Verifactu
Verifactu, häufig auch stylisiert als Veri*Factu, ist ein in Spanien neu eingeführtes System zur elektronischen Rechnungsstellung, das der Sicherstellung von Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Manipulationsschutz bei der Erstellung und Übermittlung von Rechnungsdaten dient.
Ziel des Systems ist es, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen und gleichzeitig die digitale Nachprüfbarkeit sämtlicher Geschäftsvorgänge zu gewährleisten.
Gesetzliche Grundlagen
Die maßgeblichen Rechtsquellen sind:
Gesetz vom 9. Juli 2021 zur Betrugsbekämpfung („Ley 11/2021“)
Dieses Gesetz legt fest, dass Unternehmen elektronische Abrechnungssysteme verwenden müssen, die keine nachträgliche Änderung oder Löschung von Rechnungsdaten ermöglichen.Königliches Dekret vom 5. Dezember 2023 („Real Decreto 1007/2023“)
Dieses Dekret definiert die technischen und funktionalen Anforderungen an elektronische Rechnungsprogramme und unterscheidet zwischen Systemen, die Daten automatisch an die Steuerverwaltung senden, und solchen, die die Daten intern speichern.Weitere Durchführungsbestimmungen
Zusätzliche Vorschriften konkretisieren die technische Umsetzung, insbesondere die digitale Signatur, die Erzeugung eines eindeutigen QR-Codes sowie die Formatierung und Speicherung der Daten.
Grundprinzipien des Systems
Das System Verifactu beruht auf folgenden Prinzipien:
Unveränderbarkeit der Daten
Nachträgliche Änderungen oder Löschungen von Rechnungen dürfen nicht möglich sein. Jede Rechnung erhält eine digitale Signatur oder eine Prüfsumme (Hashwert), um Manipulationen zu verhindern.Nachvollziehbarkeit aller Vorgänge
Jede Rechnung wird fortlaufend nummeriert. Alle Ereignisse wie Erstellung, Korrektur oder Stornierung werden dokumentiert und sind jederzeit nachvollziehbar.Transparenz und Lesbarkeit
Rechnungsdaten müssen während der gesamten gesetzlichen Aufbewahrungsfrist lesbar und abrufbar bleiben.Eindeutige Identifikation
Jede Rechnung enthält einen QR-Code und einen eindeutigen Textvermerk, über den die Echtheit der Rechnung überprüft werden kann.Prüfbarkeit durch die Verwaltung
Die Steuerverwaltung kann jederzeit prüfen, ob die technischen Anforderungen eingehalten werden, und bei Verstößen Sanktionen verhängen.
Zwei Betriebsarten: Mit oder ohne direkte Datenübermittlung
Das Königliche Dekret unterscheidet zwei Arten von Abrechnungssystemen:
a) Systeme mit direkter Datenübermittlung („Verifactu-Modus“)
Bei dieser Variante werden die Rechnungsdaten automatisch an die spanische Steuerverwaltung gesendet, sobald eine Rechnung erstellt wird.
Dadurch entfällt für das Unternehmen ein Teil der eigenen Archivierungspflichten, da die Daten bereits bei der Steuerbehörde vorliegen.
Diese Variante bietet den höchsten Grad an Transparenz und Sicherheit.
b) Systeme ohne direkte Datenübermittlung („nicht-Verifactu-Modus“)
Hier werden die Rechnungsdaten zwar nach denselben Sicherheitsstandards erzeugt, aber nicht automatisch übermittelt.
Das Unternehmen ist selbst dafür verantwortlich, die Daten zu speichern, zu sichern und bei Bedarf vorzulegen.
Diese Variante ist vor allem für Unternehmen gedacht, die ihre Rechnungsverwaltung intern führen möchten oder keine direkte Verbindung zur Steuerverwaltung herstellen wollen.
Anwendungsbereich
Die Nutzung des Systems Verifactu wird schrittweise für alle Unternehmer und Freiberufler in Spanien verpflichtend, die Rechnungen ausstellen.
