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Zukunft oder Stillstand? Der Mittelstand im Spannungsfeld von Mobilität, Steuern und Innovation

Ein spannender Austausch über die Herausforderungen und Chancen für Unternehmer in einer sich wandelnden Welt – von Wegzugssteuern bis zu Innovation und emotionaler Rendite.

Eine schwebende Weltkugel vor einem dunklen Hintergrund, mit goldenen Elementen

Herausforderungen durch die zunehmende Mobilität von Unternehmern und Unternehmen: Prof. Dr. Jens Schönfeld, Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht und Willi Plattes, CEO der PlattesGroup, sprechen über die Zukunft des deutschen Mittelstands.

Themen wie Wegzugsbesteuerung, internationale Investitionen und die Attraktivität anderer Standorte – etwa die USA – zeigen, wie sehr steuerliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen die Entscheidungen beeinflussen. Gleichzeitig beleuchten die Experten, wie Deutschland durch hohe Kosten, Regulierungen und fehlende Innovationskraft zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit verliert.

Der Austausch liefert wertvolle Impulse für Unternehmer, die trotz komplexer Rahmenbedingungen global erfolgreich bleiben oder neu denken wollen. Hören Sie rein und erfahren Sie, wie klare Strategien die Zukunftsfähigkeit sichern können!

Willi Plattes
Seien Sie gegrüßt am heutigen Freitag. Ich habe heute einen besonderen Gast. Das ist Prof. Dr. Jens Schönfeld, internationaler Steuerrechtler. Er ist Mitherausgeber des Magazins “Internationales Steuerrecht” und Partner bei Flick Gocke Schaumburg. Jens, wir arbeiten jetzt schon viele Jahre zusammen. Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, heute mit uns hier in unserem Studio über ein tolles aktuelles Thema zu sprechen.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, vielen Dank, lieber Willi, für die Einladung und ich freue mich sehr darauf und bin gespannt, was mich jetzt erwartet an Fragen.

Willi Plattes
Ja, ich möchte heute auf etwas eingehen. Ich glaube, das belastet auch die Gespräche, die du mit deinen Mandanten hast und auch die wir mit unseren Mandanten haben. Und das ist das große Thema der Mobilität und der Zukunftsfähigkeit des deutschen Mittelstandes oder der deutschen Wirtschaft überhaupt. Wir möchten nicht ins Politische abschweifen, um Gottes willen, sondern ich glaube, wir sind uns alle darüber im Klaren, dass wir eine Richtungsänderung benötigen, damit in Deutschland nicht das passiert, was vielleicht mal als Beispiel mit Venedig passiert ist. Und da möchte ich mit anfangen. Denn wir hatten 350 Jahre ein Venedig, das total komplett Europa beherrscht hat, politisch, militärisch, wirtschaftlich.

Und dann ist Folgendes passiert: Dann sind die Portugiesen und die Spanier hingegangen und haben das arabische Dreieckssegel mit dem Rechtecksegel der Wikinger auf Dreimaster installiert und konnten damit ganz große Entfernungen überwinden. So, und dieser Moment, was hat das in Venedig bewirkt? Die Venezianer haben gesagt, das interessiert uns nicht so, wir sind satt, wir haben alle Möglichkeiten. Wir haben 350 Jahre geherrscht. Lasst die Portugiesen und Spanier das mal machen. So, und dann ist die Kolonialisierung entstanden. Letztendlich die Portugiesen, die Spanier haben große Teile der Welt kennengelernt und auch erobert, insbesondere Südamerika.

Dann kamen die Engländer und haben die ganz große Macht übernommen. Und das war der, ich sage mal so, ein Sputnik-Element über diese Investitionen oder diese Innovation, die damals geschehen ist. Und die Venezianer haben da gesessen und haben im Endeffekt gesagt, lass die mal machen. Und was ist heute? Heute ist Venedig ein Museum und ich habe große Sorge, dass Deutschland oder auch Europa auch bald zum Museum wird. Denn das, was im Augenblick auf der Welt los ist, nehmen wir nur das Beispiel KI, das ist so etwas Ähnliches wie damals der Innovationsschub. So sehe ich das. Und viele Mittelständler teilen auch diese Meinung und haben Angst vor der Zukunft.

