Ferienvermietung und Touristensteuer auf Mallorca: Der beschlossene Kompromiss im Detail
11. April 2025
Keine Erhöhung der Touristensteuer, keine Abgabe für Fahrzeuge von Besuchern und ein Kompromiss in der Ferienvermietung: Die balearische Landesregierung bleibt mit einem neuen Dekret in der Tourismuspolitik weit hinter ihren eigenen Ankündigungen zurück, die sie in der Overtourism-Debatte gemacht hatte. Um die nötige Mehrheit im Balearen-Parlament zu erreichen, hat die regierende Volkspartei (PP) von Ministerpräsidentin Marga Prohens eine Reihe von Zugeständnissen an die Rechtspartei Vox gemacht.
Zwar sieht der Beschluss vom 11. April weiterhin vor, dass es keine neuen Lizenzen zur Ferienvermietung in Apartments geben soll und die Strafen für illegale Angebote erhöht werden. Doch gleichzeitig sollen zurückgegebene Lizenzen nicht vom Markt verschwinden, wie ursprünglich von der linken Vorgängerregierung beschlossen. Die fiskalischen Pläne zu Touristen- und Mietwagensteuer wurden ganz fallengelassen. Der Beschluss des Ministerrats muss nun noch das Balearen-Parlament bestätigen, wofür mit den Stimmen von PP und Vox gerechnet wird.
Ferienvermietung
In der Ferienvermietung gilt seit einigen Jahren ein Moratorium, es werden keine Anträge für neue Lizenzen angenommen. Die Zahl aller Gästebetten auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln ist zudem gedeckelt.
Die Landesregierung hat nun entschieden, dass auch nach der noch ausstehenden Aufhebung des Moratoriums keine neuen Lizenzen für die Ferienvermietung in Mehrfamilienhäusern ausgestellt werden dürfen. Die bestehenden Lizenzen von derlei Apartments sind davon aber ausgenommen - sie dürfen auch nach Ablauf der Gültigkeit erneuert werden, wenn auch unter verschärften Qualitätsbedingungen, wie der Beschluss vorsieht. Die Balearen entscheiden sich damit bewusst für eine andere Richtung als etwa die Tourismusmetropole Barcelona: Dort sollen alle Lizenzen nach Ablauf der Gültigkeit auslaufen.
Im Fall von Einfamilien- und Reihenhäusern sind die vergebenen Lizenzen zeitlich nicht beschränkt. Das Moratorium für die Vergabe neuer Lizenzen bleibt zwar zunächst formell bestehen, allerdings reaktiviert die Landesregierung nun den “Tausch" von Lizenzen: Abgemeldete Gästebetten sollen nicht vom Markt verschwinden, sondern neu vergeben werden können.
Verschärft werden soll der Kampf gegen illegale Angebote. Dazu erhöht die Landesregierung die vorgesehenen Strafen - die bislang wegen Problemen bei der Beweisführung und fehlender Ressourcen in der Verwaltung oft nicht eingezogen werden - um 25 Prozent. Der Rahmen im Fall von sehr schweren Verstößen beträgt nun 50.001 bis 500.000 Euro, im Fall von schweren Verstößen 5.001 bis 50.000 Euro, im Fall von leichten Verstößen bis zu 5.000 Euro. Geben abgestrafte Eigentümer von Wohnungen diese in die Langzeitvermietung für sozial benachteiligte Mieter, können 80 Prozent der Geldbuße erlassen werden.
Der Eintrag in ein Register für Ferienvermieter, das für mehr Transparenz sorgen soll, ist ohnehin durch Vorgaben der EU und der spanischen Zentralregierung vorgesehen und bis Juli verpflichtend.
Touristen- und Autosteuer
Nichts soll sich ändern bei der Abgabe, die Urlauber pro Übernachtung in touristischen Unterkünften aller Art zahlen und die Ferienvermieter im Auftrag der Landesregierung einziehen müssen. Angekündigt hatte die Landesregierung eigentlich, dass die “Ecotasa” in der Hochsaison erhöht, in der Nebensaison gesenkt werden sollte. Diese Pläne für eine zaghafte Erhöhung sind nun auf Druck der Rechtspartei Vox ganz vom Tisch.
Die Abgabe für Fahrzeuge von Mallorca-Urlaubern und einen Teil der Mietwagen sollte eigentlich je nach Aufenthaltsdauer und Schadstoff-Emissionsstufe zwischen 35 und 150 Euro jährlich betragen. Auch diese fiskalische Maßnahme wurde auf Druck von Vox aus dem Paket herausgenommen. Ob eine solche Abgabe möglicherweise auf anderem Weg eingeführt wird, ist völlig offen. Auf Formentera ist bereits ein Limit für Urlauber-Fahrzeuge in Kraft, auf Ibiza wird es in diesem Sommer eingeführt.
Die politische und gesellschaftliche Debatte
Die regierende Volkspartei sitzt in der Overtourism-Debatte zwischen allen Stühlen - gerade im Zuge der zunehmenden Wohnungsnot muss sie Ergebnisse vorweisen und darauf hoffen, dass Maßnahmen wie beispielsweise ein Programm für Mietgarantien Erfolge zeigen. Einerseits machen Kritiker die Ferienvermietung - vor allem die zahlreichen weiterhin bestehenden illegalen Angebote - mit verantwortlich für den Mangel an bezahlbaren Wohnungen. Andererseits hebt Ministerpräsidentin Marga Prohens auch die Bedeutung der Ferienvermietung als Einnahmequelle vieler Privathaushalte hervor.
Da die regierende Volkspartei über keine eigene Mehrheit im Balearen-Parlament verfügt, stand sie vor der Wahl, entweder einen Kompromiss mit Vox auszuhandeln - die Rechtspartei soll nach dem Willen der PP auch die Stimmen für den Haushalt beisteuern - oder aber mit den linken Oppositionsparteien gemeinsame Positionen auszuloten. Diesen waren die Ankündigungen der PP gegen die Auswüchse des Massentourismus allerdings nicht weit genug gegangen.
Bei dem jetzt beschlossenen Maßnahmenpaket gibt es zudem noch ein Zugeständnis an die Hoteliers auf den Balearen. Sie dürfen die Nutzfläche in ihren Häusern um zehn Prozent erhöhen, wenn sie im Gegenzug bestimmte Auflagen zur Qualitätssteigerung erfüllen. Weder dürften im Rahmen dieser Regelung die Hotels aufgestockt, noch die Zahl der Gästebetten erhöht werden.
Offener Krieg zwischen den Lobbys von Hoteliers und Ferienvermietern
Ungeahnte Ausmaße hat unterdessen der Streit zwischen den Lobbys von Hoteliers und Ferienvermietern angenommen. Beide werfen sich gegenseitig vor, für die Wohnungsnot auf den Balearen verantwortlich zu sein. Der Chef der Hotelgruppe Meliá, Gabriel Escarrer, hatte die PP offen kritisiert, sie schaffe für eine Handvoll Stimmen das Moratorium in der Ferienvermietung faktisch ab und verschärfe auf diese Weise die Wohnungsnot. Der Verband der Ferienvermieter warf Escarrer daraufhin “Zynismus” vor, die Hotelbranche habe über Jahrzehnte hinweg ihre privilegierte Stellung im Bau- und Steuerrecht ausgenutzt, um alles andere als nachhaltig zu wachsen.
Studie der Balearen-Universität
Wie denken Sie über die aktuelle Situation des Massentourismus auf Mallorca? Die Balearen-Universität untersucht in einer Studie die Ansichten von Einheimischen und Ausländern zu dem Thema.