Pflicht zur Nutzung besteht insbesondere für:
Unternehmen mit Sitz in Spanien, die steuerpflichtige Umsätze erzielen.
Freiberufler und Einzelunternehmer, die Rechnungen ausstellen müssen.
Steuerpflichtige, die bisher kein elektronisches System zur Datenübermittlung nutzen.
Ausgenommen sind derzeit:
Unternehmen, die bereits einem anderen elektronischen Echtzeitmeldesystem unterliegen.
Unternehmer, die keine Rechnungen ausstellen müssen oder gesetzlich davon befreit sind.
Bestimmte Sonderregelungen in autonomen Gemeinschaften (zum Beispiel auf den Kanarischen Inseln), sofern dort eigene Vorschriften bestehen.
Zeitplan der Einführung
| Zeitraum | Verpflichtung |
|---|---|
| Ab Juli 2025 | Softwareanbieter müssen sicherstellen, dass ihre Rechnungsprogramme die Anforderungen des Systems vollständig erfüllen. Nur konforme Programme dürfen verkauft oder verwendet werden. |
| Ab Januar 2026 | Unternehmen mit eigener Buchhaltungsstruktur sind verpflichtet, ihre Rechnungen über ein System auszustellen, das den Vorgaben des Dekrets entspricht. |
| Ab Juli 2026 | Auch Freiberufler und kleinere Selbständige müssen ein konformes System verwenden. |
Damit bleibt den meisten Unternehmen bis Mitte 2026 Zeit, ihre Softwarelösungen anzupassen oder zu erneuern.
Vorteile für Unternehmen
Erhöhte Rechtssicherheit: Durch die digitale Signatur und Nachvollziehbarkeit der Rechnungen können Manipulationsvorwürfe leichter entkräftet werden.
Schutz vor Steuerfehlern: Die automatische oder dokumentierte Speicherung verringert das Risiko von Unstimmigkeiten in der Buchführung.
Reputation und Vertrauen: Rechnungen mit QR-Code und Verifizierungshinweis vermitteln Seriosität und Transparenz gegenüber Kunden und Geschäftspartnern.
Langfristige Effizienzsteigerung: Einmal implementiert, erleichtert das System die interne Kontrolle und den Datenaustausch mit Steuerberatern.
Empfehlungen für die Praxis
Frühzeitige Vorbereitung: Unternehmen sollten bereits jetzt prüfen, ob ihre derzeitige Rechnungssoftware die gesetzlichen Anforderungen erfüllt.
Softwarezertifizierung: Verwenden Sie ausschließlich Programme, die vom Hersteller ausdrücklich als konform mit den Bestimmungen des Königlichen Dekrets bestätigt sind.
Dokumentation: Führen Sie Nachweise über alle Systemtests, Signaturprüfungen und QR-Code-Funktionen.
Interne Schulung: Mitarbeitende in Buchhaltung und Verwaltung sollten mit den neuen Abläufen vertraut gemacht werden.
Rechts- und Steuerberatung: Vor allem bei international tätigen Unternehmen empfiehlt sich eine fachliche Begleitung durch Steuerexperten, um doppelte Meldepflichten zu vermeiden.
Strategische Wahl des Modus: Unternehmen sollten abwägen, ob sie die automatische Übermittlung der Rechnungsdaten nutzen möchten oder die Speicherung intern verwalten.
Verifactu steht für einen Paradigmenwechsel im spanischen Steuer- und Rechnungswesen.
Das System verbindet Digitalisierung mit rechtlicher Nachprüfbarkeit und wird in den kommenden Jahren die Grundlage für eine flächendeckend transparente Rechnungslegung bilden. Für Unternehmen und Freiberufler bedeutet dies eine erhöhte Verantwortung, aber auch eine Chance, interne Prozesse zu modernisieren und die eigene Buchführung langfristig zu sichern.
(Stand: Oktober 2025/,ng)
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