Man sieht keine Zukunftsfähigkeit derzeit, und das ist ein Riesenthema, wo wir häufig gefragt werden: Wie geht es weiter? Wie bin ich überhaupt fähig, da zu antworten? Und da sage ich Mobilität. Und das ist das Thema, was ich heute gerne mit dir besprechen wollte. Was können wir als Steuerberater und Rechtsanwälte den Mandanten empfehlen oder nicht empfehlen, sondern helfen bei den Entscheidungen, die sie zu treffen haben? Darüber möchte ich mit dir sprechen.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, in der Tat ein schwieriges Thema, Willi. Und ich glaube, das eine ist, was wir unseren Mandanten raten, als steuerliche Berater oder auch rechtliche Berater. Und das andere ist die Frage: Wo kommt eigentlich das Problem her und warum erhöht sich auch gerade die Mobilität? Ich glaube, man muss auch gar nicht so ein großes Bild machen, wie du es gemacht hast mit Venedig. Ich glaube, das stimmt. Und das zeigt eben auch, dass Staaten sich im Wettbewerb international befinden. Aber das gilt genauso für Unternehmen, die befinden sich eben auch im Wettbewerb untereinander. Und wenn man eben da nicht innovationsbereit ist und auch sich darauf einstellt, auf das Umfeld, dann fällt man im Wettbewerb zurück.

Ein schönes Beispiel ist ja beispielsweise Porsche. Ja, die haben im letzten Jahr noch in China Anfang des Jahres relativ viele Autos auch vom Taycan verkauft. Und jetzt ist es so, ich kann den Namen gar nicht aussprechen, dass ein Unternehmen auf den Markt getreten ist, das eigentlich Handys produziert. Und die Stellen ein Auto her, das sieht so ähnlich aus wie der Taycan, und kann sogar mehr und kostet nur 30.000 Euro. Und im November hat Porsche in ganz China noch 112 Fahrzeuge verkauft und ich glaube im Dezember gar keins mehr. So, also das kann relativ schnell gehen und wenn man sich eben nicht darauf einstellt und eben nicht darüber nachdenkt, was die Zukunft bringt – und Unternehmer bewegt das natürlich – und wie du zurecht sagst, Unternehmer sind es ja typischerweise auch gewohnt, irgendwo in der Mannschaft zu spielen, die gewinnt und ich glaube, so denken wir auch, Willi.

Und wenn man plötzlich in einer Mannschaft unterwegs ist, die nicht mehr so performt, dann überlegt man vielleicht auch, die Mannschaft zu wechseln. Und wenn man nicht selber wechselt, dann sollen zumindest die Kinder in der Mannschaft spielen, die am Ende siegreich vom Platz marschiert. Und deswegen ist es eben auch so, dass nicht nur Unternehmer selbst sehr mobil sind, sondern im ersten Schritt natürlich auch die Kinder mobil machen. Die studieren im Ausland und wachsen dort auf und kommen vielleicht auch gar nicht mehr zurück, weil sie dort jemanden kennenlernen oder auch feststellen, dass dort – eben gerade in den USA ist ja ein schönes Beispiel – auch einfach eine ganz andere Atmosphäre herrscht, in der man letztlich unternehmerisch aktiv sein kann, in der man auch scheitern kann. Und die kommen dann nicht mehr zurück. Und ja, für unsere Unternehmer gilt das natürlich auch noch aus anderen Gründen, die eben beispielsweise im Ausland investieren, was wir jetzt ganz stark sehen. Alleine der Umstand, dass der Trump Zölle gegen Europa angedroht hat, führt dazu, dass viele unserer Unternehmen in den USA investieren.

Willi Plattes
Ja, ich glaube, wir dürfen den Blick nicht nur auf die Zölle nehmen. Dadurch, das was im Augenblick durch Trump in Amerika passiert, Amerika bekommt ja einen irrsinnigen Standortvorteil. Wir haben Energiekosten von einem Zehntel von dem, was hier in Deutschland oder in Europa angeboten wird. Also insbesondere Deutschland. Wir haben einen Steuersatz, der die Hälfte von dem ist, was hier ist, also nur noch mit 15 Prozent. Das ist jedenfalls.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Das ist jedenfalls angekündigt.

