Vertrag statt Erbschein: Wie sich der Erbfall mit dem Nachfolgepakt vorziehen lässt
Eine Erbschaft schon zu Lebzeiten vornehmen: Nachdem wir in den vergangenen Willi-pedia Podcast-Episoden die verschiedenen Formen der Vermögensweitergabe wie Erben oder Schenken sowie deren Vor- und Nachteile analysiert haben, geht es in dieser Folge um den Nachfolgepakt. Der Steuerexperte und Leiter der Abteilung Residenten bei der PlattesGroup, Thomas Fitzner, erklärt diese Optimierungsmethode, die es nur in einigen Regionen Spaniens gibt, unter anderem auf Mallorca - allerdings nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen …
Jörg Jung
In den vergangenen Podcastfolgen haben wir geredet über die Erbschaftssteuer. Wir haben über Schenken geredet und die Schenkungssteuer. Und jeweils hat Thomas Fitzner dann gesagt, es gibt eine Optimierungsmöglichkeit, die nennt sich Nachfolgepakt. Und jetzt endlich reden wir darüber. Natürlich mit Thomas Fitzner, dem Steuerexperten und dem Leiter der Abteilung Residenten bei der PlattesGroup, einmal mehr. Lieber Thomas, schön, dass du da bist.
Thomas Fitzner
Sehr gerne, Jörg, grüß dich.
Jörg Jung
Kommen wir endlich zum berühmten Nachfolgepakt. Du hast es jeweils sowohl bei der Schenkungssteuer als auch bei der Erbschaftssteuer immer als Optimierungsmöglichkeit genannt in den vergangenen Podcastfolgen. Aber jetzt mal Margarine zum Hering. Wie funktioniert der Nachfolgepakt? Was kann ich mir darunter vorstellen?
Thomas Fitzner
Also ich würde zunächst gerne noch mal zusammenfassen, warum Nachfolgepakt eine Optimierung ist. Wir haben ja festgestellt, dass Erbschaft und Schenkung steuerlich gesehen unterschiedliche Bedingungen aufweisen. Ich habe bei der Erbschaft in Spanien den großen Vorteil, dass der Wertzuwachs der übertragenen Güter nicht zu versteuern ist. Aber die Erbschaft hat natürlich den Nachteil, dass der Zeitpunkt nicht kontrollierbar ist, legal nicht kontrollierbar ist. Und die Schenkung wiederum, da kann ich den Zeitpunkt kontrollieren. Also ich kann zu Lebzeiten eine Übertragung vornehmen, habe aber den gewaltigen Nachteil, dass ich eine höhere Besteuerung habe und dass ich aber auch auf Seiten des Übertragenden, auf Seiten des Schenkers den Wertzuwachs - jetzt zum Beispiel stellen wir uns vor eine Immobile, die ich irgendwann vor 70.000 Jahren gekauft habe, für ganz wenig Geld, die ist jetzt sehr viel wert - diesen Wertzuwachs müsste ich bei einer Schenkung zum Beispiel an meine Kinder versteuern, genau in derselben Weise, als ob ich verkaufen würde. Und der Nachfolgepakt bietet jetzt die Möglichkeit, quasi eine Erbschaft zu Lebzeiten vorzunehmen, um es pointiert zu formulieren, zweimal sterben als Erblasser. Ich kann also eine Schenkung zu den Bedingungen, zu den gegebenenfalls sehr günstigen Bedingungen der Erbschaft vornehmen. Und jetzt zu deiner Frage, wie funktioniert der? Also ein ganz wichtiger Punkt ist: Das ist kein unilaterales Geschäft, sondern das ist ein Pakt, also Pacto sucesorio, Nachfolgepakt. Das ist ein Vertrag zwischen zwei geschäftsfähigen Parteien. Und das bedingt ja schon, dass ich sowas nicht mit Minderjährigen machen kann. Und das bedingt aber auch, dass es nicht eine unilaterale Übertragung ohne Gegenleistung ist, sondern dass es eine Gegenleistung gibt. Allerdings ist diese Gegenleistung nicht materieller, sondern immaterieller Natur. Also wenn wir uns die beiden Modalitäten des Nachfolgepakts auf Mallorca anschauen - und da mache ich kurz eine Klammer auf: Nachfolgepakt gibt es nur in glaube ich vier oder fünf Regionen in Spanien, die Balearen sind eine, und auch auf dem Balearen gibt es da noch Unterschiede, weil dieses juristische Instrument in den jeweiligen insulanen Gesetzgebungen verankert ist. Das heißt, es gibt einen mallorquinischen Nachfolgepakt, es gibt einen ibizenkischen Nachfolgepakt, beziehungsweise auf beiden Inseln gibt es zwei Modalitäten des Nachfolgepakts, die heißen dann auch noch unterschiedlich. Und bis vor einer Gesetzesreform vor zwei oder drei Jahren gab es den Nachfolgepakt auf Menorca übrigens nicht. Jetzt gibt es ihn. Einfach nur, um einen Begriff zu vermitteln, wie komplex das Ganze ist und wie regional geregelt. Also wir haben es also mit einem Vertrag zu tun. Und bei den beiden mallorquinischen Modalitäten besteht die Gegenleistung des Beschenkten darin, dass er in der einen Modalität sich dazu verpflichtet, die Erbschaft anzunehmen. Und in der anderen Modalität besteht seine Gegenleistung darin, dass er auf seinen Pflichtteil verzichtet. Es hat dann auch jede Modalität ihre eigenen Regelungen, zwischen wem das gemacht werden kann. Und eine ganz unbedingte Voraussetzung auf Seiten des Schenkers für die Anwendung des Nachfolgepakts ist logischerweise, dass ich der mallorquinischen Gesetzgebung jetzt im Fall Mallorcas unterliege, dass ich also Resident bin.
