Baurecht auf Mallorca – Risiken erkennen, Sicherheit gewinnen

Was im Exposé glänzt, kann rechtlich ein Albtraum sein.
In dieser Podcast-Folge geht es um einen entscheidenden, oft unterschätzten Aspekt beim Immobilienkauf auf Mallorca: Die baurechtliche Prüfung. Denn nicht alles, was gebaut wurde, ist auch legal – und nicht alles, was im Grundbuch steht, ist genehmigt. Wer kauft, ohne zu prüfen, riskiert spätere Überraschungen, rechtliche Auseinandersetzungen oder gar Rückbauverpflichtungen.
Unsere Experten klären, worauf Käufer achten sollten, welche Rolle Grundbuch, Kataster und Gemeinde spielen – und warum der Begriff „Bestandsschutz“ oft mehr verspricht, als er hält.
Unsere Redner im Podcast
🎙️ Timothea Imionidou
Podcast Producerin der PlattesGroup. Sie führt durch die Folge und stellt die relevanten Fragen aus Sicht der Käufer.
⚖️ Yvonne Plattes
Geschäftsführerin und Leiterin der Rechtsabteilung der PlattesGroup. Sie gibt fundierte Einblicke in rechtliche Fallstricke, typische Käuferfehler und die Bedeutung rechtssicherer Dokumentation beim Immobilienkauf.
🏗️ Curd Manthey
Architekt, öffentlich bestellter Sachverständiger und Spezialist für baurechtliche Prüfungen. Er berichtet aus der Praxis und erklärt, wie eine gründliche Prüfung abläuft – von der Einsicht ins Bauarchiv bis zur Bewertung der Legalität.
Timothea Imionidou
Heute geht es um ein Thema, das jeder Immobilienkäufer auf Mallorca kennen sollte: die baurechtliche Prüfung vor dem Immobilienkauf. Denn was im Exposé wunderschön aussieht, kann sich rechtlich als Albtraum mit weitreichenden Konsequenzen entpuppen. Wie prüft man eine Immobilie richtig? Was ist legal, was nicht? Und was bedeutet eigentlich „Bestandsschutz“?
Ich bin Timothea Imionidou, Podcast Producerin bei der PlattesGroup. Heute bei mir: zwei ausgewiesene Experten. Zum einen Yvonne Plattes, Geschäftsführerin und Leiterin der Rechtsabteilung bei der PlattesGroup – hallo Yvonne – und zum anderen wieder Curd Manthey, Architekt, Sachverständiger und Gutachter, spezialisiert auf baurechtliche Prüfungen.
Timothea Imionidou
Curd, was genau ist eine baurechtliche Prüfung – und wann wirst du in der Praxis damit beauftragt?
Curd Manthey
Sinnvoll ist eine baurechtliche Prüfung vor dem Kauf einer Immobilie. Der Käufer möchte wissen: Ist die Immobilie legal errichtet worden, oder gibt es möglicherweise Probleme, die sich später auswirken? In Spanien haben wir die Besonderheit, dass Kataster und Grundbuch zwei unterschiedliche Register sind. Das Grundbuch wird von regionalen Grundbuchführern betreut, während das Kataster ein zentrales Organ mit lokalen Stellen ist. Und diese beiden Systeme sind nicht automatisch miteinander verknüpft.
Timothea Imionidou
Also reicht ein Blick ins Grundbuch allein nicht aus?
Curd Manthey
Genau. Die Angaben im Grundbuch können unvollständig oder veraltet sein. Sie sagen nichts darüber aus, ob das Bauwerk rechtlich genehmigt wurde.
Yvonne Plattes
Ich habe schon Fälle erlebt, in denen eine Immobilie vollständig illegal war – und im Grundbuch fand sich kein einziger Hinweis darauf. Kein Vermerk, keine Warnung. Unsere Mandanten sind oft völlig überrascht, wenn sie das bei der Vorprüfung erfahren.
Curd Manthey
Das liegt unter anderem daran, wie Grundbucheinträge entstehen. Wenn jemand eine Urkunde beim Notar erstellt, dann bescheinigt dieser, was ihm gesagt wird. Eine formelle Prüfung auf Übereinstimmung mit dem Baurecht erfolgt dabei nicht.