Willi Plattes
Genau, so ist es wenigstens angekündigt. So, und diese Rahmenbedingungen, die da sind, diese Langfristigkeit, dass dann auch die Energiepreise für zehn Jahre gesichert sind, das sind Anreize, das sind Standortvorteile. Und man darf nicht vergessen: Wir sind im größten Marktsegment der Welt. Das ist die größte Volkswirtschaft. Also da gibt es kaum Argumente, die dagegen sprechen, in Amerika nicht zu investieren.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ganz im Gegenteil. Und wie gesagt, vor allem man findet eben dort auch ein Mindset vor, das solche unternehmerischen Entscheidungen auch einfach mitträgt. Und zwar in einem positiven Sinne mitträgt. Also das Vorpreschen von Trump jetzt im Bereich KI ist ja ein schönes Beispiel, dass er sagt, sämtliche Regulierungen müssen jetzt fallen. Und da kann man drüber diskutieren. Ist das richtig, dass ich jetzt sämtliche Regulierungen fallen lasse? Aber ich glaube genauso wenig richtig ist es, wie wir es hier in Europa betreiben, dass das erst mal alles als große Gefahr gesehen wird und die Dinge im Keim ersticken. Ich glaube, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.

Willi Plattes
Ja, ich bin auch deiner Meinung. Wir haben in Europa Vorschriften. Wir haben aber keine KI. Und die Amerikaner haben keine Vorschriften. Die haben aber KI. So, was jetzt wirklich das Richtige ist, müssen wir mal schauen. Aber wir dürfen eins an der Sache nicht vergessen, wenn ich KI einsetze. KI hat ja mit der Entwicklung auch wieder zu tun. Die werden ja auch wieder eigene Entwicklungen haben und das geht komplett an uns vorbei. Das ist so und wenn ich jetzt Europa sehe, die jetzt ein riesen KI Programm aufgesetzt haben mit 54 Millionen Euro, damit die KI auch in jedem Land von Europa verstanden wird, also auch in Estland, dann muss man sich wirklich fragen, ob das mit den 500 Milliarden, die jetzt in Amerika investiert werden, was der richtige Weg ist.

Das ist an sich traurig. Wenn ich die heutigen Wahlprogramme sehe, stehen ja nur kurz vor der für meine Begriffe Richtungswahl in Deutschland. Dann höre ich immer wieder: Wir sprechen von Wachstum! Und das, was ich betriebswirtschaftlich irgendwann mal gelernt habe ist: Ehe Wachstum kommt, muss ich investieren. Woher kommt das Geld zum Investieren? Und das, was ich im Augenblick von der Politik höre, geht dann nur über Steuererhöhungen. Und wenn ich das mache, dann sage ich ganz ehrlich, Dann wird der Standortnachteil, den wir eben besprochen haben, wenn ich das im Verhältnis zu Amerika sehe, wird er ja noch größer, der Abstand.

Wie denkst du darüber?

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, das ist auch zu 100 Prozent richtig. Und ein schönes Beispiel ist ja der Vorschlag von unserem Wirtschaftsminister, Herrn Habeck, dass er sagt, also auf die Abgeltungssteuer wollen wir gerne noch Sozialversicherungsbeiträge erheben und ich will gar nicht darüber diskutieren. Sind Dinge gerecht oder ungerecht? Und kann man da irgendwie sagen, das sollte man tun oder nicht? Ja, darum geht es gar nicht. Aber das Signal, das man damit sendet, ist ganz klar: Eigentlich wollen wir das Kapital nicht mehr in Deutschland. Und es gab mal einen Grund, weshalb wir uns auch dafür entschieden haben und gesagt haben, wir führen die Abgeltungssteuer ein.

Ja, ich meine, ich kann das auch kritisch sehen. Ich bin als Anwalt tätig und bezahle knapp 50 Prozent Steuern. Da kann ich mich auch fragen. Jemand, der sein Geld passiv anlegt, der hat nur 25 Prozent plus Soli. Und trotzdem ist es richtig. Und zwar aus folgenden Gründen. Es ist einmal richtig bei denen, die im Grunde auf Unternehmensebene schon besteuern, weil dann letztlich die Hälfte im Grunde schon besteuert ist und ihm letztlich das eigentlich nur noch nach besteuert wird. Ist aber auch deshalb richtig, auch für Zinsen und dergleichen. Und da hat man sich wirklich damals, ich kann mich noch gut daran erinnern, bewusst dafür entschieden, um eben auch Kapital anzuziehen.

