftssteuer belegt sind, wäre alles viel teurer, wenn er das als direktes Einkommen deklarieren müsste. Was passiert? Das spanische Finanzamt klopft momentan der Reihe nach, ich habe gerade heute wieder ein Urteil gelesen, mit dem ein Verfahren beendet worden ist, gegen einen solchen YouTuber, der einfach eine spanische GmbH, also eine SL aufgemacht hat, seine gesamten Einkünfte über diese berechnet hat. Auf dem Papier alles korrekt, aber für die Steuerbehörde eine Simulation, die sagen, in Wahrheit ist das eine selbstständige Tätigkeit, umqualifiziert und damit tot. Allerdings ist es für und das sieht man auch anhand dieses Urteils, ist es für die Steuerbehörde nicht so einfach, grundsätzlich von einer Simulation auszugehen. Die müssen da schon mit starken Beweisen anrücken. Ich habe auch heute Morgen ein Urteil gelesen, wo ein Finanzamtentscheid aufgehoben worden ist. Nicht mit der Begründung, das sei keine Simulation, sondern mit der Begründung, dass die Argumentation oder die Beweislage zu schwach war. Das ist also auch für das Finanzamt nicht so einfach. Sehen wir sehr, sehr selten, aber es ist vom Grundsatz her möglich und man sollte das bei Steuergestaltungen immer im Hinterkopf haben.
Jörg Jung
Lieber Thomas Fitzner, es waren zwei sehr, sehr interessante und spannende Folgen zum Thema Steuerfahndung, sieht man mal, was das alles hergibt, sogar zwei Podcast-Folgen und ja, wir fahnden jetzt nach einem guten Schluck Kaffee und ich bedanke mich bei dir einmal mehr für diese kompetenten Auskünfte.
Thomas Fitzner
Vielen Dank auch, Jörg.
Autor: Jörg Jung / Timothea Imionidou
Podcastfolgen zum Thema
Weiterführende Informationen zum Thema
-
Jahressteuergesetz 2024: Abschreckendes Signal für internationale Leistungsträger
Vor dem 6. November, dem Tag als die Ampel ausfiel, wurde noch eine Erhöhung der deutschen Steuermauer beschlossen. Das Gesetz könnte Deutschland nicht nur für Kapitalanleger unattraktiver machen.
News - 12. November 2024
...mehr