Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland–Spanien: Klarheit für alle, die in beiden Ländern leben und investieren

Zwei Länder, ein Lebensmittelpunkt – und die Frage: Wo fallen eigentlich Steuern an? Wer zwischen Deutschland und Spanien lebt, arbeitet oder investiert, stößt schnell auf das Thema Doppelbesteuerungsabkommen.
Dieses internationale Regelwerk soll verhindern, dass Einkünfte doppelt besteuert werden. Doch die Realität ist oft komplexer, als es zunächst scheint.
In dieser Podcast-Folge führt Timothea Imionidou, Podcast Producerin der PlattesGroup, durch das Gespräch mit Christian Plattes. Er ist Asesor Fiscal und leitet bei der PlattesGroup die Abteilung Wohn- und Ferienimmobilien (WuF).
Gemeinsam beleuchten die beiden, welche Einkünfte besonders häufig betroffen sind, wie die Anrechnungsmethode zwischen Deutschland und Spanien funktioniert und warum Begriffe wie Progressionsvorbehalt oder Ansässigkeit für viele mehr Fragen aufwerfen als Antworten liefern.
Anhand praktischer Beispiele – etwa der Vermietung einer Immobilie auf Mallorca – erklärt Christian Plattes, wie die Steuerlast in beiden Ländern berechnet wird und wie die Anrechnung der bereits gezahlten Steuer funktioniert. Außerdem geht es um die Definition des steuerlichen Wohnsitzes, die berüchtigte 183-Tage-Regel und den Informationsaustausch zwischen den Finanzämtern in Deutschland und Spanien.
Der wichtigste Rat: Doppelbesteuerung klingt technisch, betrifft aber viele unmittelbar im Alltag. Wer Einnahmen in beiden Ländern erzielt, sollte sich frühzeitig mit den Regeln vertraut machen und vor allem fachlichen Rat einholen. Denn kleine Unklarheiten können schnell zu großen Fehlern führen.
Eine Folge, die Orientierung bietet – für alle, die zwischen Deutschland und Spanien ihr Leben gestalten.
Die Folge gibt es unter anderem auf Spotify, Apple Podcast und Youtube.
Timothea Imionidou
Zwei Länder, ein Lebensmittelpunkt – und plötzlich doppelt besteuert. Wer zwischen Deutschland und Spanien lebt, arbeitet oder investiert, sollte das Doppelbesteuerungsabkommen genau kennen. Darum geht es heute.
Herzlich willkommen zu unserem Podcast. Mein Name ist Timothea Imionidou, ich bin die Podcast-Producerin der PlattesGroup. Bei mir ist heute Christian Plattes, Asesor Fiscal, und Leiter unserer Abteilung Wohn- und Ferienimmobilien, kurz WuF.
Timothea Imionidou
Schön, dass du dir Zeit genommen hast. Wir sprechen über das Thema Doppelbesteuerungsabkommen. Viele haben den Begriff schon gehört, wissen aber nicht genau, was er bedeutet. Kannst du es erklären?
Christian Plattes
So wie es nationale Gesetzgebungen gibt, gibt es Abkommen zwischen Ländern – die sogenannten Doppelbesteuerungsabkommen. Sie regeln, welche Einkünfte in welchem Land besteuert werden. Eigentlich müsste man sie „Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung“ nennen. Es geht dabei ins Detail: Gehälter aus dem Ausland, Dividenden, gewerbliche Aktivitäten, ob als Privatperson oder als Unternehmen, oder sonstige Einnahmen.
Timothea Imionidou
Und konkret zwischen Deutschland und Spanien?
Christian Plattes
Grundsätzlich gibt es verschiedene Modelle. Zwischen Deutschland und Spanien gilt die Anrechnungsmethode. Beispiel: Ein deutscher Steuerpflichtiger investiert in Spanien und erzielt Einnahmen. Diese werden in Spanien versteuert. In Deutschland müsste er sie ebenfalls versteuern, aber die in Spanien gezahlten Steuern werden in Deutschland angerechnet.
Timothea Imionidou
Das heißt, man zahlt nicht doppelt Steuern.
Christian Plattes
Genau. Ein anderes Modell ist die Freistellung – zum Beispiel bei der Schweiz: Einnahmen aus Spanien werden in Spanien versteuert, in der Schweiz aber freigestellt. Dann gibt es noch den Progressionsvorbehalt. Vereinfacht gesagt: Einnahmen im Ausland werden im Heimatland zwar nicht besteuert, erhöhen aber den Steuersatz für das übrige Einkommen. Und zuletzt – wenn es kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt – gilt allein das nationale Recht.