Und das muss man sagen, man kann dem Schröder ja viel vorwerfen. Ich wollte nicht ins Politische gehen. Aber ich kann mich noch gut daran erinnern. Das war jemand, der zusammen mit den Gewerkschaften im Grunde Reformen umgesetzt hat, die wirklich Deutschland verändert haben und auf einen Wachstumskurs und Siegeskurs geführt haben. Und dazu gehörte eben auch diese Steuer. Und daran darf man, muss man sich erinnern.

Willi Plattes
Ja, ich glaube, wir haben in Deutschland kein Einnahmeproblem, sondern wir haben ein Ausgabenproblem. Und noch mehr Steuerbelastungen. Wenn ich das jetzt sehe, dass die deutsche Wirtschaft in den letzten drei Jahren an sich nicht mehr investiert hat, sondern dass wir immense Kapitalabflüsse haben, die noch nie in der deutschen Geschichte so immens waren, so groß waren. Also, da braut sich irgendetwas zusammen, was man nicht sehr gerne sieht. Und dass die Unternehmer sich dann Gedanken darüber machen, die Mobilität zu erhöhen. Das heißt ja letztendlich immer mehr Gedanken. Ich muss ins Ausland. Weil Deutschland nicht mehr funktioniert, mache ich es.

Welche Hürden habe ich? Und dann kommt natürlich diese gewaltige deutsche Steuermauer, die ja aufgebaut worden ist. Dann ist ja immer wieder das Stichwort „Wegzugssteuer“. Ja, wie ist deine Meinung, wie ist die Kommunikation mit deinen Mandanten über dieses Thema?

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, das ist eine gute Frage, Willi. Die Wegzugsbesteuerung hat ja viele Facetten. Und vielleicht mal zur Einleitung. Viele werden das wissen. Die Wegzugsbesteuerung wurde in den letzten Jahren ja auch erheblich verschärft. Ja, auch Wegzüge innerhalb der EU. Wo früher eine dauerhafte und zinslose Stundung seiner Wegzugssteuer möglich war, die gibt es jetzt nicht mehr in der Form. Da kann man sich auch fragen, kann man sich das eigentlich vorstellen? In verschiedenen politischen Debatten, die wir die Tage hören, wird ja das Europarecht immer sehr hoch gehangen, aber beim Wegzug letztlich der eigenen Staatsbürger. Möglicherweise wird das weniger gesehen. Wenn ich mich mal vorsichtig auszudrücken.

Willi Plattes
Also, können wir direkt einhaken. Im Endeffekt: Wir beide sind der Meinung, dass es EU rechtswidrig.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, das ist. Das ist ganz sicher so im Augenblick.

Willi Plattes
Das interessiert die deutsche Politik gar nicht.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Im Gegenteil, es wurde eben noch weiter verschärft. Vielleicht für diejenigen, die jetzt keine Steuerexperten sind. Ja, früher war das so, man musste eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft haben, von einem Prozent und mehr. Dann kam es zur Wegzugsbesteuerung. Jetzt muss man, reicht es auch aus, wenn man an Fonds beteiligt ist und die Anschaffungskosten größer 500. 000 sind? Und da kann man sich natürlich schon fragen: Geht das nicht zu weit? Zumal auch die Märkte, die gehen mal hoch und runter und der Zeitpunkt des Wegzugs da ist, ehrlich gesagt, der ist ja reiner Zufall.

Willi Plattes
Ja, aber da muss ich wirklich das nochmal verstärken. Ja, das ist doch ein furchtbares Signal. Wir brauchen in Deutschland Leute, die kommen. Wir brauchen Leute, die wirklich Brain mitbringen, die etwas für die Zukunft in Deutschland machen. Wenn die so etwas sehen, die kommen doch erst gar nicht. Das ist ja nicht nur eine Mauer nach außen, sondern ich habe ja auch eine Mauer gebaut, dass keiner nach innen kommt.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Das ist so, da wollte ich eigentlich auch nie weg. Es war richtig. Die Wegzugsbesteuerung ist nicht nur etwas, was die Menschen davon abhält, eben Deutschland zu verlassen oder es ihnen jedenfalls den Wegzug erschwert. Es hält vor allem auch Leute davon ab, zu uns zu kommen. Ja, und zwar die Leute, die man hier vielleicht haben will, also Leistungsträger. Menschen eben auch mit Vermögen, die hier Dinge aufbauen wollen, vielleicht auch Unternehmen aufbauen wollen, die dann, nachdem sie hier ein Unternehmen erfolgreich aufgebaut haben und vielleicht international mobil sind, aber nicht mehr wegkommen. Ja, und das letztlich führt eben zu diesen Abschreckungseffekten.