Jörg Jung
Ich habe, du redest immer von Resident. Man hört auch immer wieder, Moment, Nachfolgepakt, wenn es ihn gibt, dann ist es nur für Staatsbürger, für spanische Staatsbürger. Hält sich wacker diese Information, hat sich da aber was geändert?
Thomas Fitzner
Ja, tatsächlich steht wörtlich in mallorquinischen Gesetz drin, dass man, um den Nachfolgepakt anwenden zu können, das balearische Bürgerrecht haben muss, und dieses Bürgerrecht wiederum ist nur mit der spanischen Staatsbürgerschaft zu erlangen. Da fand aber vor vor circa zwei Jahren auf den Balearen eine Gesetzesreform statt, die sichergestellt hat, dass auch mallorquinische Residenten mit ausländischer Staatsbürgerschaft den Pakt anwenden können. Das ist also von dem Gesetzgeber mittlerweile klargestellt.
Jörg Jung
Wie ist es mit Nichtresidenten? Also wir reden über Residenten, klar. Gibt es auch da irgendwas für Nichtresidenten in der Form?
Thomas Fitzner
Als Nichtresident kann man ja vom Grundsatz her laut europäischem Erbschaftsrecht das mallorquinische Erbrecht gar nicht anwenden. Das heißt, die Anwendung des mallorquinischen Nachfolgepaktes ist juristisch gar nicht möglich. Was auf steuerlicher Ebene theoretisch möglich ist, das wäre die Anwendung eines ausländischen juristischen Instruments. Zum Beispiel gibt es in Deutschland die Schenkung mit Pflichtteilsverzicht. Das gibt es ja in Deutschland, und das entspricht ja genau einer der Modalitäten des Nachfolgepaktes auf Mallorca. Und die Frage ist jetzt - und das ist etwas, das muss man sich im Einzelfall anschauen -, ob die Steuerbehörden das akzeptieren. Und da kommt als Komplikation hinzu, dass ich als Nichtresident zwar die Möglichkeit hätte, das balearische Erbschaftssteuerrecht anzuwenden, aber meine Steuererklärung gebe ich immer noch beim staatlichen Finanzamt ab. Das heißt, ich muss dann sowohl beim staatlichen Finanzamt als auch beim balearischen Finanzamt, die sich dann untereinander möglicherweise abstimmen, eine Anerkennung finden, die besagt: Okay, wir akzeptieren, dass wir zum Beispiel eine deutsche Schenkung mit Pflichtteilsverzicht hier steuerlich behandeln, als wäre es ein Nachfolgepakt.
Jörg Jung
Ich möchte mal gerade auf ein kleines Fallbeispiel eingehen, das sich dann ja so ergeben könnte. Ich habe irgendwann mal in den 70er, 80er Jahren ein Haus gekauft auf Mallorca für einen Apfel und ein Ei. Viele sagen ja immer noch, ich hab es mal getan, weil die Wertsteigerung natürlich jetzt mittlerweile immer höher wird. Das heißt also auf demselben Haus sitze ich jetzt und das ist nicht nur ein Apfel und ein Ei wert, sondern eine Million Äpfel und eine Million Eier wert. Ich mache dann diesen Nachfolgepakt mit meinen Sprösslingen oder mit meinem Sprössling, um das alles zu umgehen, und der verkauft dann. Wäre das ein Tipp oder ist das nicht so hilfreich?
Thomas Fitzner
Also diesen Trick haben tatsächlich viele Familien auf Mallorca angewendet, seit die steuerliche Behandlung des Nachfolgepakts, wie eine Erbschaft durchgekommen ist. Das war vor ungefähr sechs, sieben Jahren mit einem Urteil in Galicien, wo das seinen Ausgang genommen hat. Das war tatsächlich ein Trick, der da angewendet worden ist, wo man eine Menge Steuern sparen konnte. Dem hat aber mittlerweile der spanische Gesetzgeber einen Riegel vorgeschoben im Einkommenssteuergesetz. Dort wird nämlich gesagt, dass ein Weiterverkauf nach Anwendung des Nachfolgepakts erst nach fünf Jahren unter Einrechnung des zu Zwecken der erbschaftsteuerlichen Übertragung gemeldeten Wertes erfolgen kann. Andernfalls muss der ursprüngliche Anschaffungswert angewendet werden. Oder anders gesagt: Du kannst also deinen Sprösslingen die Immobilie übertragen. Die müssen mindestens fünf Jahre warten, bevor sie die dann steuerbegünstigt einfach weiterverkaufen können oder aber auf den Tod des Erblassers, von dem wir hoffen, dass er noch nicht so bald eintritt. Also des steuerlichen Erblassers, beziehungsweise Schenkers. Also du würdest ja in diesem Fall quasi zweimal sterben können. Also einmal steuerlich nur. Und das zweite Mal dann halt komplett.