Timothea Imionidou
Welche Einkünfte sind besonders häufig betroffen, zum Beispiel hier auf Mallorca?
Christian Plattes
Vor allem Einkünfte aus Immobilien. Viele Deutsche besitzen Immobilien auf Mallorca, oft zur Ferienvermietung. Nehmen wir an, ein deutscher Steuerpflichtiger vermietet hier eine Immobilie. In Spanien zahlt er 19 oder 25 % Steuern, abhängig von den Modalitäten. In Deutschland wird das Einkommen ebenfalls versteuert – allerdings werden die in Spanien gezahlten Steuern angerechnet.
Timothea Imionidou
Das klingt kompliziert.
Christian Plattes
Ja, dafür gibt es unseren Beruf.
Timothea Imionidou
Wie funktioniert die Vermeidung der Doppelbesteuerung in der Praxis?
Christian Plattes
Ein Beispiel: Ein deutscher Steuerbürger vermietet eine Immobilie auf Mallorca und erzielt 12.000 € Einnahmen. In Spanien versteuert er den Gewinn mit 19 %. Viele glauben, damit sei alles erledigt – falsch. Auch in Deutschland wird die Immobilie berücksichtigt, als wäre sie dort. Nach deutschem Recht werden die Einkünfte erneut berechnet, Kosten abgezogen und ein Überschuss ermittelt. Auf diesen wird die deutsche Steuer erhoben. Die in Spanien gezahlten Steuern werden angerechnet. Hat man z. B. 500 € in Spanien gezahlt und 1.500 € in Deutschland zu entrichten, bleiben 1.000 € zusätzliche Steuerlast in Deutschland.
Timothea Imionidou
Das gilt, weil der Mandant in Deutschland seinen Wohnsitz hat?
Christian Plattes
Richtig. Grundsatz: Am Wohnsitz wird das Welteinkommen versteuert. Das Land, in dem die Einkünfte entstehen, hat aber ebenfalls ein Besteuerungsrecht. Beide wollen ihren Anteil vom Kuchen.
Timothea Imionidou
Wie sieht es bei Unternehmen aus, die in beiden Ländern tätig sind, etwa mit einer deutschen GmbH und einer spanischen S.L.?
Christian Plattes
Auch Gesellschaften haben einen steuerlichen Sitz. Wird eine GmbH in München gegründet, ist sie dort steuerpflichtig. Hält diese GmbH eine spanische Immobilie, darf Spanien die Einkünfte besteuern. In Deutschland werden sie nach dem Doppelbesteuerungsabkommen berücksichtigt.
Timothea Imionidou
Viele unserer Mandanten fragen auch nach der Ansässigkeit. Was gilt da?
Christian Plattes
Die Definition ist in jedem Land anders. In Deutschland gilt: solange man gemeldet ist, ist man steuerlich ansässig. Spanien prüft nach vier Kriterien: Aufenthaltsdauer über 183 Tage, sozialer Mittelpunkt, wirtschaftlicher Mittelpunkt oder familiärer Mittelpunkt. Wenn einer dieser Punkte erfüllt ist, gilt man als steuerlich ansässig. Besonders die 183-Tage-Regel wird oft vereinfacht dargestellt. Entscheidend ist: Wenn man in Spanien die meiste Zeit verbringt – auch wenn es weniger als 183 Tage sind –, kann Spanien Ansässigkeit annehmen.
Timothea Imionidou
Gibt es geplante Änderungen am Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien?
Christian Plattes
Nein. Es gibt derzeit keine Gespräche oder Hinweise auf Änderungen. Solche Prozesse dauern Jahre.
Timothea Imionidou
Zum Abschluss: Welche Empfehlung gibst du allen, die in beiden Ländern leben oder wirtschaften?
Christian Plattes
Der wichtigste Tipp: Lassen Sie Ihre individuelle Situation von einem Experten prüfen. Viele glauben, eine Immobilie in Spanien müsse nur dort versteuert werden – das stimmt nicht. Grundsätzlich gilt: Am Wohnsitz ist das Welteinkommen steuerpflichtig, zusätzlich gibt es die Steuerpflicht im Land der Einkünfte. Ohne Fachwissen übersieht man leicht Details und macht Fehler. Seit 2016 gibt es zudem einen Informationsaustausch zwischen Deutschland und Spanien. Beide Finanzämter wissen also, welche Einkünfte bestehen. Deshalb sollte man unbedingt sauber arbeiten und sich beraten lassen.
Timothea Imionidou
Also: Vorsicht, Experten einschalten und keine Annahmen treffen. Vielen Dank, Christian!
Autorin: Timothea Imionidou / Mitarbeit: Nils Gießler
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