Deswegen wirkt das in zwei Richtungen. Eben, dass die Menschen, die weg wollen, das jetzt auch vollziehen. Ja, weil sie sagen, das wird wahrscheinlich immer schwerer, hier wegzukommen und dann wird halt einfach dieser Schnitt vollzogen. Das Problem ist, der Schnitt wird so stark vollzogen, dass die Menschen dann auch nicht mehr zurückkommen. Also wir. Du hast gefragt Was raten wir unseren Mandanten? Ja, und man muss traurigerweise sagen, wir raten denen, dass sie im Grunde alles hinter sich abreißen. Ja, dass sie alle Brücken abreißen. Und wir raten ihnen dazu, auch nicht mehr wieder zu kommen. So, und das ist, ehrlich gesagt, das kann eigentlich nicht richtig sein

Willi Plattes
Das ist nicht richtig.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, und aus steuerlicher Sicht müssen wir das leider tun. Und dann kommen sie eben auch nicht mehr wieder. Und du hast vorhin gefragt: Wo kommt eigentlich das Geld her, in Deutschland zu investieren? Das Problem ist, wenn erst mal Unternehmer, Familienunternehmer oder deren Kinder, wenn die im Ausland sind, dann kann man sich dreimal fragen, wo werden die eigentlich später wieder investieren, wenn sie das in Deutschland machen, wo wir ihnen eigentlich gesagt haben, da dürft ihr nie wieder hinkommen aus steuerlichen Gründen? Oder machen sie das dort, wo sie vielleicht dann aufgewachsen sind, wo sie auch kulturell dann verwurzelt sind?

Ja, und die Antwort kannst du dir natürlich geben. Jedenfalls auch wenn sie es vielleicht nicht an dem Ort machen, wo sie dann leben, haben sie jedenfalls nicht mehr diese Bindung, die vielleicht ihre Väter und Großväter hatten zu Deutschland. Und wären dann eben woanders investieren und ihre Investitionsentscheidungen davon lenken lassen, dort zu investieren, wo der beste Ort ist für diese Entscheidung.

Willi Plattes
Ja, und wir müssen ja nur eins sehen Wir müssen ja unsere Familien letztendlich so aufbauen, dass die Kinder als Weltbürger erzogen werden. Deutschland ist mit 50 Prozent des Bruttosozialprodukts vom Export abhängig. Also, das ist ja eine Aufbruchsstimmung. Ich muss meine Kinder letztendlich als Weltbürger erziehen. Die gehen ins Ausland, studieren da. Und jetzt lassen wir doch einfach mal auch bei diesem schlimmen Thema bleiben. Der Erbfall tritt ein. Wir haben ja am 2. Mai die Veranstaltung: Einladung zum Probesterben. Meine Damen und Herren, Sie müssen sich vorstellen, wenn der Erbfall eintritt, Das ist ja nun meistens nicht geplant und die Kinder sind im Ausland, sind dort gebunden.

Dann haben Sie nicht nur die Erbschaftssteuer zu zahlen, oft mit circa 30 Prozent, sondern sie haben auch noch die Wegzugssteuer zu zahlen. Vielleicht kannst du da noch ein paar Worte zu sagen.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, also der Willi hat jetzt ja gerade schon mal über 50 Prozent Steuern hier zusammengezogen, aber dabei bleibt es ja nicht. Also der worst case ist ja viel schlimmer. Ja, der worst case ist natürlich Erbschaftssteuer. Ja, vor allem, wenn man nicht die Möglichkeit hat, in Verschonungsregeln zu kommen. Weiteres ist dann möglicherweise Wegzugssteuer. Ja, und dann kommt noch on top. Man hat dann vielleicht ein Unternehmen geerbt, aber damit kann ich meine Erbschaftssteuer nicht bezahlen, sondern ich muss irgendwie auch noch an das Geld rankommen. Dann muss ich das vielleicht noch ausschütten. Noch mal 26 oder 28 Prozent Steuern.