Jörg Jung
Also wie bei James Bond, man stirbt nur zweimal oder wie das hieß. Was sind die allgemeinen Vorteile, wie lassen sich die Vorteile dieses Nachfolgepakts zusammenfassen?
Thomas Fitzner
Also da gibt es eine Menge interessanter Punkte. Aber wie gesagt, bevor ich da auf die Vorteile eingehe, einfach im Kopf behalten, das ist doch ein relativ komplexes Instrument. Es ist regional sehr eingeschränkt verwendbar. Es ist für Nichtresidenten ein Thema, das man klären muss, damit das rechtssicher ist. Und das kann nicht jeder machen. Das heißt, ich kann das nicht mit Minderjährigen machen. Also es gibt eine Menge Wenns und Abers. Aber die Vorteile sind natürlich nicht von der Hand zu weisen. Also erstens mal, wenn man sich jetzt ein größeres Vermögen anschaut, hätte ich die Möglichkeit, dass ich durch das zweifache Sterben die Erbschaftssteuer gesamthaft gesehen, runterdrücken kann, immer unter der Voraussetzung, dass ich einer progressiven Tabelle unterliege. Auf den Balearen ist das momentan nicht der Fall, weil hier die Erbschaftssteuer Null ist. Unter bestimmten Voraussetzungen könnte ich auch, wenn mir das steuerlich hilft, auf die Erbschaftssteuerbefreiung verzichten. Das ist jetzt weniger verrückt, als es klingt. Gesamthaft gesehen kann das sogar Sinn machen. Ich habe nämlich diese Nullsteuer auf den Balearen nur, wenn ich einen bestimmten Immobilienwert ansetze. Und das ist nicht immer von Vorteil. Aber generell gesehen, wenn ich einer progressiven Tabelle unterliege, dann kann ich mit diesem zweifachen Sterben die gesamte Steuerbelastung verringern. Dann kann ich durch eine frühzeitige Verteilung meines Vermögens auch einkommen- und vor allen Dingen vermögenssteuerliche Vorteile erlangen. Stellen wir uns mal jemanden vor, der ein riesiges Vermögen hat, 20 Millionen, der kriegt es irgendwie nicht in die Unternehmensvermögensbefreiung rein. Wenn der das entsprechend aufteilt zu Lebzeiten in der Familie, dann wird sich die gesamte Vermögenssteuerbelastung erheblich absenken lassen. Dann natürlich der schon erwähnte steuerfreie Wertzuwachs. Das heißt, ich kann schenken, und der Wertzuwachs, anders als bei der steuerlichen Schenkung ist beim Nachfolgepakt nicht zu veranlagen. Und dann habe ich noch einen wichtigen Punkt natürlich, stellen wir uns jemanden vor, der sein Vermögen noch zu Lebzeiten übergeben will, weil er einfach schauen möchte, was dann passiert, beziehungsweise da noch einen Einfluss ausüben möchte. Stellen wir uns ein Familienoberhaupt oder -häuptin vor, die halt, was weiß ich, unter den Kindern jetzt Unternehmensanteile, Immobilien, also das Vermögen verteilen möchte, aber sicherstellen möchte, dass die keinen Blödsinn machen oder auch noch zur Seite stehen möchte, um zum Beispiel den Kindern bei der Führung des Unternehmens zu helfen, die aber dann schon die komplette Verantwortung haben. Da kann ich also dadurch, dass ich den Zeitpunkt einer steuerbegünstigen Übertragung kontrollieren kann, auch im Sinne einer begleitenden Nachlassregelung eine viel bessere Situation erzielen, als wenn ich jetzt darauf warten muss, bis ich dann nicht mehr da bin und die Kinder dann quasi allein sich mit meinem Erbe herumschlagen müssen. Ich kann den Erbvorgang vorziehen und kann quasi den Erben beim Umgang mit diesem Erbe beistehen.
Jörg Jung
Mein lieber Thomas Fitzner, wir werden noch ganz viele Steuerthemen, wichtige, am Anfang dieses Jahres noch behandeln. Ich glaube, das war schon mal wieder eine sehr wichtige Information, der Nachfolgepakt. Einher gehend natürlich gerne auch nochmal die Folgen anhören, wenn es um die Erbschaftsteuer oder die Schenkungsteuer geht. Ich sag vielen Dank, lieber Thomas Fitzner. Bis zum nächsten Mal.
Thomas Fitzner
Danke dir auch. Tschüss.
Autor: Jörg Jung / Mitarbeit: ff