Wegzugsbesteuerung auf Investmentfondsanteile
Seit dem 01.01.2025 ist der Anwendungsbereich der deutschen Wegzugsbesteuerung erheblich ausgeweitet worden:
Nicht nur Personen, die Anteile an in- oder ausländischen Kapitalgesellschaften von mindestens 1 Prozent in ihrem Privatvermögen halten, müssen die Regelungen der sogenannten Wegzugsbesteuerung beachten – auch Personen mit Investmentfondsanteilen können im Falle eines Wegzugs ins Ausland in den Anwendungsbereich der Wegzugsbesteuerung fallen.
Bisher wurden bei einem Wegzug aus Deutschland nur die stillen Reserven erfasst, die zu diesem Zeitpunkt in Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 17 EStG bestanden. Dabei wird nach dem Außensteuergesetz (AStG) ein fiktiver Verkauf der Anteile zum Zeitpunkt des Wegzugs unterstellt, wodurch die potenzielle Steuer festgesetzt – und regelmäßig gestundet – wird. Gleiches gilt nunmehr auch für bestimmte Fondsinvestments.
Durch die Neuregelung im Investmentsteuergesetz werden nun auch die bislang unversteuerten stillen Reserven in Investmentfondsanteilen der Wegzugsbesteuerung unterworfen. Ziel ist es, einen unversteuerten Transfer dieser Reserven ins Ausland zu verhindern, da deren spätere Realisation nach dem Wegzug nicht mehr der inländischen Besteuerung unterliegen würde. Die entsprechenden Änderungen in den §§ 19 und 24 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) wurden am 05.12.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. 2024 I Nr. 387).
Wer ist betroffen?
Von der Neuregelung betroffen sind alle natürlichen Personen mit unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland, die beabsichtigen, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufzugeben und ins Ausland zu verziehen, oder die ihre abkommensrechtliche Ansässigkeit ins Ausland verlagern. Erfasst werden dabei nur solche Steuerpflichtigen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre mindestens sieben Jahre im Inland unbeschränkt steuerpflichtig waren. Diese speziellen Regelungen gelten ausschließlich für private Anleger – nicht jedoch für betriebliche Anleger, die ihre Fondsinvestments im Betriebsvermögen halten. Darüber hinaus wird auch die unentgeltliche Übertragung von Investmentanteilen erfasst, sofern diese auf Personen übergehen, die im Inland nicht der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Ebenfalls betroffen sind alle Vorgänge, bei denen es zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung des inländischen Besteuerungsrechts kommt.
Welche Fondsinvestments sind betroffen?
Betroffen sind alle Arten von Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds im Sinne des InvStG – unabhängig davon, ob es sich um inländische oder ausländische Fonds handelt. Allerdings bestehen größenabhängige Erleichterungen. Der Gesetzesbegründung zufolge wird insbesondere bei Spezial-Investmentfonds eine gestalterische Möglichkeit gesehen, die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG zu umgehen. Wenngleich dies in Einzelfällen nachvollziehbar erscheint, geht die Neuregelung im Übrigen über den gesetzgeberischen Zweck der Wegzugsbesteuerung hinaus und führt zu einer weiteren Verschärfung des deutschen Steuerrechts für ausreisewillige Steuerpflichtige.
Nicht erfasst werden Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds, die keine stillen Reserven enthalten, also bei denen sich nach den Regelungen des InvStG kein positiver fiktiver Veräußerungsgewinn ergibt. Darüber hinaus sollen nur gewichtige Fälle erfasst werden. Als Schwellenwert gilt eine Beteiligung an dem Investmentfonds von mindestens 1 Prozent, sofern der Anleger diese Beteiligung in den letzten fünf Jahren gehalten hat. Ebenfalls betroffen sind Fondsanteile, bei denen die Anschaffungskosten mindestens 500.000 Euro betragen haben. Bei Anteilen an Spezial-Investmentfonds gelten diese Schwellenwerte jedoch nicht. Solche Anteile sind generell von der Neuregelung betroffen.
Bei Anteilen an Private-Equity-Fonds oder Venture-Capital-Fonds wird die Wegzugsbesteuerung nach dem InvStG in der Praxis häufig nicht einschlägig sein, da die meisten Private-Equity-Fonds oder Venture-Capital-Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft gegründet werden und somit nicht in den Anwendungsbereich des InvStG fallen.
Vorschrift und deren Umsetzung
Die im InvStG eingeführte Neuregelung verweist für die Umsetzung auf die Regelungen des AStG. Daher gelten auch für diese Regelungen die Rückkehrbestimmungen, die aufgrund des nur vorübergehenden Wegzugs zu einem nachträglichen Wegfall des Steueranspruchs führen können.
Zudem kann auf Antrag eine Stundung der Steuer auf den fiktiven Veräußerungsgewinn (dry income) sowie eine Verteilung der Steuerschuld auf sieben gleichmäßige Jahresraten gewährt werden. Häufig wird jedoch seitens der Finanzverwaltung eine Sicherheitsleistung verlangt.
Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, innerhalb von einem Monat nach dem Wegzug die relevanten Sachverhalte seinem zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Die Meldung muss eigenhändig unterschrieben werden.
Empfohlene Schritte bei Wegzug ins Ausland
Bei einem beabsichtigten Wegzug ins Ausland ist eine umfassende steuerliche Planung und Beratung zu empfehlen, um mögliche steuerliche Belastungen durch die Auswirkungen des Außensteuergesetzes und des Investmentsteuergesetzes zu vermeiden und die relativ kurzen Meldefristen einhalten zu können. Zudem ist es erforderlich, bereits im Vorfeld Wertpapierdepots zu überprüfen, um betroffene Investmentfondsanteile im Rahmen der Neuregelung zu identifizieren.
Der Text wurde erstellt von:
Prof. Dr. habil Günther Strunk
www.strunkstb.de
(Stand: Mai 2025)