Skip to main content Skip to page footer

Mobile Influencer im Visier des deutschen Fiskus

Aktuelles Praxisbeispiel: Entstrickung und Wegzugsbesteuerung bei Tätigkeiten in den sozialen Netzwerken.

06. August 2025
Auch Influencern drohen Steuerfallen.

International aktive Influencer geraten zunehmend ins Fadenkreuz der deutschen Steuerfahnder. Sie gehen dabei dem Verdacht der systematischen Steuerverkürzung durch die digitalen Unternehmer nach – vielfach unter dem Deckmantel eines Wegzugs ins Ausland.

Die jüngste Ermittlungsoffensive, die im Juni gestartet wurde, hat das Potenzial, ein ganzes Geschäftsmodell ins Wanken zu bringen. Allein das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) wertet derzeit mehr als 6.000 Datensätze aus, die über Gruppenauskunftsersuchen bei Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube erhoben wurden. 

“Neuanfang” in Dubai

Ein konkreter Fall illustriert die Brisanz: Der erfolgreiche Influencer „Leo L.“ (Name geändert), der über mehr als 1,5 Millionen Follower verfügt, verlegt im Jahr 2024 seinen Wohnsitz nach Dubai. Öffentlich inszeniert als „Neuanfang in der Sonne“, stellt sich der Schritt bei genauer Betrachtung als steuerlich motivierter Versuch heraus, sich der deutschen Besteuerung zu entziehen. Leo kündigt seine Wohnung in Berlin, meldet sich ordnungsgemäß ab und lässt sich in Dubai nieder. Parallel dazu bleibt jedoch sein Geschäftsmodell vollständig auf Deutschland ausgerichtet: Werbeverträge mit deutschen Unternehmen, eine in Köln ansässige GmbH zur Vermarktung seiner Inhalte, regelmäßige Aufenthalte in Deutschland – digital ebenso nachvollziehbar wie buchhalterisch belegt.

Die Finanzverwaltung wird hellhörig. Über die Auswertung der von an Plattformen erhaltenen Daten, gerät Leo L. ins Visier der Steuerfahndung Nordrhein-Westfalen. Im Rahmen einer bundesweiten Prüfkampagne, bei der auch andere Länder wie Bayern, Hamburg oder Sachsen aktiv eigene Ermittlungsstrukturen aufgebaut haben, erfolgen erste Durchsuchungen – auch bei Leo L.. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung in sechsstelliger Höhe. Im Kern steht dabei nicht nur die Nichtversteuerung laufender Einnahmen, sondern vor allem die Nichtanzeige des Wegzugs und die unterlassene Erklärung der daraus resultierenden Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG.

Denn mit dem offiziellen Wegzug ins Ausland unterliegt Leo der sogenannten Entstrickungsbesteuerung: Seine GmbH-Anteile gelten fiktiv als verkauft, sämtliche stillen Reserven werden steuerlich realisiert – obwohl kein Geld fließt. Ein klassisches Beispiel für „Dry Income“. Der wirtschaftliche Wert seiner Marke, seine digitale Reichweite und die bestehende Unternehmensstruktur ergeben zusammengenommen einen erheblichen Veräußerungsgewinn, auf den Einkommensteuer fällig wird – unabhängig davon, ob Leo L. in Dubai ein Bankkonto eröffnet oder nicht.

Postings, Zahlungsströme, Flüge: Alles ist dokumentiert

Hinzu kommt: Die Beweislage ist klar. Über IP-Adressen, Posting-Zeitpunkte, Flugbewegungen und Zahlungsströme lässt sich rekonstruieren, dass Leo L. seinen Lebensmittelpunkt faktisch in Deutschland beibehalten hat. Damit bleibt er unbeschränkt steuerpflichtig – sein Umzug ins Ausland wird steuerlich nicht anerkannt. Die Folge: sämtliche Einnahmen unterliegen weiterhin der deutschen Besteuerung, und die unterlassene Steuererklärung wird als vorsätzliche Steuerhinterziehung gewertet.

Besonders brisant: Leo L. hat für seine Auslandstätigkeiten eine eigene Holding-Gesellschaft mit Sitz in Dubai gegründet, über die Lizenzverträge und Werbeeinnahmen abgewickelt werden. Die deutsche Finanzverwaltung prüft nun, ob hier eine sogenannte Zwischengesellschaft vorliegt, deren passive Einkünfte nach dem AStG dem Gesellschafter unmittelbar in Deutschland zuzurechnen sind (Hinzurechnungsbesteuerung). Auch der tatsächliche Ort der Geschäftsleitung – mutmaßlich in Deutschland – könnte zur unbeschränkten Steuerpflicht der Auslandsgesellschaft führen.

Fazit: Auch Influencer müssen steuerlich sauber arbeiten

Die Ermittlungsoffensive der deutschen Steuerverwaltung zeigt Wirkung – und sie trifft keine Einzelfälle. Die Zeit, in der ein Umzug ins Ausland als sichere Exit-Strategie für digitale Unternehmer galt, ist vorbei. Das Beispiel Leo L. steht exemplarisch für eine neue Realität: Wer als Influencer wirtschaftlich erfolgreich ist, digitale Geschäftsmodelle betreibt und sich international bewegt, muss steuerlich sauber arbeiten – und zwar sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Die Entstrickungsbesteuerung beim Wegzug ist keine theoretische Größe mehr, sondern wird in der Praxis aktiv vollzogen.

Ein strukturierter, steuerlich begleiteter Wegzug ist daher unerlässlich. Ebenso wichtig: Wer Fehler gemacht hat, kann diese – solange die Tat noch nicht entdeckt wurde – durch eine Selbstanzeige berichtigen. Doch sobald der Zugriff durch die Finanzbehörden erfolgt, ist dieser Weg versperrt.

Alle Menschen sind klug.
Die einen vorher, die anderen nachher.

Die Kollegen freuen sich auf Ihre Beratungsanfrage.

Unsere Kompetenzzentren

Wissen | Networking

Beratungsanfrage

Vielen Dank für Ihr Interesse an unseren Dienstleistungen.
Ein Experte aus dem zuständigen Kompetenzzentrum wird Ihre Anfrage bearbeiten und sich bei Ihnen melden.

Bitte beachten Sie unsere Honorare
Datenschutzhinweise ansehen
* Pflichtfelder

Beratungsanfrage

Bitte beachten Sie unsere Honorare
Datenschutzhinweise ansehen
* Pflichtfelder