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4 Milliarden Euro für den Fiskus: Was der Erbfall Thiele über die Gestaltung der Erbschaftsteuer offenbart

Die Unternehmerfamilie muss einen Rekordbetrag an das Finanzamt entrichten. Eine fiskalische Betrachtung des medienwirksamen Falls.

30. Juni 2025
Illustration Erbschaft Thiele

Der Rekord an Erbschaftsteuer, den die Unternehmerfamilie Thiele an das Finanzamt entrichten muss, ist nicht nur ein schlagzeilenträchtiges Ereignis, sondern auch ein beispielhafter Hinweis auf die steuerlichen Fallstricke bei Großvermögen, auch – oder gerade – bei scheinbar optimaler Strukturierung. So umfasste der Nachlass von Heinz Hermann Thiele, einem der reichsten Unternehmer Deutschlands mit Beteiligungen an Knorr-Bremse und Vossloh, rund 18 Milliarden Euro. Nach seinem Tod wurde bekannt, dass rund 4 Milliarden Euro Erbschaftsteuer an den Staat fällig wurden. 

Hintergrund: Was war steuerlich geplant – und was ging (scheinbar) schief?

Betriebsvermögen und der Verschonungsabschlag (§ 13a ErbStG)

Im Grundsatz wird begünstigtes Betriebsvermögen mit 85 Prozent von der Erbschaftsteuer freigestellt, sofern bestimmte Halte-, Lohn- und Verwaltungsquoten eingehalten werden. Doch bei sogenannten „Großerwerben“ ab 26 Millionen Euro greift diese Regel nicht automatisch. Es ist eine zusätzliche „Bedarfsprüfung“ nach § 28a ErbStG erforderlich.

Keine Anwendung von § 28a ErbStG

Diese Norm erlaubt den Erlass oder Teilerlass der Steuerlast, wenn der Erwerber nicht über ausreichendes sonstiges Vermögen verfügt, um die Steuer zu zahlen. In vielen Fällen werden hierzu Stiftungsmodelle eingesetzt. Doch im Fall Thiele war die Stiftung offenbar nicht mit dem Ziel errichtet worden, die Voraussetzungen der Bedarfsprüfung zu erfüllen. Ohne konkreten Nachweis eines echten Finanzierungsengpasses wurde der Erlass abgelehnt.

Vorerbschaft und Nacherbschaft: Steuerlicher Doppelschlag

Es deutet vieles darauf hin, dass eine Vorerbschaft zugunsten der Ehefrau mit anschließender Nacherbschaft zugunsten einer Stiftung gestaltet wurde. Diese Konstruktion löst beim Eintritt des Nacherbfalls, zum Beispiel Tod der Vorerbin, einen zweiten steuerpflichtigen Erwerb aus. Dies führt potenziell zu einer doppelten Besteuerung desselben Vermögens, zeitlich gestaffelt.

Steuerklasse III für die Stiftung als Nacherbin

Die privilegierte Steuerklasse I (bis 30  Prozent) gilt nur bei der Erstausstattung einer Stiftung. Für spätere Erbschaften – wie bei einer Nacherbschaft – greift Steuerklasse III mit bis zu 50 Prozent Steuersatz. Damit wird die ursprünglich vorteilhafte Nachfolgeplanung durch die steuerliche Behandlung teilweise konterkariert.

Was lässt sich daraus lernen?

Der Fall Thiele zeigt, dass auch bei großem Know-how und sorgfältiger Strukturierung nicht jeder steuerliche Wunsch in Erfüllung geht. Gerade bei Großvermögen hat der Fiskus inzwischen ein breites Repertoire an Möglichkeiten:

  • Begrenzung der Verschonung bei Großerwerben

  • Bedarfsprüfung statt pauschalem Erlass

  • Benachteiligung von Stiftungen in bestimmten Konstellationen

  • Verschärfte Bewertungsvorschriften für Betriebsvermögen

  • Substanzbesteuerung bei Nacherbschaft oder Stiftungsnacherbschaft

Zudem wird die Nachfolgestrategie zunehmend durch weitere Vorschriften flankiert – etwa durch die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG, die verhindern soll, dass substanzstarkes Vermögen durch Auswanderung dem deutschen Besteuerungszugriff entzogen wird.

Fazit für Unternehmer und Family Offices

Erbschaftsteuerplanung erfordert mehr als nur Technik. Sie muss:

  • frühzeitig erfolgen

  • familienstrategisch eingebettet sein

  • rechtssicher dokumentiert werden

  • und die wirtschaftliche Tragfähigkeit berücksichtigen.

Strukturen, die auf dem Papier gut aussehen, können im Ernstfall scheitern, wenn der Gesetzgeber ihre tatsächliche Zielrichtung anzweifelt. Für Unternehmerfamilien mit substanzstarkem Betriebsvermögen und internationalem Bezug empfehlen wir eine integrierte Beratung – unter Einbeziehung von Erbrecht, Steuerrecht und Stiftungsgestaltungen.

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