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Wird Lex Beckham zur Steuerfalle?

Aufgrund der neuen Verwaltungsanweisung empfehlen wir, Ihre Struktur auf den Prüfstand zu stellen, damit ein steuerliches Großschadensereignis vermieden wird.

23. Juli 2024
Illustration Lex Beckham zur Vermeidung der Wegzugssteuer

Der Trend zur Auswanderung Hochvermögender aus Deutschland ist weiterhin ungebrochen. Mallorca ist und bleibt eine der Top-Zieldestinationen. Zuzugswillige aus Deutschland mit Anteilen an Kapitalgesellschaften sind regelmäßig mit der bei Wegzug drohenden deutschen Wegzugsbesteuerung konfrontiert. Die sog. Rückkehrregelung, die ein Entfallen der Wegzugssteuer bei Rückkehr nach Deutschland innerhalb von längstens 12 Jahren ermöglicht, ist aktuell an sehr harte Bedingungen geknüpft. Eine Möglichkeit zur jedenfalls temporären Vermeidung der deutschen Wegzugsbesteuerung besteht, wenn in Spanien die engen Voraussetzungen der sog. Lex Beckham erfüllt werden.

Bei Wahl des  „Sonderregimes für zeitweilig in Spanien ansässige Berufstätige" („Régimen especial para trabajadores desplazados a España“) nach Art. 93 LIRPF (sog. Lex Beckham) wird der nach Spanien wegziehende Steuerpflichtige dort für das erste Jahr der Ansässigkeit und die kommenden 5 Jahre wie ein beschränkt Steuerpflichtiger (in Spanien als Nichtansässiger bezeichnet) behandelt. Für den Zeitraum, in dem die Lex Beckham in Anspruch genommen wird, kann sich der Steuerpflichtige gegenüber Deutschland nicht auf das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien (DBA) berufen. Dies eröffnet in folgenden zwei Konstellationen die Möglichkeit, die Festsetzung der deutschen Wegzugsbesteuerung temporär zu vermeiden.

Nebenwohnsitz wird behalten

Option 1: Behält der die Kapitalgesellschaftsanteile haltende Steuerpflichtige in Deutschland aufgrund eines Nebenwohnsitzes seine unbeschränkte Steuerpflicht aufrecht, sollte keine deutsche Wegzugsbesteuerung ausgelöst werden, da das deutsche Besteuerungsrecht an den Gewinnen aus der Veräußerung der Anteile nicht gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AStG ausgeschlossen oder beschränkt ist, solange sich der Steuerpflichtige wegen Lex Beckham nicht auf das DBA berufen kann. In dem Ende 2023 durch die Finanzverwaltung veröffentlichten Anwendungserlass zum Außensteuergesetz vertritt die Finanzverwaltung aber eine sehr weite Auffassung zur Frage, wann ein deutsches Besteuerungsrecht „beschränkt“ wird. Es soll insbesondere nur eine „abstrakte“ Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts genügen. Zwar sollte dennoch in dieser Konstellation die Wegzugsbesteuerung nicht greifen. Die Einholung einer (gebührenpflichtigen) verbindlichen Auskunft ist aber zu empfehlen, um Restrisiken auszuschließen. Würde die Finanzverwaltung oder ein Finanzgericht nämlich eine „Beschränkung“ des deutschen Besteuerungsrechts annehmen, würde die Wegzugssteuer definitiv. Es wäre zwar noch ein Antrag auf Ratenzahlung – gegen entsprechende Sicherheitsleistung – über 7 Jahre möglich. Die Rückkehrregelung könnte in dieser Konstellation aber nicht mehr in Anspruch genommen werden.  Der Nachteil der fortbestehenden unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland besteht darin, dass die sonstigen Steuervorteile der Lex Beckham zunichte gemacht werden, da Deutschland weiterhin das Welteinkommen besteuern kann, ohne daran durch das DBA gehindert zu sein.

Zu überlegen ist auch, wie mit der bei Ablauf der Inanspruchnahme der Lex Beckham dann drohenden deutschen Wegzugsbesteuerung umgegangen werden kann. Mit Ablauf  besteht grds. die Möglichkeit, sich für einen Zeitraum von bis zu 12 Jahren auf die sog. Rückkehrregel zu berufen, vorausgesetzt der Steuerpflichtige kommt „rechtzeitig“ wieder nach Deutschland zurück. Auch besteht immer noch die valide Hoffnung, dass die deutsche Wegzugsbesteuerung in den kommenden Jahren wieder entschärft und bei Wegzügen (wieder) eine dauerhafte, zinslose Stundung ohne Sicherheitsleistung gewährt wird. Eine vom Bundesfinanzministerium eingesetzte hochrangige Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmenssteuer“ hat jüngst genau das sehr nachdrücklich empfohlen.

Übertragung von Anteilen einer Kapitalgesellschaft

Option 2: Überträgt der Steuerpflichtige seine Kapitalgesellschaftsanteile vor seinem Wegzug nach Spanien auf eine neu gegründete deutsche GmbH & Co. KG, sollte der Wegzug ebenfalls nicht zu einer deutschen Wegzugs- der Entstrickungsbesteuerung führen. In diesem Fall ist es sogar eher zu empfehlen, dass der Steuerpflichtige mit dem Wegzug auch seine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beendet. Auch hier ist aber die Einholung einer verbindlichen Auskunft vor dem Wegzug zu empfehlen. Anders als in Option 1 gehen dem Steuerpflichtigen hier nicht die anderen Steuervorteile der Lex Beckham verloren. Aber auch hier sind Überlegungen anzustellen, wie eine bei Ablauf der Inanspruchnahme der Lex Beckham drohende deutsche Entstrickungsbesteuerung vermieden werden kann. In dieser Konstellation steht die o.g. Rückkehrregelung nämlich so oder so nicht zur Verfügung. 

Insgesamt kann die Inanspruchnahme der Lex Beckham helfen, um die Wegzugsbesteuerung temporär zu vermeiden. Im Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Lex Beckham sicher erfüllt werden können und  welche der o.g. Optionen vorzugswürdig ist.

HINWEIS: Der Anwendungserlass zum AStG findet sich online, zur Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts sagen die Rz. 88 und 89 etwas.

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