Yvonne Plattes
Der Notar fragt nicht: Entspricht das alles dem geltenden Baurecht? Er prüft nur formell – nicht materiell.
Curd Manthey
Bei einer Neubauerklärung verlangt der Notar zwar die Genehmigung und die Bauabnahme – aber bei älteren Objekten reicht oft eine Altersbescheinigung. Der Notar und der Grundbuchführer müssen heute die Gemeinde informieren, wenn sie solche Einträge vornehmen. Doch ob die Gemeinde dann handelt, steht auf einem anderen Blatt. Früher gab es diese Mitteilungspflicht nicht, und viele problematische Eintragungen sind einfach durchgerutscht oder später gelöscht worden.
Timothea Imionidou
Und genau daraus entsteht dann der Eindruck: „Es steht doch im Grundbuch – also muss es legal sein.“
Curd Manthey
Richtig. Und genau das ist der Trugschluss.
Yvonne Plattes
Deshalb empfehlen wir: Vor dem Kauf sollte ein Architekt oder Gutachter die Immobilie umfassend prüfen – egal, ob es ein Appartement oder ein freistehendes Haus ist. Er vergleicht Grundbuch, Kataster und die Eintragungen bei der Gemeinde mit dem tatsächlichen Ist-Zustand vor Ort.
Curd Manthey
Zunächst stellt sich die Frage: Kann ich die Immobilie überhaupt eindeutig identifizieren? Gibt es einen Plan im Grundbuch? Meist hilft die Katasterreferenz. Dann lässt sich im Katasterplan die Lage und Form erkennen, sodass man die Immobilie vor Ort wiederfindet.
Curd Manthey
Im nächsten Schritt gehen wir zur Gemeinde, prüfen die Bauakte, ziehen die genehmigten Pläne und vergleichen sie mit dem, was tatsächlich gebaut wurde. Dann können wir sagen: Was ist legal, was ist verändert, was ist eventuell illegal oder nicht genehmigungsfähig? Wir prüfen auch die aktuelle Rechtslage – also ob etwas, das früher erlaubt war, heute noch genehmigungsfähig wäre.
Timothea Imionidou
Was genau ist der Unterschied zwischen legal, nicht legal und inadäquat?
Curd Manthey
„Legal“ heißt: Es wurde mit Genehmigung gebaut und könnte heute genauso wieder genehmigt werden. „Inadäquat“ bedeutet: Es war seinerzeit legal, würde aber heute in dieser Form keine Genehmigung mehr erhalten – bleibt aber rechtmäßig. Problematisch wird es bei illegal errichteten Bauteilen, die nicht genehmigt wurden und nicht legalisiert werden können.
Yvonne Plattes
Gerade bei älteren Gebäuden ist wichtig zu wissen: Wenn ich baue oder umbauen will, darf ich oft nur innerhalb des damaligen Volumens bleiben. Außen darf sich nichts ändern – innen kann man meist modernisieren. Sobald ich an der äußeren Struktur etwas verändere, gelten die heutigen Vorschriften.
Curd Manthey
Oft ist es so, dass Altbauten größer sind als heute erlaubt. Dann darf ich dieses Volumen zwar behalten, aber nicht vergrößern.
Timothea Imionidou
Gilt das auch bei Neubauten?
Curd Manthey
Ja, sogar da finden wir häufig Abweichungen. Oft werden Kellerräume zu Wohnräumen umgewandelt, obwohl das nicht erlaubt ist – etwa in Gemeinden wie Calvià, wo Wohnen im Untergeschoss unzulässig ist.
Yvonne Plattes
Manchmal wird nach der Bauabnahme auch noch umgebaut – ein Technikraum wird plötzlich zum Schlafzimmer. Deshalb ist es so wichtig, dass der Käufer genau weiß, was er kauft. Es geht um Transparenz.
Curd Manthey
Wenn die Gemeinde im Rahmen eines neuen Bauantrags feststellt, dass ein Teil der Immobilie nicht legal ist, kann sie die Genehmigung verweigern, bis der Zustand korrigiert wurde.