Und dann gibt es letztlich auch noch Momente. Ja, selbst wenn ich beispielsweise in die Verschonungsmöglichkeit käme. Ja. Nach dem Erbschaftssteuerrecht gibt es Konstellationen. Ja, wenn ich über bestimmte Finanzmittel oder so im Unternehmen habe, die werden dann doppelt besteuert. So, das kann tatsächlich zu einer Betreuungssituation Situationen führen von 70 oder 80 Prozent und dann bleibt ehrlich gesagt nicht mehr so viel übrig von so einem Unternehmen, das man aufgebaut hat.

Willi Plattes
Ja, also, ich kenne kein Unternehmen, was 80 Prozent Cash da liegen hat. Das wäre ja systematische Vorbereitung auf die Selbstvernichtung. So viel Cash da liegen zu haben und nicht arbeiten zu lassen.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Und selbst wenn es so wäre, Willi, muss man ja klar sagen, dass das einfach Unternehmen auch im Wettbewerb schwächt. Ja, also die Erbschaftssteuer muss man ja sagen, ist ja keine Steuer, die im Grunde hohe Einnahmen generiert, genauso wenig wie die Körperschaftssteuer. Es gibt so Steuern, die machen wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn. Das sind reine politische Steuern. Ja, und deswegen glaube ich, ist das verkehrt, im Grunde an die Erbschaftssteuer heranzugehen, weil sie die Unternehmen auch im Wettbewerb schwächt. Ein schönes Beispiel vielleicht. Willi bevor du sagst, im Grunde, das war ein bisschen außerhalb, letztlich des Steuerrechts.

Andere Länder denken halt viel strategischer. Also, beispielsweise Unternehmen wie Amazon, Apple usw., die dafür gescholten wurden, dass sie da eben diese komischen Steuermodelle in Irland usw. hatten und ihre Steuerlast enorm gesenkt haben. Das hat ja, muss man sagen, die US Regierung ja gewusst und die haben es hingenommen und nicht irgendwelche Gerechtigkeitsdebatten geführt öffentlich. Und warum haben die das hingenommen? Weil natürlich das Geld sofort reinvestiert werden konnte. Und warum haben wir die größten Unternehmen jetzt in den USA, Apple usw.? Das ist ein Grund. Ja, weil das eben alles zu einer Finanzierung führte, die eine enorme Stärke hervorgebracht hat.

Ja, und die Erbschaftssteuer, gerade bei uns in Deutschland mit den Familienunternehmen führt zu genau dem Gegenteil. Wenn man jedenfalls nicht in die Begünstigung kommt, die wir ja zum Glück haben Für Betriebsvermögen.

Willi Plattes
Bei 138. 000 Millionären, die im vergangenen Jahr die Mobilität genutzt haben. Weltweit sind sehr viele in den arabischen Raum gegangen. Nicht nur in die USA, sondern viele von China weg etc. UK ist weg. Also, wahnsinnig viele Bewegungen. Aber nach Deutschland ist kaum jemand gekommen. Und das, was wir letztendlich leider immer wieder sagen müssen, liebe Leute, nehmt Einfluss auf die Politik, dass diese steuerliche Ungerechtigkeit, die ich glaube wir jetzt ein bisschen dargestellt haben, dass uns die nicht dazu treibt, wegzugehen. Und wir verdienen zwar im Augenblick Geld damit, dass der Mittelstand sehr stark ins Ausland will, also die Mobilität, die die wirtschaftlich haben müssen, um bestehen zu können, dass die auf andere Beine gestellt wird.

Ich glaube, das ist das, was die Gespräche bei mir immer wieder zum Tragen kommt. Der Mittelstand möchte gerne in Deutschland bleiben. Das stützen wir auch im Endeffekt. Aber die Rahmenbedingungen passen derzeit nicht zu 100 Prozent.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Richtig. Und vielleicht auch, um es klar zu machen: Die Menschen sind ja nicht mobil, um Steuern zu sparen. Also steuerliche Themen, die spielen hier und da natürlich auch mal eine Rolle. Aber das ist nicht der entscheidende Faktor. Der entscheidende Faktor ist ein ganz anderer. Wir schon drüber gesprochen Das kann familiäre Gründe haben. Das mag Ausbildungsgründe haben, das hat aber auch teilweise den Hintergrund, dass die Menschen, gerade erfolgreiche Menschen, sich vielleicht auch ein Umfeld suchen, dass auch von höherer innerer Sicherheit geprägt ist, das davon geprägt ist, dass die Kinder ein schulisches Umfeld vorfinden, wo sie ihre Kinder hinschicken wollen.

Ich meine, ein schönes Beispiel ist ja Willi, wir sind hier, wie du sagen würdest, auf der schönsten Insel der Welt. Ja, und vielleicht viele unserer Zuhörer glauben, das ist eine reine Urlaubsinsel. Aber das ist ja zu einer Insel geworden, wo viele Menschen auch einfach leben mit ihren Familien. Und warum tun sie das? Natürlich tun sie das auch, weil das Wetter hier einfach so wunderbar ist. Also, gerade wenn man so im Norden Deutschlands wohnt, wo es auch sehr schön sein kann. Aber die Witterungsbedingungen sind halt einfach anders, um es mal so zu formulieren. Aber die kommen natürlich auch einfach her, weil das Umfeld hier so ist, wie es ist.

Ja, es ist sehr sicher. Ja, ich war gestern Abend in Palma bin ich spazieren gegangen. Das war eine unglaublich schöne Atmosphäre. Es gibt hier eine hohe Dichte von guten Schulen und von sehr guten Schulen. Das ist so und deswegen kommen die Menschen her. Ja, Spanien ist ja kein Steuerparadies. Das Gegenteil ist der Fall. Deswegen brauchen sie uns ja, um das Schlimmste zu verhindern. Aber deswegen sind die Menschen mobil und unterwegs.

 

Willi Plattes
Also, ich kann das nur bestätigen. Ich fasse das ja immer wieder zusammen unter dem Begriff emotionale Rendite. Man fühlt sich einfach wohl hier. Und ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Meine Damen und Herren, denken Sie mal nicht daran, dass wir hier die Steuersparfritzen sind. Wir wollen im Endeffekt Unternehmer, die in Generationen denken. Denen wollen wir Leitplanken geben, wie sie sich aufstellen, um in dieser rasant verändernden Welt. Da wird Trump jetzt sicherlich noch eine Riesenmenge zu beitragen, was uns da alles erwartet, um da Bestand zu halten, um Waffen in der Hand zu haben, um ihr Lebenswerk erhalten zu können.

Ich glaube, das sollten wir noch mal ganz deutlich sagen. Wir sind keine Fluchthelfer oder irgendetwas, sondern wir sind diejenigen, die versuchen, dem Mittelstand wirklich mit Werkzeuge an die Hand zu geben, damit sie in Deutschland bleiben können oder die Zukunft ihres Unternehmens gestalten können. Ja, ein ganz klares Ja. Ja, mein lieber Jens, ich bedanke mich.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Und ich bedanke mich. Danke.

Willi Plattes
Also, wir müssen darauf hinweisen. Noch mal, Am 2. Mai wird zur Probe gestorben. Und da werden diese Themen alle besprochen werden. Wir werden also den deutschen Teil in der ersten Hälfte der des Events haben. Und dann werden wir den internationalen Teil haben. Und beim internationalen Teil werden wir also auch nicht nur den Wegzug betrachten, sondern auch die Zuzugsprobleme in Amerika. Wir werden die Zuzugsprobleme im arabischen Raum besprechen´, mit Profis aus den jeweiligen Destinationen. Wir haben heute ein tolles Thema noch gehabt, Bahamas unter Umständen.

So, also es gibt eine Menge Dinge, die es zu bedenken gibt und die für Sie als Zuhörerinnen und Zuhörer, für Ihre Familien, für die Zukunft Ihres Unternehmens von Interesse sein könnten.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Ja, und um vielleicht die Menschen hinreichend neugierig zu machen. Also, Probesterben kann man tatsächlich. Also, man kann auch nicht nur zur Probe sterben, man kann sogar mehrfach sterben. Man wird es nicht glauben. Wir Steuerleute können nämlich ziemlich viel. Wir können das Kalenderjahr verlängern. Man glaubt gar nicht, dass ein Jahr mehr als 365 Tage haben kann. Und man kann mehrfach sterben.

Willi Plattes
Wird spannend. Freuen Sie sich auf die nächsten Podcasts. Jens, wir werden das sicherlich jetzt des Öfteren machen. So und ich freue mich darauf. Und Sie sind herzlich eingeladen. Über unsere Website können Sie sich für den 2. Mai, zum Probesterben anmelden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dir allerliebsten Dank, mein lieber Jens.

Prof. Dr. Jens Schönfeld
Vielen Dank, lieber Willi.

Autor: Timothea Imionidou/Mitarbeit: C. Schittelkopp

14. Februar 2025
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