Timothea Imionidou
Und der Verkäufer – muss der solche Mängel offenlegen?
Yvonne Plattes
Ein seriöser Verkäufer sollte das tun. Aber viele wissen es selbst gar nicht, weil nie geprüft wurde.
Curd Manthey
Und je nach Gemeinde kann eine Prüfung Wochen dauern. Wenn ein Verkäufer Mängel kennt, aber nicht offenlegt, kann er potenzielle Käufer lange blockieren. Transparenz ist deshalb auch im Interesse des Verkäufers.
Timothea Imionidou
Lass uns noch mal auf den Begriff „Bestandsschutz“ eingehen. Was bedeutet er – und was nicht?
Curd Manthey
Der Begriff wird oft falsch verwendet. Nur weil ein illegal errichtetes Gebäude verjährt ist, heißt das nicht, dass es „Bestandsschutz“ im rechtlichen Sinne gibt. Es ist vielleicht geduldet, aber nicht geschützt. Wenn ein Bauantrag gestellt wird, kann die Gemeinde den rechtmäßigen Zustand verlangen – also Rückbau oder Legalisierung.
Yvonne Plattes
Und genau das vergessen viele. Eine geduldete Garage zum Beispiel darf ich nicht einfach umbauen – obwohl sie nicht mehr abgerissen werden muss. Für Umbauten gelten neue Regeln.
Curd Manthey
Entscheidend ist: Man kann nicht ein Gebäude teilweise legalisieren. Die Gemeinde betrachtet immer das gesamte Grundstück.
Yvonne Plattes
Und wie steht es um die Bewohnbarkeitsbescheinigung?
Curd Manthey
Die wird nach einem Dekret von 1997 ausgestellt. Sie bescheinigt, dass ein Haus bewohnbar ist – aber nicht, dass alles legal ist. Die Erneuerung erfolgt alle zehn Jahre. Wenn bauliche Veränderungen vorgenommen wurden, kann es sein, dass die Ausstellung verweigert wird – etwa wenn neue Schlafräume dazugekommen sind, für die es keine Genehmigung gibt.
Yvonne Plattes
Und der Architekt, der die Bescheinigung vorbereitet, prüft nicht die Legalität?
Curd Manthey
Nein. Er prüft nur, ob die baulichen Bedingungen laut Dekret erfüllt sind. Die rechtliche Bewertung erfolgt nicht durch ihn.
Timothea Imionidou
Gilt das alles auch für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern?
Curd Manthey
Auch da kann es Probleme geben. Etwa wenn zwei Apartments zusammengelegt wurden oder im Dachgeschoss illegal Wohnungen entstanden sind. Ohne Bewohnbarkeitsbescheinigung kann das zu Problemen bei Verkauf oder Vermietung führen.
Yvonne Plattes
Ich hatte auch Fälle, wo Apartments in alten Gebäuden nicht mehr verkehrssicher waren, weil z. B. das Tragwerk nicht geprüft wurde. Käufer verlangen dann ein statisches Gutachten – besonders nach Unglücken wie in Arenal.
Curd Manthey
Es gibt inzwischen Vorschriften, nach denen Gebäude ab einem bestimmten Alter auf ihre Statik überprüft werden müssen. Auch das ist ein Thema, das über das Baurecht hinausgeht.
Timothea Imionidou
Und wie lange dauert so eine baurechtliche Prüfung?
Curd Manthey
Wenn alle Unterlagen vorliegen, kann man mit etwa zwei Wochen rechnen. Je nach Gemeinde und Papierlage kann es aber auch länger dauern – manchmal bis zu zwei Monaten.
Timothea Imionidou
Und sie kann parallel zur bautechnischen Prüfung laufen?
Yvonne Plattes
Ja, es sind verschiedene Prüfer, aber beide Prüfungen ergänzen sich. Es ist kein Problem, sie parallel durchzuführen.
Timothea Imionidou
Vielen Dank euch beiden für die vielen Einblicke aus der Praxis.
Autorin: Timothea Imionidou / Mitarbeit: Nils Gießler
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